Machen wir uns keine Illusionen: Viele in Europa wären über eine rasche Niederlage der Ukraine erleichtert. Anstatt zu helfen, telefonieren sie mit dem Aggressor
Der Elysée-Palast teilte am Samstag, dem 12. März mit, dass der französische Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzler Olaf Scholz erneut mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Sachen Krieg in der Ukraine telefoniert haben. „Die drei Staatschefs haben ein Telefongespräch geführt, in dem Frankreich und Deutschland von Russland die sofortige Einstellung des Krieges forderten“, so das Kommuniqué.
Nach Angaben des Elysée-Palastes hat Macron seit seinem letzten Treffen im Kreml am 7. Februar 2022 bereits neun Telefongespräche mit Putin geführt, darunter am Donnerstag, dem 3. März. Damals hieß es, dass „Macron und Scholz darauf bestanden, dass jede Lösung der Krise durch Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland erfolgen solle“. Macron, Scholz und Putin vereinbarten auch, in den kommenden Tagen weiterhin engen Kontakt zu halten.
Auf der einen Seite haben wir das Ausbremsen wirklich harter Sanktionen (Energieträgerembargo), die Russland in kürzester Zeit in die Knie zwingen könnten (auch wenn sie mit wirtschaftlichen Kosten für Europa verbunden sind), auf der anderen Seite den zwanghaften Hang zum Telefonieren mit dem Aggressor. Alle zwei oder drei Tage ein Anruf – immer mit dem gleichen Ergebnis. Der Nutzen dieser Telefonate für das Opfer, die Ukraine ist gleich Null, während gleichzeitig der Eindruck entsteht, dass Berlin und Paris psychologisch gar nicht in der Lage sind, einen harten, lang anhaltenden Konflikt mit Russland zu ertragen.
Man fragt sich wo wäre Polen, wenn es die Vereinigten Staaten nicht gäbe? Inwieweit könnte die Europäische Union, die ja von den beiden Telefon-Gesprächspartnern Putins dominiert wird, den Staaten im Osten, einschließlich Polen, eine robuste Sicherheit garantieren? Man wird den Eindruck nicht los, dass sehr viele in Westeuropa nach einer raschen Niederlage der Ukraine und dem Triumph Moskaus erleichtert aufatmen würden. Liebend gern würden sie danach erneut so etwas wie die Minsker Gespräche organisieren, bei denen die russischen Eroberungen besiegelt und die Ukraine politisch und militärisch mundtot gemacht würde, um sich reinen Gewissens wieder auf Putin einzulassen.
Aber man muss sich auch fragen: Wo stünden wir, wenn Macron und Scholz zumindest einen Teil der Energie, die sie für das antichambrieren im Kreml aufwenden, darauf verwendet hätten, wirksame Wege zur Bestrafung Russlands zu finden? Oder die Ukraine mit der den Waffen zu versorgen, die es ihr ermöglichen würden, der russischen Armee noch größere Verluste zuzufügen?
Sanktionen, Waffen, Hilfe für Flüchtlinge, Unterstützung für Staaten, die Ukrainer aufnehmen. So sollte die solidarische Antwort der freien Welt auf die russische Aggression aussehen. Alles andere ist in diesem Stadium des Krieges ein beschämendes Ausweichen.
RdP