Polens Staatspräsident Andrzej Duda hat es auf Twitter auf den Punkt gebracht: „Wie viel Überlegenheitsgefühl, Hochmut, Arroganz und Verachtung für demokratische Regeln muss man in sich tragen, um über das Ergebnis der Wahlen in einem anderen Land zu sagen: „Es gewannen nicht die, die gewinnen sollten! Es wurde falsch gewählt! Jetzt muss man dieses Land und seine Behörden an der Kehle packen!“?
Die vielen alarmistischen, oft geradezu hysterischen Reaktionen auf den Ausgang der italienischen Parlamentswahlen am 25. September 2022 waren vorhersehbar. Schließlich wiederholt sich seit Langem dieses Ritual jedes Mal, wenn sich irgendwo in Europa die Mehrheit der Bürger in einer demokratischen Wahl für konservative Parteien entscheidet. Und dennoch darf man danach nicht gleich zur Tagesordnung übergehen.
Schon wenn sich eine konservative Mehrheit anbahnt, beginnt mittlerweile das Ritual mit Einschüchterungsversuchen. Einen solchen Übergriff gestattete sich dieses Mal EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei ihrem Auftritt in der Princeton Universität in New Jersey. Drei Tage vor der Italien-Wahl drohte sie präventiv mit Rechtsstaatsverfahren gegen das Land: „Wir werden sehen, wie die Abstimmung in Italien ausgeht. Auch in Schweden fanden Wahlen statt. Wenn sich die Dinge in eine schwierige Richtung entwickeln, haben wir die Instrumente, wie im Fall von Polen und Ungarn.“
Die Wählerstimmen waren noch nicht ganz ausgezählt, da meldeten sich schon Politiker in Deutschland und in Frankreich (dort gleich die Premierministerin) zu Wort und verlangten die Beachtung von Menschenrechten und Demokratie. Es gibt jedoch keine Hinweise, dass solche Appelle berechtigt seien. Die Koalitionsregierung ist noch nicht einmal gebildet und es war bisher nicht vernehmbar, welche Menschenrechte sie einzuschränken gedenkt.
In Wirklichkeit ist die angeblich „ultrarechte“ „Postfaschistin“ und Wahlsiegerin Giorgia Meloni mit einem gemäßigt nationalen Programm angetreten. Dennoch wirkte es wie ein rotes Tuch auf die sich im Lauf der Jahre immer weiter radikalisierenden Linksliberalen in Berlin, Paris, in der Brüsseler EU-Zentrale und anderswo. Glauben sie wirklich, in Italien entsteht bald ein faschistisches Regime, oder tun sie nur so?
Dabei fordert Meloni weder den EU-Austritt noch will sie sich Putin an den Hals werfen. Ihr eindeutig transatlantischer Kurs in Richtung auf einen Schulterschluss mit Amerika und ihre Unterstützung für die Ukraine-Sanktionen sind, gerade in Italien, alles andere als selbstverständlich. Eigentlich müssten sie in der EU, besonders in der jetzigen, kritischen Phase des Krieges willkommen sein.
Meloni äußerte auf ihren Kundgebungen, sie sei eine Frau, eine Mutter, eine Italienerin und eine Christin. Solche Bekundungen passen eindeutig nicht in die Vorstellungen von einer modernen Gesellschaft, die dem heute meinungsführenden linken und linksliberalen Lager in Europa vorschweben. Wer sich so definiert, ist kein politischer Gegner mehr. Er ist ein Feind.
Dieser Begriff wird inzwischen ausgedehnt auf alle, die ihre nationale Identität wichtig finden, die die Wichtigkeit der traditionellen Familie betonen, aber auch die des Schutzes des ungeborenen Lebens, der Begrenzung der überbordenden Migration, einer solidarischen Sozialpolitik, die auch in Italien sehr vonnöten ist. Es sind Themen, die, als Auftrag formuliert, einst zum Grundsatzprogramm solcher Parteien, wie der CDU/CSU in Deutschland, gehörten. Damals galt das noch nicht als „populistisch“, „extrem rechts“ oder „postfaschistisch“.
Doch die Zeiten haben sich geändert. Die einst christlich-demokratischen Parteien in Europa haben längst diese politischen Positionen verlassen und sich weltanschaulich dem linksliberalen Lager ganz und gar angepasst. Solche Themen, wie sie heute Giorgia Meloni anspricht, sind für sie nur noch eine heiße Kartoffel, die sie nicht mehr anfassen wollen.
Doch die Themen sind geblieben. Sie bewegen Millionen von Menschen, die, wie gerade jetzt in Italien, damit leben müssen, u. a. als die Epigonen Mussolinis diffamiert zu werden.
RdP