28.04.2022. Macron ist nicht gut für Polen

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Auch in Polen läutet das linksliberale Lager die Glocken des Triumphs. Emmanuel Macron hat Marine Le Pen besiegt und sich das Recht gesichert, das Land der Gallier weitere fünf Jahre lang zu führen.

Was ist davon zu erwarten? Der sprunghafte Chefkoch Macron wird uns weiterhin seinen politischen Lieblings-Mischsalat servieren. Ein Allerlei aus Träumen von einer europäischen Armee, mehr Distanz zu Amerika, dem anhaltenden Glauben daran, dass man sich mit Putin einig werden kann, dem Drang, die EU-Schulden zu vergemeinschaften, und weiteren Reformbemühungen, um Frankreich wettbewerbsfähiger zu machen.

Polen wird für Macron, wie gehabt, Gegenstand kaum verhohlener Abneigung bleiben. Die Liste seiner verbalen Angriffe ist lang. Schon vor fünf Jahren ließ sich Wahlkämpfer Macron immer wieder zu heftigen Drohungen gegen Polen hinreißen. Er setzte damals, 2017, die polnische Regierung mit Putins Herrschaft gleich. Er wetterte gegen angebliches polnisches Sozialdumping, weil die Firma Whirlpool ihren Betrieb aus Amiens nach Łódź/Lodsch verlegte.

Was Whirlpool angeht, wird innerhalb von drei Monaten nach meiner Wahl eine Entscheidung in Sachen Polen gefällt. Ich übernehme dafür die Verantwortung. Ich möchte, dass man sich den Fall Polen in seiner Gänze anschaut und dass (…) Sanktionen verhängt werden“.

Macron blieb dieser Linie treu, als er während seines diesjährigen Wahlkampfes den polnischen Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki als einen „rechtsextremen Antisemiten, der LGBT verbietet“, diffamierte. Beweise dafür bleibt er bis heute schuldig.

Einzig zu solch einem Kommentar war Macron fähig, als der polnische Regierungschef, erschüttert von den russischen Gräueltaten in Butscha, zu mehr europäischer Einigkeit gegen Russland aufrief und den Hausherrn im Élysée-Palast beschwor: „Präsident Macron, Sie haben so oft mit Putin verhandelt. Was haben Sie erreicht? Haben Sie auch nur eine der Gräueltaten gestoppt? Mit Kriminellen darf man nicht verhandeln, Kriminelle müssen bekämpft werden. Würden Sie auch mit Hitler, mit Stalin, mit Pol Pot verhandeln?“, fragte der polnische Premierminister.

Was kann Polen von einem Macron erwarten, für den, anders als für US-Präsident Joe Biden, Putin kein „Schlächter“ ist und die russischen Gräuel in der Ukraine kein „Völkermord“ sind, dafür, so seine Meinung, handelt es sich bei den Russen und Ukrainern um zwei „Brudervölker“.

Im Hagel russischer Raketen setzt Macron weiterhin auf Diplomatie. Noch vor kurzem hat er Putin im Schloss von Versailles und im Fort de Brégançon hofiert. Heute mimt er den großen Vermittler, der Putin in langen Telefongesprächen zu zähmen vermag. Macron will es nicht wahrhaben, dass im Ukraine-Krieg das von ihm errichtete intellektuelle Gebäude eines „gemeinsamen Europas mit Russland und ohne Amerika“, unter der Last seiner eigenen, lange gepflegten Illusionen und Widersprüche, zusammengebrochen ist.

Die widerspenstigen polnischen Nationalkonservativen, die in Warschau regieren und stets vor Russland warnten, sind Macron seit eh und je ein Dorn im Auge gewesen. Ostmitteleuropa habe gefälligst den Mund zu halten, wenn Macron in seiner blinden Unterstützung für die Föderalisierung Europas immer neue Pläne schmiedet, auch um der lächerlichen Kleinstaaterei im Osten des Kontinents ein Ende zu bereiten.

Sehr zum Leidwesen Macrons sind für die meisten Menschen in diesen Ländern nicht er und seine französischen Wähler, sondern die Amerikaner, die ihre Truppen in Polen und im Baltikum massiv verstärken und Russland mit Sanktionen hart anpacken, die besseren Europäer.

Gewiss, in den letzten Jahren erlebte Polen einige wenige plötzliche und vehemente Sympathiebekundungen des nervös auftretenden, leicht reizbaren Präsidenten. Da versuchte Macron, sehr unbedarft, seine Abneigung zu kaschieren, um französische Atomkraftwerke oder U-Boote in Warschau an den Mann zu bringen. Doch sich verstellen gehört nicht zu seinen Stärken.

Paris und Berlin, das über den Zusammenbruch der deutschen Russlandpolitik zutiefst verwirrt ist, werden, wie üblich, versuchen, die Stärke des deutsch-französischen EU-Motors aufrechtzuerhalten. Den Polen, mit Ausnahme von Donald Tusk und den Seinen, hat eine solche Zusammenarbeit, die den Anspruch erhebt, die europäische Politik willkürlich zu bestimmen, noch nie gefallen. Und Macron wird seine Sichtweise auf Polen als ein fernes Land, das der aufgeklärten Politik des Visionärs aus Paris nur Probleme bereitet, wohl nicht ändern.

Das ist bedauerlich, aber c’est la vie.

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RdP