Armee bestellt Uniformen in Fernost.
Obschon nach der Abschaffung der Wehrpflicht, nach vielen Reformen, Einsparungswellen und Standortstillegungen der letzten Jahre, die Soldaten der einsatzfähigen Kampfeinheiten der polnischen Armee bei weitem nicht das neue, auf sechzigtausend Zuschauer angelegte Nationalstadion in Warschau füllen würden, sorgte die Nachricht für ein gewisses Aufsehen. Zum ersten Mal bekam eine chinesische Firma den Auftrag polnische Armeeuniformen zu nähen.
Einheimische Hersteller schlugen Alarm. „Die Armee hat immer wieder versprochen so viel wie möglich in Polen einzukaufen, aber es genügt ja, wie man sieht, ein nur um wenige Prozentpunkte billigeres Angebot, und das Versprechen gilt nicht mehr“, so Radosław Kalinowski, Chef von Andropol, einer Firma aus Andrychów unweit von Kraków, die seit Jahren Stoffe für polnische Armeeuniformen liefert.
Bis 2017 plant die polnische Armee eine halbe Million neuer Feld- und Kampfuniformen zu kaufen. Die erste Ausschreibung im Wert von 150 Mio. Zloty (gut 37 Mio. Euro) wurde in mehrere Teile aufgegliedert, um es einer gröβeren Anzahl von Firmen zu ermöglichen sich einen Auftrag zu sichern. Gut 31,5 Mio. Zloty (ca. 7,9 Mio. Euro) werden nun nach China flieβen, der Rest polnischen Herstellern zugutekommen.
Die UNIFEQ Europe GmbH, die im Konsortium mit zwei chinesischen Bekleidungsgiganten (Ningbo Evergreen Knitting Co. und Zhenjiang Xinjian Textile Inc.) an der Ausschreibung teilgenommen hatte, bekam den Zuschlag für die Anfertigung von 158.000 Sommer Felduniformen zu einem Preis von knapp 200 Zloty (ca. 50 Euro) pro Stück. Die polnischen Anbieter wurden in diesem Fall durch die Chinesen um fünf Prozent unterboten.
Die Nähereien der Ningbo Evergreen liegen in der Sonderwirtschaftszone Fenghua, im Osten des Landes, und fertigen Kleidung für Firmen wie Zara, Calvin Klein, Disney oder Tesco. Xinjian Textile hingegen stellt riesige Mengen verschiedenster Tarnmusterstoffe für die chinesische Armee und Polizei her. Den polnischen Groβauftrag betrachten beide Unternehmen als einen Meilenstein auf dem Weg zur Eroberung des europäischen Marktes. Die Information darüber wurde auf den Internetseiten beider Firmen daher groβ herausgestellt.
Die polnischen Hersteller waren empört. „Es stimmt, unser Angebot war ein wenig teurer“, sagt Kalinowski, und fragt gleichzeitig ob die Armee erwartet, dass die Firma ihre ohnehin schon niedrigen Löhne unter den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohn senkt. „Als Branche beschäftigen wir in Polen, trotz der Konkurrenz aus China, der Türkei oder Bangladesch, mehr als dreizehntausend Leute. Wieviel wird es den Staat kosten, wenn wir anfangen sie zu entlassen? Die Sozialkosten werden in diesen Fällen in Polen oft nicht berücksichtigt.“
Der bekannte Militärexperte und Autor Andrzej Walentek ist der Meinung, dass polnische Steuergelder möglichst in Polen ausgegeben werden sollten. „In vielen Ländern der Welt ist das eine Selbstverständlichkeit“, sagt Walentek und verweist auf die USA. Dort kam es vor kurzem zu einem „politischen Erdbeben“, als herauskam, dass Teile der F-15-Flugzeugtriebwerke aus China geliefert werden.
Schadenfreude kam in der polnischen Textilbranche und in Fachportalen des Militärs im Internet auf, als bekannt wurde, dass die Chinesen den Liefertermin nicht halten konnten und eine deftige Konventionalstrafe zahlen müssen. Die ersten 63.000 Uniformen kamen mit mehrwöchiger Verspätung Ende März in Polen an.
@RdP