12.09.2023. Familie Ulma. Seligsprechung mit vielen Deutungen

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Von deutschen Medien einhellig schweigend übergangen, fanden am 10. September 2023 in Markowa, im Südosten Polens, zum ersten Mal in der zweitausendjährigen Geschichte der katholischen Kirche zwei Ereignisse gleichzeitig statt. Die Seligsprechung einer ganzen Familie sowie die Verkündigung der Erhebung eines ungeborenen Kindes zu den Altären. Etwa 40.000 Menschen waren zugegen, darunter Polens Staatspräsident Andrzej Duda und Regierungschef Mateusz Morawiecki.

Die Seligsprechung war ein hochsymbolischer Akt in Zeiten, in denen die natürliche Familie, bestehend aus Mann, Frau und den von ihnen gezeugten Kindern, zunehmend infrage gestellt und das Recht auf Leben ungeborener Kinder weltweit zugunsten des angeblichen „Menschenrechts” auf ihre Abtötung abgeschafft wird.

Deutsche Gendarmen ermordeten am 24. März 1944 Józef Ulma, seine hochschwangere Ehefrau Wiktoria und ihre sechs Kleinkinder, weil sie in ihrem Haus acht Juden versteckt hielten, die auch alle umgebracht wurden. Heute gibt es in Markowa eine Gedenkstätte und ein den polnischen Judenrettern gewidmetes Museum.

Die Mörder der Ulmas handelten nicht unrechtmäßig. Sie töteten in Übereinstimmung mit dem von den deutschen Behörden erlassenen und im Generalgouvernement geltenden Gesetz. Nach diesem Gesetz waren die Verteidiger des Lebens, die Juden Unterschlupf gewährten, die Verbrecher. Die Mörder, Hauptmann Eilert Dieken, sein Stellvertreter  Joseph Kokott und deren Kumpane waren lediglich die Vollstrecker dieses Gesetzes. Sie empfanden Genugtuung und fühlten keine moralische Schuld. Schließlich handelten sie im Einklang mit geltendem Recht.

Die Mörder kannten diese Begriffe wahrscheinlich nicht, aber sie vertraten eine Position namens Normativismus und Rechtspositivismus. Letzterer fußt auf der Idee, dass nur von Menschen gemachte Gesetze zählen und dass alle Geschichten über das Naturrecht oder das moralische Recht in den Papierkorb geworfen werden sollten.

Wenn also gesetzlich festgelegt wird, dass Menschen aufgrund ihrer Herkunft oder Rasse (oder diejenigen, die ihnen helfen) kein Recht auf Leben haben, dann muss das so sein und es gibt keine Diskussion. Nach dem gleichen Prinzip kann Menschen aufgrund ihres Alters (z.B. im vorgeburtlichen Entwicklungsstadium) der rechtliche Schutz des Lebens entzogen werden, und keine moralischen oder natürlichen Normen können das verhindern. Wenn alles im Rahmen der bestehenden Gesetze geschieht, sind moralische Skrupel fehl am Platze.

Einer der Hauptvertreter dieser Strömung in der Zwischenkriegszeit war der österreichische Professor Hans Kelsen, der die Trennung von Recht, Wahrheit und Moral predigte. Er analysierte den Prozess gegen Jesus von Nazareth im Lichte des damals geltenden Rechts und kam zu dem Schluss, dass die  qualvolle Todesstrafe vollkommen legitim und gerecht war. Es ist also möglich, einen Unschuldigen im Glauben an die Majestät des Gesetzes umzubringen mit voller Überzeugung, dass man gerecht und korrekt gehandelt hat.

Es mag hart klingen, aber das ist es, was Christus, die Familie Ulma, die ermordeten Juden und die getöteten ungeborenen Kinder gemeinsam haben. Auch daran erinnert die Seligsprechung von Markowa.

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RdP