Seltsames Gebaren einiger Tataren

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Wie radikale Saudis polnische Muslime umgarnen.

Als im Januar 2018 bekannt wurde, dass Saudi-Arabien in Białystok den Bau des Moslemischen Zentrums für Kultur und Bildung (MZfKB) bezahlen will, da stockte vielen in Polen der Atem.

Aus dem Warschauer Innenministerium verlautete, es sei nicht angebracht, dass ausgerechnet radikale saudische Wahhabiten polnische Tataren unterstützen. Auch die meisten Tataren waren und sind davon nicht gerade begeistert.

Tweet des polnischen Innenministers Joachim Brudziński vom 21. Januar 2018: „Ich habe entsprechende Dienststellen des Innenministeriums angewiesen diese Angelegenheit zu beobachten. Ich glaube nicht, dass die kulturell, mental, historisch und geographisch fernen orthodoxen saudischen Wahhabiten polnische Tataren unterstützen sollten, die stets auf die Unterstützung ihres eigenen Vaterlandes bauen konnten.“

Nachfolgend bringen wir umfangreiche Auszüge eines Artikels zu diesem Thema, erschienen im Wochenmagazin „Sieci“ („Netzwerk“) vom 18. Februar 2018

Die Tataren sagen, dass sie von dem Vorhaben nichts wussten und auβerdem das MZfKB nicht brauchen. Islamkenner warnen, saudisches Geld diene weltweit der Förderung des islamischen Extremismus. Ungerührt von all dem, zeigt sich allein der Verursacher der ganzen Aufregung, Mufti Tomasz Miśkiewicz. Für ihn gibt es nur ein Problem, das der angeblichen polnischen Fremdenfeindlichkeit.

Mufti Tomasz Miśkiewicz.

„Herr Miśkiewicz hat sich an die Botschaft gewandt, um finanzielle Unterstützung für das Moslemische Zentrum für Kultur und Bildung, namens „König Salman des Hüters der beiden Heiligen Stätten“ (Mekka und Medina, Salman ist König Saudi-Arabiens seit 2015 – Anm. RdP), zu erbitten. Saudi-Arabien unterstützt karitative Werke in der ganzen Welt mit sechs Milliarden Dollar jährlich“, berichtet ein saudischer Diplomat in Warschau, der seinen Namen nicht genannt sehen möchte.

Saudische Botschaft in Warschau.

Tomasz Miśkiewicz, Mufti des Islamischen Religionsverbandes in Polen sagt, er habe nicht erwartet, dass die Nachricht von der Finanzierung des MZfKB in Białystok durch die Saudis so hohe Wellen schlagen werde. In gutem Glauben, habe er sogar die groβzügige Geste der Saudis öffentlich beim Neujahrsempfang von Staatspräsidenten Andrzej Duda für die Vertreter aller in Polen wirkenden Glaubensgemeinschaften erwähnt.

Ein Lob auf die saudische Toleranz

Die Reaktion des Innenministeriums, sagt Miśkiewicz, gehe zu weit, und er holt zum Gegenangriff aus: „Es gibt viele Auslegungen des Wahhabismus. Saudi-Arabien schützt die religiöse Identität seiner Bürger und hat das Recht die Gläubigen des Islam in der ganzen Welt zu unterstützen. Wer Saudi-Arabien deswegen kritisiert, sollte nicht vergessen, dass man Polen christlichen Fundamentalismus vorwerfen könnte. Über die wachsende Fremdenfeindlichkeit in Polen und über nationalistische Märsche rede ja die ganze Welt“, sagt Mufti Miśkiewicz.

Dem Thema der weltweiten Förderung des islamischen Terrorismus durch Saudi-Arabien weicht Miśkiewicz beharrlich aus. Dafür schildert er eindringlich, wie schlecht der Zufahrtsweg zu dem jetzigen Sitz des Moslemischen Religionsverbandes in Polen sei, wie bescheiden das Gebäude, und wie schön das neue, von den Saudis bezahlte islamische Kulturzentrum sein werde. Dort soll auch das Büro des Religionsverbandes seinen neuen Sitz finden.

Schlieβlich, offensichtlich der wiederkehrenden Fragen nach dem islamischen Radikalismus in Saudi-Arabien überdrüssig, platzt ihm der Kragen: „Niemand verfolgt Christen in Saudi-Arabien. Ich habe sieben Jahre lang dort gelebt und niemanden getroffen, der sich darüber beklagen würde. Sie sagen, dass dort für den Übertritt vom Islam zum Christentum die Todesstrafe drohe? Ich habe nie davon gehört“, wundert sich der Mufti.

Dabei ist die Christenverfolgung in Saudi-Arabien seit langem gründlich beschrieben worden und in den Berichten internationaler Menschenrechtsorganisationen belegt. Die Todesstrafe für das Konvertieren zum Christentum und christliches Missionieren wird zwar nicht mehr vollstreckt, aber sie wird weiterhin immer wieder verhängt. Die Bibel ist verboten, die Religionspolizei führt regelmäβig Razzien durch, um sicherzustellen, dass Ausländer nicht an privat abgehaltenen Gottesdiensten teilnehmen.

Zwar fördert Saudi-Arabien groβzügig den Moscheebau auf der ganzen Welt, an christliche Gotteshäuser im eigenen Land ist nicht zu denken. Deswegen stellen Mufti Miśkiewiczs Behauptungen seine Glaubwürdigkeit, gelinde gesagt, in Frage.

Treue Mitstreiter

Polnische Tataren kommentieren die saudische Faszination des Muftis sehr rege. Im Osmanischen Reich wegen religiöser Abweichungen verfolgt, flohen sie seit dem 14. Jahrhundert über die polnische Grenze und wurden Untertanen der polnischen Könige. (Die polnisch-litauische Adelsrepublik reichte zwischen dem 14. und 18. Jahrhundert fast bis ans Schwarze Meer und grenzte, als das östliche Bollwerk des Christentums, an das Osmanische Reich, das immer wieder Kriege gegen Polen entfachte, um nach Mitteleuropa zu gelangen – Anm. RdP).

Als treue Mitstreiter kämpften die Tataren in unzähligen Kriegen an der Seite der Polen. Mit König Jan III. Sobieski besiegten sie 1683 die Türken vor Wien. Im Gegenzug bekamen sie Land und Privilegien, viele von ihnen wurden in den Adelsstand erhoben.

Bezwinger der Türken  bei Wien (1683), König Jan III Sobieski. Denkmal von 1788 im Warschauer Łazienki-Park.

Der gemeinsame Kampf hat beide Völker einander sehr nahe gebracht. Die etwa dreitausend Tataren, auch wenn sie Muslime sind, sehen sich heute als Polen und haben viel von der Kultur des einstigen Gastlandes übernommen. Vor dem Zweiten Weltkrieg lebten sie vor allem zwischen dem jetzt weiβrussischen Grodno und dem heute litauischen Wilno. Beide Städte gehörten zu Polen, bis sie, wie der gesamte Ostteil des Landes, am 17. September 1939 von den Sowjets überfallen und annektiert wurden.

Eine Unterabteilung der 1. Tataren-Schwadron des 13. Wilnaer Ulanenregiments. Foto von 1937.

In der Zwischenkriegszeit (1918-1939) gelangten alle Tataren, meistens hervorragende Reiter, die zum Wehrdienst eingezogen wurden in die 1.Tataren-Schwadron (ca. 150 Ulanen) innerhalb des 13. Wilnaer Ulanenregiments. Die Schwadron zeichnete sich durch groβe Tapferkeit im polnischen Verteidigungskrieg im September 1939 aus, bis sie am 10. September schwerste Verluste bei Tomaszów Lubelski erlitt. Überlebende Ulanen wurden in andere Einheiten eingegliedert.

Denkmal des polnischen Tataren im Orunia-Park von Gdańsk. Der Rossschweif ist ein traditionelles Rang-und Würdezeichen der Reitervölker Zentralasiens, so auch der Tataren.

Seit 1945 wohnen die polnischen Tataren überwiegend in den letzten beiden bei Polen verbliebenen tatarischen Dörfern dicht an der weiβrussischen Grenze: Bohoniki und Kruszyniany. Eine weitere, einige Hundert Tataren zählende Gemeinde bildete sich nach 1945 in Gdańsk. Im Stadteil Oliwa gibt es seit 1990 eine Moschee und im Orunia-Park wurde im November 2010 das Denkmal des polnischen Tataren enthüllt.

Sie praktizieren ihren Glauben auf Polnisch, arabische Moslems sind ihnen, wie sie stets unterstreichen, sehr fremd. Mufti Miśkiewicz ist da eine Ausnahme. Er umgibt sich mit Moslems aus arabischen Ländern und der Türkei. Seine Aussage, in Zeiten der Globalisierung sollten sich alle Moslems vereinigen, ist nicht gut angekommen, genauso wie der geplante Bau des MZfKB mit saudischem Geld.

Beäugen heiβt Vorbeugen

„Ich habe auf dem letzten Kongress des Moslemischen Glaubensverbandes in Polen gewarnt, dass niemand Geld umsonst gibt. Stets wird vom Nehmer etwas erwartet, es gibt Verpflichtungen. Uns hat niemand gefragt, ob wir das neue Moslemische Kulturzentrum überhaupt wollen. Wir sagen immer wieder: die Tataren brauchen das MZfKB in Białystok nicht. Es bringt nur Probleme mit sich“, sagt Janusz Aleksandrowicz, der tatarische Imam aus Kruszyniany und 2016 gewählter „Gegenmufti“ in Polen.

Imam Janusz Aleksandrowicz.

Offiziell behaupten die Tataren, dass das neue Kulturzentrum das Misstrauen der Polen, mit denen sie friedlich zusammenleben, schüren könnte. Unter der Hand kann man erfahren, dass auch sie Angst vor der radikalen Ideologie der saudischen Wahhabiten haben. Bereits früher haben sie ihre Kinder nicht mehr zum Koranunterricht in ein von den Saudis finanziertes Gebetshaus gebracht. Sie haben durchgesetzt, dass der Koranunterricht, genauso wie der Religionsunterricht anderer Glaubensgemeinschaften in Polen, in einer neutralen Umgebung stattfindet und zwar an der staatlichen Schule.

Es sind keine unbegründeten Ängste. Die Erfahrungen vieler westlicher Länder lehren, dass der Wahhabismus, die extremste Strömung des Islam, bei Jugendlichen gut ankommt. Egal, ob sie aus islamischen, meistens als gut integriert geltenden Familien stammen, oder zum Islam übergetreten sind. Der Wahhabismus gibt einfache Antworten auf schwierige Fragen. Er formt neue Kämpfer, die überzeugt sind, dass sie von der reinsten Quelle des Islam schöpfen.

„Ich finde es gut, dass der polnische Staat so misstrauisch das Vorhaben in Białystok beäugt. Es geht um unser aller Sicherheit“, sagt einer der Tataren hinter vorgehaltener Hand.

Er beteuert, dass die meisten seiner Glaubensbrüder genauso denken, und fährt fort: „Wir können uns doch nicht vor dem Innenministerium in Warschau mit Plakaten aufstellen und Mufti Miśkiewiczs Absetzung fordern. Das würde ein schlechtes Bild von uns abgeben, besonders jetzt, wo Moslems als Problembereiter gelten. Polen hatte jahrhundertelang keine Probleme mit den Tataren und so soll es auch bleiben, aber wir sind aller Illusionen beraubt worden.“

Zwist, Hader, Handgreiflichkeiten

Tomasz Miśkiewicz war fünfzehn Jahre alt, als er sein Heimatstädtchen Suchowola (50 Kilometer nördlich von Białystok, ca. 2.500 Einwohner) für sein Koranstudium im Nahen Osten verlieβ. Nach knapp zehn Jahren zurück, wurde er von der tatarischen Gemeinde mit Begeisterung empfangen. Er beeindruckte alle.

Die Tataren verfassten bis dahin ihre Gebetstexte in lateinischer Schrift und konnten nur davon träumen, den Koran im Original zu studieren. Miśkiewicz hatte sich ein gründliches theologisches Wissen angeeignet, beglaubigt durch diverse saudi-arabische Diplome. Er prahlte mit seinen Beziehungen und Bekanntschaften in der arabischen Welt. Kein Wunder, dass er 2004 zum ersten Mufti der polnischen Tataren nach dem Zweiten Weltkrieg gewählt wurde.

Bronisław Talkowski.

Sehr schnell jedoch, änderte sich die Stimmung. Miśkiewicz bekam immer mehr Gegner, eine tiefe Spaltung entstand. „In den Familien wurde heftig gestritten. Kinder dachten anders als Eltern. Noch nie gab es in unserer Gemeinde so viel Zwist und Hader“, sagt Bronisław Talkowski, der Vorsitzende der Moslemgemeinde im Dorf Kruszyniany, dem Mekka der polnischen Tataren.

Der Streit gewann zunehmend an Schärfe. Protestbriefe wurden nach Warschau geschickt. „Der Zersetzungsarbeit und der Erniedrigung überdrüssig, finden wir, dass es an der Zeit ist mit der Faust auf den Tisch zu schlagen. Viele Jahre lang haben wir mit Geduld die Spinnereien von Tomasz Miśkiewicz ertragen und die undurchsichtigen Geschäfte seiner Ehefrau hingenommen“, klagten die Mufti-Gegner in ihrem Schreiben an das Innenministerium.

Nicht immer blieb es nur bei Worten, vor allem wenn sich temperamentvolle Imame aus arabischen Ländern in den Streit einmischten. Nüchterne Polizeiprotokolle strotzen nur so von Beschreibungen wüster Beschimpfungen und heftiger Handgreiflichkeiten, zu denen es in den tatarischen religiösen Einrichtungen immer wieder kam.

Moschee in der Warschauer Wiertnicza Straße.

So zum Beispiel am 4. Juli 2017 in der Moschee in der Warschauer Wiertnicza Straße, einer der insgesamt fünf Moscheen in Polen. Der Zwischenfall war der Höhepunkt eines Konfliktes, der im Mai 2016 begonnen hatte. Nach dem Freitagsgebet sah sich Mufti Miśkiewicz mit vielen unbequemen Fragen konfrontiert. Die Auseinandersetzung wurde immer heftiger. Miśkiewicz schrie, er werde den örtlichen, sehr angesehenen Gemeindevorsteher Nezar Charif, der aus Syrien stammt und seit dreiβig Jahren in Polen lebt, bei der Ausländerbehörde melden, damit er des Landes verwiesen wird.

Miśkiewicz Gegner Nezar Charif im Innerraum der Warschauer Moschee.

Das brachte das Fass zum Überlaufen. Die Anwesenden jagten Miśkiewicz aus der Moschee fort. Am Tag danach schickte Miśkiewicz Charif ein Schreiben, in dem er ihn für abgesetzt erklärte. Doch die Gemeinde stellte sich geschlossen hinter Charif und bestätigte ihn als ihren Imam.

Am 4. Juli 2017 bat Miśkiewicz einen ahnungslosen Gast-Imam aus Ägypten um Einlass. Als das Gartentor aufging, fuhr ein Kleinbus mit schwarz gekleideten Wachmännern und einem Schlosser vor. Sie drangen in die Moschee ein und machten sich daran sämtliche Schlösser aufzubrechen, um sie auszuwechseln. Charif, der sich mit einem Mitarbeiter im Büro verbarrikadieren konnte, rief die Polizei, die mit fünf Streifenwagen anrücken musste, um die Eindringlinge zur Ordnung zu rufen.

Auf Lebenszeit

Bereits lange zuvor waren die einstigen Befürworter Miśkiewiczs, die mittlerweile zu seinen erbittertsten Feinden wurden, zu dem Schluss gekommen, dass seine Wahl zum Mufti von Anfang an ungültig gewesen sei. Sie erfüllte nicht die Voraussetzungen, festgelegt in dem immer noch gültigen Gesetz aus der Vorkriegszeit (1936) „Über das Verhältnis zwischen dem Staat und dem Islamischen Religionsverband in der Republik Polen“.

Miśkiewicz war bei seiner Wahl 27 und nicht, wie vorgeschrieben, mindestens 40 Jahre alt. Der zweite Regelverstoβ: Miśkiewicz wurde nicht von einem speziell dafür einberufenen Allpolnischen Wahlkongress, sondern auf dem 14. Ordentlichen Kongress des Islamischen Religionsverbands gewählt.

Schon bald jedoch wurde klar, dass die Tataren ihren Mufti nicht so leicht loswerden konnten. Zwar hat im September 2016 der Allpolnische Tatarenkongress die Wahl Miśkiewiczs als nicht rechtens erklärt. Im Oktober 2016 wählte, wie im Gesetz vorgesehen, ein eigens einberufener Allpolnischer Wahlkongress einen neuen Mufti – Janusz Aleksandrowicz.

Doch das hatte keine Wirkung, weil dem polnischen Innenministerium eine andere Bestimmung wichtiger erschien. Art. 4 Abs. 2 des Gesetzes von 1936 besagt: „Das Amt des Mufti gilt auf Lebenszeit“. Also wedelte Miśkiewicz jedes Mal seinen Gegnern aufs Neue mit einer Bescheinigung des Warschauer Innenministeriums vor der Nase herum, die besagte er sei weiterhin der rechtmäβige Mufti in Polen.

Warum stellen sich die Behörden in Warschau vor Miśkiewicz? Nur weil sie sich das Chaos der Tatarenfehden vom Hals halten wollen? In Tatarenkreisen machen Verschwörungstheorien die Runde. Wie die, dass das Moslemische Zentrum für Kultur und Bildung für saudisches Geld gar nicht für die polnischen Tataren, die es ohnehin mehrheitlich ablehnen, gedacht sei.

„Wahrscheinlich bereitet sich die Regierung in Warschau insgeheim doch darauf vor, moslemische Migranten aufzunehmen, auch wenn sie sich offiziell strikt weigert und sich deswegen mit der EU anlegt“, sagt Jan Adamowicz, der Vorsitzende des Polnischen Tatarenverbandes.

Muftis Halal-Business

Wenn nicht klar ist, worum es eigentlich geht, dann geht es meistens ums Geld. Gemeint sind nicht mal die üppigen, oft vertraulich zugeschanzten Zuschüsse von der saudischen Organisation Al-Rabita, die die Islamisierung auf der ganzen Welt fördert oder von der türkischen staatlichen Agentur TIKA (Türkisches Präsidium für Internationale Kooperation und Koordination – Anm. RdP).

Es geht um sehr viel Geld, das man mit Halal-Zertifikaten verdienen kann, die sicherstellen, dass bei der Herstellung von Nahrungsprodukten moslemische Regeln eingehalten wurden. Es ist ein riesiges Geschäft.

Alles halal. Mufti Miśkiewicz beim rituellen Schlachten.

Allein die Halal-Fleischexporte aus Polen beliefen sich 2017 auf knapp 400 Millionen Euro. Doch Zertifikate müssen auch das Milchpulver für Indonesien, die Bordverpflegung für Maschinen arabischer Airlines, ja sogar Lederwaren vorweisen, die aus Polen in islamische Staaten gelangen.

Von Mufti Miśkiewicz ausgestelltes Halal-Zertifikat.

Mufti Miśkiewicz stellt solche Zertifikate aus. Nicht nur er allein, aber die meisten kommen von ihm oder, besser gesagt, von der Firma HP Quality & Consulting seiner Frau. Die Tataren werfen ihm vor, er stecke den größten Teil des Ertrags hieraus in die eigene Tasche, während viele tatarische Einrichtungen herunterkommen.

Bis 2011 wurden die Halal-Geschäfte über die Konten des Islamischen Religionsverbandes in Polen abgewickelt, der daran bis zu 50.000 Euro im Jahr verdiente. Seitdem Miśkiewicz den Vertrag mit der Firma seiner Frau unterschrieben hat, sind es gerade einmal 7.000 Euro, obwohl die polnischen Lebensmittelexporte in islamische Länder Jahr für Jahr satte Zuwachsraten verzeichnen.

„In“ macht den Unterschied

Noch mehr regt die Tataren Miśkiewiczs Trick mit der Präposition „in“ auf. Sein offizieller Titel lautet „Mufti in der Republik Polen“ („Mufti w Rzeczpospolitej Polskiej‘). Miśkiewiczs lässt aber das „in“ weg und befördert sich damit zum „Mufti der Republik Polen“, was glauben machen soll, er sei das Oberhaupt aller Muslime in Polen. Derweil kann es in Polen mehrere Muftis geben.

„Mufti der Republik Polen“ das macht Eindruck. Keiner muss wissen, dass nur ein paar Hundert polnische Tataren hinter Miśkiewicz stehen. So wird der Mann mit dem groβtuerischen Titel vielerorts in der arabischen Welt mit Pomp und Ehren empfangen.

Wahre Absichten verbergen

Miśkiewicz wird nicht müde, alle Bedenken dagegen, das Moslemische Zentrum für Kultur und Bildung in Białystok mit saudischem Geld errichten zu lassen, einzig dem angeblich unbändigen polnischen Nationalismus, Chauvinismus, ja, Faschismus zuzuschreiben.

Mufti Miśkiewicz (r. im Bild) empfängt in Białystok eine Delegation des saudischen Finanzministeriums zu Gesprächen über die Finanzierung des Moslemischen Zentrums für Kultur und Bildung. September 2017.

Fachleute nennen die wahren Gründe. „Enge Bindungen an Saudi-Arabien müssen in unseren Zeiten ernst genommen werden. Dieser Geldgeber hat ein klares Ziel vor Augen: den Islam in seiner extremsten Form zu fördern. An Orten wohin saudisches oder türkisches Geld flieβt, tauchen früher oder später Imame aus Saudi-Arabien oder der Türkei auf“, berichtet die Warschauer Islamexpertin Dr. Katarzyna Górak-Sosnowska.

Mufti Miśkiewicz zu Besuch im türkischen Religionsministerium. November 2017.

„Reden wir Klartext. Dort wo Saudi-Arabien Kultur- und Bildungseinrichtungen sponsert, Moscheen baut, zeigt sich sehr bald, dass sie der Verbreitung des Wahhabismus, beziehungsweise des Salafismus, der gefährlichsten Erscheinungsform des Islam dienen. Sie ist aufs Engste mit dem islamischen Terrorismus verwoben. Diese traurige Erfahrung haben nicht wenige westeuropäische Staaten gemacht und sie ziehen ihre Schlüsse daraus. Solche Einrichtungen werden überwacht, immer wieder durchsucht, nicht selten geschlossen und ihre geistigen Unterstützer des Landes verwiesen“, sagt Dr. Wojciech Szewko, Nahostexperte vom Nationalen Zentrum für Strategische Studien (NCSS) und fährt fort:

„Es wird behauptet, es sei übertrieben, wenn das Innenministerium ankündigt, es wird das Vorhaben in Białystok genau beobachten. Doch als ich Mufti Miśkiewicz im Rundfunk über die angebliche religiöse Toleranz in Saudi-Arabien reden hörte, fand ich diese Maβnahme keinesfalls übertrieben. Dann kam mir auch gleich der Begriff » Taqīya « in den Sinn“.

„Taqīya“ heiβt auf Arabisch „Furcht, Vorsicht“. Es ist ein im Islam geltendes Prinzip. Es besagt, dass es bei Zwang oder Gefahr erlaubt sei, rituelle Pflichten zu missachten, den eigenen Glauben zu verheimlichen und wahre Absichten zu verbergen.

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RdP