1945. Das Ende des polnischen Lwów

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Die Herzen bluten noch heute.

Am 18. Juli 1944 gab es kein Halten mehr. Die Sowjets hatten kurz zuvor bei Brody eine riesige Lücke in die deutsche Frontlinie gerissen und stürmten nach vorn. In Lwów/Lemberg machten sich deutsche Besatzungsbehörden, Wehrmachtsdienststellen, Gestapo, SS sowie die berüchtigte Ukrainische Hilfspolizei Hals über Kopf davon.

Übrig blieben einige gut befestigte Stützpunkte, deutsche Inseln in einer ansonsten nicht mehr besetzten Stadt. Drei Tage lang lag Lwów zwischen den Fronten, ehe frühmorgens am 22. Juli 1944 erste Panzer der Roten Armee von Südosten aus in die Stadt eindrangen, versprengte deutsche Fronttruppen vor sich her treibend.

Der polnische Aufstand

Lwów 22. Juli 1944. Sowjets, polnisches Wappen, polnische Fahnen.

Die russischen Panzerbesatzungen sahen hie und da weiß-rote Fahnen an Balkonen und Toreinfahrten hängen. Bewaffnete junge Männer mit weiß-roten Armbinden gaben sich als Verbündete zu erkennen. Die Sowjets nahmen die Hilfe der ortskundigen Kämpfer gerne an. Ihre Panzer waren ohne Infanteriebegleitung weit vorgeprescht. Auf sich alleine gestellt, wären sie in den sich anbahnenden Straßenkämpfen schnell vernichtet worden.

Lwów 22.-27. Juli 1944. Ein AK-Trupp auf dem Weg in den Kampf.
Lwów 22.-28. Juli 1944. Kämpfer der Heimatarmee vor der Technischen Hochschule.

Fünf Tage lang kämpften die polnischen Aufständischen gemeinsam mit den Sowjets um Lwów. Es waren Soldaten der Heimatarmee (Armia Krajowa), die sich während der deutschen Besatzung, seit mindestens 1942, im ganzen besetzten Polen im Untergrund auf diesen Augenblick vorbereitet hatten.

Lwów 22.-28. Juli 1944. Polnische Fahne auf dem Gebäude der Universität.

Die AK-Strukturen in Lwów zählten etwa fünftausend Mitglieder, darunter ungefähr vierhundert Frauen, die für den Sanitätsdienst und die Nachrichtenübermittlung ausgebildet waren. Nur etwa zweitausend Mann konnten bewaffnet in den Kampf ziehen. In den konspirativen Waffenkammern der AK gab es lediglich Granaten und Handfeuerwaffen: Pistolen, Revolver, Gewehre und etwa 750 Maschinenpistolen verschiedenster Bauart. Der Munitionsvorrat reichte für zwei Tage. Weitere Waffen mussten erst einmal im Kampf erbeutet werden.

Die AK in Lwów war eine Untergrundarmee, die innerhalb von knapp fünf Jahren aufgebaut worden war. Das geschah unter den Bedingungen eines gnadenlosen Besatzungsterrors, zuerst der Sowjets (September 1939 bis Juni 1941), dann der Deutschen und der mit ihnen eng zusammenarbeitenden ukrainischen Nationalisten (Juli 1941 bis Juli 1944). Lwów war in dieser Zeit zuerst Schauplatz sowjetischer Massenmorde und Massendeportationen.

Der Einmarsch der Deutschen und das zeitgleiche Auftauchen der ukrainischen Nationalisten im Juli 1941 löste anschließend einen Blutrausch aus, dem vor allem Juden, aber auch Polen (darunter 45 polnische Professoren der Universität Lwów) zum Opfer fielen. Und das war nur der Anfang.

Lwów. Das 2011 errichtete Denkmal für die 1941 ermordeten polnischen Professoren.

Dass es der Armia Krajowa gelungen war, unter den Augen der Gestapo und ihrer Zuträger, in strengster Geheimhaltung, eine solche Zahl von zumeist jungen Menschen, die sich nach Außen als Zivilisten nichts anmerken lassen durften, zu rekrutieren, zu schulen, in konspirativen Einheiten zusammenzufassen, war eine herausragende Leistung gewesen. Dass man unter den geschilderten Umständen jedoch keine Kanonen und keine Panzer beschaffen konnte, lag auf der Hand.

Aktion „Gewittersturm“

Kommandant der AK in Lwów war seit Februar 1944, als Eisenbahner getarnt, Oberleutnant Stefan Czerwiński (Deckname „Zamkowski“). Vor dem Krieg Offizier der polnischen Artillerie. Ende September 1939, nach schweren Kämpfen unweit von Lublin in deutsche Gefangenschaft geraten, floh Czerwiński kurz darauf und war seitdem in Warschau, später in Białystok in den geheimen Strukturen der AK und ihrer Vorgängerorganisation ZWZ tätig.

Oberleutnant Stefan Czerwiński („Zamkowski“).

In Anbetracht der herannahenden Front stellte der Kommandeur seinen Kämpfern im Einsatzbefehl vom 15. Juli 1944 folgende Aufgaben:

1. Angriffe auf Eisenbahn- und Straßenverbindungen der Deutschen während ihres Rückzugs.

2. Angriffe auf die Nachhut der sich zurückziehenden deutschen Einheiten.

3. Schutz der polnischen Zivilbevölkerung vor möglichen Übergriffen und Massakern durch deutsche, beziehungsweise ukrainische Verbände.

4. Besetzung wichtiger öffentlicher Einrichtungen und Dienststellen damit die (auch im Untergrund wirkende – Anm. RdP) polnische Verwaltung ihre Arbeit sofort aufnehmen kann. Kontaktaufnahme mit sowjetischen Einheiten und deren Unterstützung im Kampf.

22.-28. Juli 1944. Sowjets während der Kämpfe um Lwów.

Diese Vorgaben galten nicht nur für die Heimatarmee in Lwów, sondern in allen polnischen Gebieten, seitdem die Sowjets am 4. Januar 1944 in der Nähe von Sarny, etwa dreihundert Kilometer nordöstlich von Lwów, erstmals die polnisch-sowjetische Grenze von 1921 bis 1939 überschritten hatten.

Es war der Plan eines rollenden Aufstandes mit dem Decknamen „Burza“ (fonetisch Buscha – „Gewittersturm“). Die Heimatarmee, der damals einzigen legalen polnischen Regierung unterstellt, welche sich im Londoner Exil befand, sollte zwischen den sich zurückziehenden Deutschen und den anrückenden Sowjets kämpfend in Erscheinung treten.

Sie sollte, als Hausherr, die Rote Armee begrüßen und die Sowjets so vor vollendete Tatsachen stellen. In der Hoffnung, die Russen würden die Fakten, auch unterstützt durch den Druck der USA und Großbritanniens, respektieren. Es war ein letztes, verzweifeltes Aufbäumen des freien Polens, um das Unausweichliche noch zu verhindern: die Verwandlung Polens in eine von polnischen Kommunisten verwaltete Sowjet-Kolonie, die es bis 1989 dann doch war.

Ende Juli 1944. Soldaten der Heimatarmee während der sowjetisch-deutschen Kämpfe um Lublin.

Um ihr Ziel zu erreichen unterstützte die AK die Sowjets bei den Kämpfen um Kowel, Włodzimierz Wołyński, Wilno, Lwów, Białystok, Lublin und viele kleinere Ortschaften gegen die deutschen Besatzer. Die tragischste Episode des „Gewittersturms“ spielte sich in Warschau ab. Der dortige Aufstand brach am 1. August 1944 aus, als erste sowjetische Panzerspitzen unweit der Stadtgrenze gesichtet wurden. Die für zwei bis drei Tage geplante Erhebung dauerte 63 Tage lang. Sie endete mit dem Tod von etwa zweihunderttausend Warschauern und der Vernichtung der Stadt, weil die Sowjets ihren Vormarsch stoppten, um die Niederschlagung des Aufstands durch die Deutschen abzuwarten.

Das Ringen um Lwów endete in der Frühe des 28. Juli 1944. Die AK war fünf Tage lang in allen Stadtteilen pausenlos im Gefecht gewesen. Dreißig ihrer Kämpfer fielen, einhundertsechzig wurden verwundet. Während der Kämpfe herrschte zwischen den sowjetischen Fronttruppen und den Polen bestes Einvernehmen, die Zusammenarbeit der beiden Befehlsstellen funktionierte reibungslos.

22.-28. Juli 1944. AK-Soldaten (in der Mitte und links im Bild) und Rotarmisten während der Kämpfe um Lwów.

Am 28. Juli 1944, gegen Mittag, während der gemeinsamen Schlussberatung der beiden Stäbe in der AK-Standortkommandantur in der Kochanowskiegostraße 27 (heute: Lewyckoho), dankte der sowjetische General Sergej Schatilow den „polnischen Waffenbrüdern“ für die erwiesene Hilfe. Den Dank nahm Oberst Władysław Filipkowski („Stach“), der AK-Kommandeur für die gesamte Region Lwów entgegen.

General Sergej Schatilow.

Was die Polen nicht wussten

Filipkowski hatte vor dem Krieg, wie sein Untergebener, der AK-Stadtkommandant Oberleutnant Stefan Czerwiński, bei der Artillerie gedient. Seine Einheit war eine der letzten, die im polnischen Verteidigungskrieg von 1939, am 2. Oktober, die Waffen niederlegte. Nach schweren Kämpfen mit der deutschen 27. Infanteriedivision in der Nähe von Lublin, wich sie nach Osten aus und ergab sich den, zwei Wochen zuvor in Polen eingefallenen, Sowjets. Filipkowski floh im anfänglichen Durcheinander aus der sowjetischen Gefangenschaft, ohne damals wissen zu können, dass er sie als polnischer Offizier nicht überlebt hätte.

Oberst Władysław Filipkowski („Stach“).

Als General Schatilow 1944 seine Dankesrede schwang, gab es schon seit über einem Jahr keine diplomatischen Beziehungen mehr zwischen der UdSSR und der polnischen Regierung im Exil, der die AK unterstand. Stalin hatte sie am 25. April 1943 abgebrochen. Kurz zuvor hatte der deutsche Rundfunk folgende Nachricht gebracht: in Katyn bei Smolensk, auf besetztem sowjetischen Gebiet, hätten die Deutschen Massengräber Tausender polnischer Offiziere entdeckt, alle durch Genickschuss ermordet.

Katyń 1943. Massengräber polnischer Offiziere.

Laut den bei Exhumierungen gefundenen Papieren, handelte es sich um polnische Offiziere, die im September 1939 von den Sowjets bei ihrem Einmarsch in Polen gefangen genommen wurden. Sie galten seit April 1940, als keine Post mehr von ihnen aus der sowjetischen Gefangenschaft kam, als vermisst.

Die polnische Regierung im Exil bat das Internationale Rote Kreuz, die Angelegenheit zu untersuchen. Die Sowjets, die ihre Schuld in Abrede stellten, nahmen das zum Anlass die Beziehungen abzubrechen.

Jetzt, da sich nach Stalingrad das Blatt zu ihren Gunsten gewendet hatte, mussten sie sich in ihrer Polen-Politik nicht mehr gegenüber den Briten und Amerikanern verstellen. Sie konnten nun offen auf moskauhörige polnische Kommunisten setzen, die ihre Verwalter in Polen sein sollten. Die Heimatarmee wollte und sollte gerade das, im Auftrag und im Namen der polnischen Regierung im Exil, durch ihren „Gewittersturm“ verhindern.

Stalin, Roosevelt und Churchill während der Konferenz in Teheran (28. November bis 1. Dezember 1943).

Als die Kämpfe um Lwów zu Ende gingen, wussten die AK-Soldaten und die übrigen polnischen Bewohner der Stadt nicht, dass Stalin, Churchill und Roosevelt das Nachkriegsschicksal von Lwów bereits im Herbst 1943 auf der Konferenz in Teheran besiegelt hatten. Ostpolen, das sich die Sowjets im September 1939, in Folge des Hitler-Stalin-Paktes genommen hatten, und im Juni 1941 auf der Flucht vor der Wehrmacht räumen mussten, sollte ihnen gehören.

Das war ein Teil des Preises, den die Westmächte Stalin zu zahlen bereit waren, damit er weiterhin die Hauptlast des Krieges gegen seinen Verbündeten von 1939 bis 1941, Adolf Hitler, tragen und in absehbarer Zeit in Fernost in den Krieg gegen Japan ziehen würde.

Die Beschlüsse von Teheran vom Herbst 1943 wurden von den Briten und Amerikanern vor der polnischen Exilregierung mit Sitz in London geheim gehalten. Obwohl beide Staaten sie weiterhin offiziell, anders als die Sowjets, als die einzige legitime Regierung Polens anerkannten.

Moskau hatte derweil das Polnische Komitee der Nationalen Befreiung (PKWN) ins Leben gerufen. Eine provisorische Regierung, die mit hörigen polnischen Kommunisten besetzt war und auf den von der Roten Armee eroberten polnischen Gebieten eine kommunistische Verwaltung errichten sollte.

Die Vertreter dieses Komitees unterschrieben am 26. Juli 1944, als die Armia Krajowa noch in Lwów kämpfte, in Moskau insgeheim eine Grenzvereinbarung mit der UdSSR, in der sie auf etwa die Hälfte des polnischen Vorkriegsterritoriums zugunsten der Sowjets verzichteten, unter anderem auf Lwów, eine Stadt die sechshundert Jahre lang aufs engste mit Polen verbunden war.

Die Polen in Lwów wussten nicht, dass die Sowjets und ihre polnischen Vasallen gleichzeitig einen Zeitplan für ihre Vertreibung festgelegt hatten. Sie sollte am 15. Oktober 1944 beginnen. Bis zum 31. Dezember 1944 war die Erfassung aller „Ausreisewilligen“ vorgesehen. Am 1. April 1945 sollte es in Lwów keine Polen mehr geben. Auch diese Maßnahme wurde vorerst geheim gehalten.

Nur langsam bahnte sich in der zweiten Jahreshälfte 1944 die ganze bittere Wahrheit den Weg ins Bewusstsein der Polen. Das Vorgehen der Sowjets in Ostpolen, darunter in Lwów, war ein wichtiger Bestandteil der Ernüchterung, die der Historiker und Literaturkritiker Jan Józef Lipski so beschrieb:

„Der Schock nach dem Ende des Krieges war für Polen schrecklich. Polen, das erste Land, das sich Hitler entgegengestellt hatte. Die Polen, ein Volk das an vielen Fronten des Krieges gekämpft hat. Polen, ein Land, das einen mächtigen Staat und eine Armee im Untergrund aufbaute. Es wurde von den eigenen Verbündeten, Groβbritannien und den USA, an den sowjetischen Angreifer ausgeliefert. Es war ein schreckliches Erlebnis und eine Demütigung, mit einer Schlinge um den Hals, an den Sattel des Siegers geknüpft, in sein eurasisches Imperium gezerrt zu werden.“

Die Heimatarmee wird enthauptet

Schon einen Tag nach dem Ende der Kämpfe um Lwów war es vorbei mit der Eintracht. Nicht mehr die sowjetische Fronttruppe, die weiterzog, hatte ab jetzt das Sagen. Es waren die dicht hinter ihnen folgende politische Geheimpolizei NKWD, die ebenso für ihre bestialische Vorgehensweise berüchtigte militärische Spionageabwehr SMERSch und der kommunistische Parteiapparat.

General Schatilows Dankesrede endete mit der Feststellung, die Heimatarmee in Lwów habe ihre Aufgabe erfüllt. Darauf folgte die unzweideutige Aufforderung, die AK solle sich unverzüglich auflösen, nachdem ihre Kämpfer die Waffen an vorgegebenen Stellen in der Stadt niederlegt hätten.

Die Übermacht der Sowjets war zu groß, als dass man Widerstand leisten konnte. Oberst Filipkowski gab den Befehl der Forderung der Sowjets Folge zu leisten. Nachdem sie einen Teil der Waffen abgegeben, einen weiteren Teil versteckt hatten, gingen AK-Offiziere und Mannschaften nach Hause. Kontakte wurden konspirativ aufrechterhalten. Gegen Abend des 28. Juli 1944 waren die letzten polnischen Fahnen in der Stadt heruntergerissen.

Am 31. Juli flogen die fünf wichtigsten Kommandeure der AK in Lwów und Umgebung, darunter Oberst Filipkowski und Oberleutnant Czerwiński, mit einer sowjetischen Militärmaschine nach Schytomyr. Die Sowjets empfahlen ihnen ein Treffen im Stab der polnischen Division, die an der Seite der Roten Armee kämpfte.

Es war die Keimzelle der künftigen Armee des kommunistischen Polen. Ihre Kommandeure waren moskautreue Kommunisten. Es sollte beraten werden, ob man die AK-Kämpfer in diese Einheit integrieren könne. Kurz nach dem Eintreffen wurden die fünf verhaftet. So begann ihre Zwangswanderung durch sowjetische Gefängnisse und Lager, die erst im November 1947 mit der Entlassung nach Polen endete.

Lwów 22.-28. Juli 1944. AK-Kommandantur in der Kochanowskiegostraße

Zu diesem Zeitpunkt existierte in Lwów noch die AK-Kommandantur in der Kochanowskiegostraße, die von bewaffneten AK-Kämpfern bewacht wurde. Es war ein wichtiger polnischer Treffpunkt in der Stadt, jetzt vor allem eine Nachrichtenbörse. AK-Leute und Zivilisten gingen hier ein und aus.

Die Sowjets schlugen daher vor, dort am 31. Juli 1944 um 21 Uhr eine Beratung über die mögliche Verwendung der AK-Soldaten im gemeinsamen Kampf abzuhalten. Es kamen etwa dreißig Stadtteil- und Abschnittskommandeure der Heimatarmee. Nach einigem Warten erschien ein sowjetischer Offizier. General Schatilow sei sehr beschäftigt und bitte deswegen die Beratung in seinem Stab abzuhalten. Mehrere Autos brachten die Polen ins Biesiadecki-Palais am Halicki-Platz (heute Halycki Pl.).

Man bat sie in die erste Etage, in einen geräumigen Saal, zu dem mehrere Türen führten. In der Mitte standen in Hufeisenform aufgestellte Tische. Am offenen Ende ein gewaltiger Schreibtisch. Auf Stühlen an den Wänden, saßen verstreut Sowjet-Offiziere. Die Gäste nahmen zwischen ihnen Platz. Man unterhielt sich höflich bis ein unbekannter Oberst der Roten Armee den Raum betrat.

Biesiadecki-Palais einst und der heutige Zustand.

Vom Schreibtisch aus bat er alle, der Rangfolge entsprechend, am Beratungstisch Platz zu nehmen. Der ranghöchste polnische Offizier möge Meldung erstatten. Major Kornel Stasiewicz („Prosper“) stand auf und gab an, man sei gekommen, um über die Teilnahme der Armia Krajowa am Kampf gegen die Deutschen an der Seite der Roten Armee zu beraten.

Daraufhin zog der Oberst zwei Pistolen aus der Schublade und schrie „Hände hoch!“. Die sowjetischen Offiziere stürzten sich auf die Polen, durch die Türen stürmten bewaffnete Soldaten in den Saal.

Gleichzeitig besetzten die Sowjets mitten in der Nacht diskret die AK-Kommandantur in der Kochanowskiegostraße. Bis zum 1. August abends, wurde jeder der an die Pforte klopfte reingelassen und sofort festgenommen. So fielen den Sowjets weitere vierzig AK-Leute und Unterstützer in die Hände.

Das Schicksal aller damals Festgenommenen endete zumeist tragisch. Als erster starb bereits Anfang August 1944 Major Kornel Stasiewicz. Wie alle anderen, war auch er in Kellern verschiedener sowjetischer Sicherheitsbehörden in Lwów untergebracht. Unter furchtbaren hygienischen Umständen, starb der zuckerkranke Stasiewicz, auf dreckigem Boden hockend, weil er seine Medikamente nicht dabei hatte.

Einige der Verhafteten überlebten die bestialischen Verhöre der nächsten Tage und Wochen nicht. Sie wurden zu Tode geprügelt. Andere wurden in geheimen Blitzverfahren wegen „antisowjetischer Tätigkeit“ zum Tode verurteilt und ermordet. Viele bekamen Lagerstrafen und kamen, durch sklavische Arbeit vernichtet, irgendwo in Workuta oder Magadan, ums Leben. Wer genug Kraft und Glück hatte, wurde irgendwann entlassen und nach Polen abgeschoben. Die letzten kamen als menschliche Wracks 1956 zurück.

Das Schicksal der Heimatarmee in Lwów ist exemplarisch dafür, was den AK-Soldaten 1944 bis 1945, nach dem Einmarsch der Sowjets, widerfuhr: gemeinsamer Kampf, Entwaffnung, Verhaftungen, Folter, Deportationen, Tod. So war es in Kowel, in Włodzimierz Wołyński, in Wilno, in Białystok, in Lublin und in vielen kleineren Ortschaften.

Spätestens vier Tage nach dem Ende der Kämpfe um Lwów war die Heimatarmee in der Stadt ihrer Führung beraubt. Am 2. August 1944 erreichte eine Meldung darüber die AK-Hauptkommandantur in Warschau, wo am Tag zuvor der Aufstand ausgebrochen war. Noch konnte die AK in Lwów ihr Funkgerät vor den Sowjets verbergen. Es sollte, allen Peilungsversuchen der Sowjets zum Trotz, noch einige Wochen lang Lageberichte ins kämpfende Warschau und nach London, zur Exilregierung, funken.

„Es lebe das polnische Lwów!“

Lwów 30. Juli 1944. Tribüne vor der Oper während der Kundgebung für die „befreiten Volksmassen“.

Inmitten der Verhaftungswelle bekamen oberste Sowjetfunktionäre den zivilen Widerstand der Polen zu sehen und zu hören. Am 30. Juli 1944 bestiegen der Parteichef der Sowjet-Ukraine Nikita Chruschtschow und der Kommandierende der 1. Ukrainischen Front, Marschall Iwan Konjew, eine vor der Oper errichtete Tribüne, um zu „den befreiten Volksmassen“ von Lwów zu sprechen. Die Hochrufe der kommunistischen Claqueure vermischten sich unüberhörbar mit der mit Inbrunst gesungenen polnischen Nationalhymne, mit skandierten Sprechchören: „Es lebe das polnische Lwów!“, „Lwów zu Polen!“, „Polnisches Lwów!“

Laut einer von den Sowjets durchgeführten Volkszählung lebten am 1. Oktober 1944 in Lwów: 102.983 Polen (66,7 Prozent), 40.743 Ukrainer (26,4 Prozent), 8.426 Russen (5,5 Prozent) und 1.689 Juden (1,1 Prozent). Insgesamt kam man auf 154.284 Menschen.

Den Sowjets wurde vor der Oper noch einmal vor Augen geführt, dass es ohne eine einschneidende Änderung der nationalen Struktur, keine Sowjetisierung Lwóws geben konnte. Chaotisch zusammengestellt und durchgeführt, trafen daraufhin im Oktober 1944, von einem Tag auf den anderen, Lkw- und Eisenbahntransporte mit Zehntausenden von Ukrainern und Russen in der Stadt ein.

Binnen nur eines Monats hatte Lwów gut 80.000 Einwohner mehr. Nach amtlichen sowjetischen Schätzungen lebten am 1. November 1944 in der Stadt 244.285 Menschen, davon waren 112.413 Polen, also nur noch 46 Prozent.

Mit der Sowjetisierung einher ging, eine nicht enden wollende Kette von großen und kleinen polizeilichen und bürokratischen Schikanen. Eine der empfindlichsten war die „Verdichtung der Wohnflächen“.

Nun galt auch in Lwów, wie in der übrigen Sowjetunion, das Unterbringungsprinzip „Ein Raum, eine Familie“. In die Wohnungen der polnischen Bewohner wurden zwangsweise Ukrainer und Russen einquartiert, die nicht selten bis dahin in ihrer Heimat unter primitivsten Bedingungen gehaust hatten.

Das Leben einer Familie, die gerade noch in einer Dreizimmerwohnung gelebt hatte, verwandelte sich im Nu in eine Hölle, da man sich nicht mehr zu dritt oder viert, sondern zu zehnt oder zwölft Küche und Toilette teilen musste. Von dem, mit einem solchen Leben verbundenen, ständigen Krach und Zank gar nicht zu reden.

Nicht wenige polnische Bewohner wurden binnen Minuten aus den Wohnungen geworfen, um privilegierten Sowjets und ihren Familien Platz zu machen. Hinzu kamen die nicht enden wollenden nächtlichen Kontrollen und Durchsuchungen der Wohnhäuser, um festzustellen, ob nicht angemeldete Fremde dort nächtigten. Bei dieser Gelegenheit nahmen sich die Streifen aus den Wohnungen mit, was ihnen gefiel.

Weil der private, „kapitalistische“ Handel immer weniger toleriert und immer mehr mit brutalen Methoden eingeschränkt wurde, war die Versorgung katastrophal. Das Wenige, was man mit viel Glück auf Marken bekommen konnte, erwies sich oft als ungenießbar.

Lwów. Łyczakowski Friedhof (oben) und das Mausoleum der polnischen Verteidiger der Stadt 1918.

Ein zweiter großer polnischer Protest fand an Allerheiligen, dem 1. November 1944, auf dem Łyczakowski Friedhof statt. Wie es polnischer Brauch ist, gingen an diesem Tag Tausende mit Blumen und Kerzen zu den Gräbern ihrer Verwandten, zu den Gräbern zahlloser berühmter polnischer Künstler, Politiker, Militärs und zum Mausoleum der polnischen Verteidiger der Stadt 1918, die sich alle dort befinden.

Unter den Bedingungen des sowjetischen Terrors war der Friedhof der einzige Ort, an dem sich die Polen noch ungehindert, spontan versammeln konnten. Spruchbänder tauchten auf: „Wir werden Lwów nicht hergeben!“, „Ruhm den Kämpfern für das polnische Lwów“. Tausende sangen die polnische Nationalhymne. Sprechchöre donnerten über den Gräbern: „Es lebe Polen!“, „Es lebe die Heimatarmee!“, „Tod den Bolschewisten!“

Aufgeschreckt von diesen Ereignissen, versetzten die Sowjets ihren gesamten Apparat in Alarmbereitschaft. Sie befürchteten, am 11. November 1944, dem polnischen Nationalfeiertag, könnte in Lwów ein polnischer Aufstand ausbrechen.

Erzbischof von Lwów Bolesław Twardowski.

Dazu kam es nicht, aber die einsatzbereiten Truppen traten in Erscheinung, und zwar am 25. November 1944. Etwa einhunderttausend Menschen gaben an diesem Tag dem verstorbenen katholischen Erzbischof von Lwów, Bolesław Twardowski, das letzte Geleit. Der Trauerzug bewegte sich zwischen dichten Spalieren schwer bewaffneter Rotarmisten. An jeder Kreuzung stand ein Panzer.

Polnische Hoffnungen, sowjetischer Terror

Noch glaubten viele, Lwów werde bei Polen bleiben. Noch dauerte der Krieg an. Noch befanden sich das Ruinenmeer Warschau, nach der Niederschlagung des Aufstands und der Kapitulation am 3. Oktober 1944, sowie das ganze Polen westlich der Weichsel in deutscher Hand. Es sollte erst im Verlauf des Januar und Februar 1945 von den Sowjets erobert werden.

Weitere Konferenzen der Großen Drei waren geplant. Noch schien nicht alles verloren zu sein. Noch harrten die Polen, trotz aller Repressalien, in Lwów aus. Nur einige wenige ließen sich für die Ausreise registrieren.

Iwan Hruschetzkyj.

Die Sowjets zogen daraufhin die Daumenschrauben noch enger an. Den Drohfinger erhob am 6. Dezember 1944 der kommunistische Parteichef von Lwów, Iwan Hruschetzkyj: „Die polnische Bevölkerung sollte begreifen, dass Lwów eine sowjetische Stadt war, ist und sein wird. Dementsprechend werden auch die Zustände in Lwów sowjetisch sein.“ Ein unbarmherziger Befürworter der Entpolonisierung der Stadt war der ukrainische Parteichef Nikita Chruschtschow.

Noch im Dezember 1944 wurden 63 Straßennamen in sowjetische oder ukrainische umgewandelt, alle polnischen nationalen und kirchlichen Feiertage, einschließlich Weihnachten, abgeschafft. An ihre Stelle traten Neujahr, der Tag der Sowjetischen Armee (23. Februar), der Frauentag (8. März), Lenins Geburtstag (22. April), Feiertag der Oktoberrevolution (7. und 8. November), Tag der Stalin-Verfassung (5. Dezember), Gründungstag der UdSSR (30. Dezember). Nach dem 1945 gewonnen Krieg kam noch der Tag des Sieges (9. Mai) hinzu. Der Religionsunterricht in den Schulen wurde verboten.

Polnisches Lwów. Gebäude der Universität. Briefmarke von 1937.

Gleichzeitig holte die Geheimpolizei NKWD zu einem mächtigen Schlag aus. In der Nacht vom 3. auf den 4. Januar 1945 begann eine Verhaftungswelle durch Lwów zu rollen, die das polnische Lwów seiner intellektuellen Schicht berauben sollte. Etwa 17.300 Professoren, Ingenieure, Techniker, Ärzte, Apotheker, Künstler, Priester, Richter, Anwälte, Beamte, Handwerker, AK-Offiziere, teilweise mit Familien, verschwanden in den unermesslichen Weiten Sowjetrusslands, preisgegeben der Vernichtung durch das mörderische Schuften beim Holzfällen und in Bergwerken.

Polnisches Lwów. Denkmal für König Jan III. Sobieski. Von den Sowjets demontiert und den Polen nachgeschickt, steht es heute in Gdańsk. Briefmarke von 1925.

In einem Schauprozess gegen die Führung der polnischen Administration im Untergrund, die noch während der Kampfhandlungen im Namen der polnischen Regierung im Exil die Verwaltung der Stadt übernommen hatte, wurden die Angeklagten zu langjährigen Lageraufenthalten verurteilt. Für die meisten war das das Todesurteil.

Das alles zeigte Wirkung. Die Zahl der polnischen Familien, die sich für die Ausreise registrieren ließen, stieg sprunghaft an.

Mord, Raub, Vergewaltigungen

Derweil wurde die Situation in der Stadt immer unerträglicher. Mord, Raub und Vergewaltigungen waren an der Tagesordnung. Mikołaj Kowociniewski berichtete dem polnischen Historiker Stanisław Nicieja nach 1990, als man frei darüber reden durfte:

„Ende März 1945 wurde meine Mutter Helena Kowociniewska von einer russischen Untermieterin grausam ermordet. Sie hat ihr die Kehle durchgeschnitten. Die Beerdigung auf dem Lyczakowski-Friedhof geriet zu einer Manifestation der Empörung. Nach kurzer Zeit wurde die Mörderin freigelassen. Sie lief durch die Tarnowskiegostraße (heute: Tarnawskoho), kam sogar in das Haus Nummer 14, wo unsere Familie wohnte. Sie hat gedroht, dass, wenn die Polen nicht ausreisen, sie dasselbe Schicksal wie meine Mutter erwarte. Das hat gewirkt. Einige Dutzend Leute, die in dieser Straße wohnten haben sich noch am selben Tag zur Ausreise angemeldet.“

Das ganze Grauen der Lage sahen auch die Sowjets. Major Kotlarow beschrieb in seinen Erinnerungen einen Märzabend 1945 in Lwów:

„Am Hotel „Inturist“ (vormals: „George“) droschen, wild fluchend, einige betrunkene Soldaten aufeinander ein. Dasselbe in der Wałowastraße (der Name gilt bis heute) am Haus Nummer 11. Auf dem Nachhauseweg hörte ich wilde Schreie und eine Schießerei in der Mickiewiczastraße (heute: Lystopadowoho Tschinu). In unserer Straße im Haus Nummer 5 schrie jemand „Hilfe, sie rauben uns aus!“ In der Stadt geschieht Schreckliches. Abends gehe ich nicht mehr zur Dienststelle und wenn ich dort bis zum Abend bin, bleibe ich über Nacht. Überall Schießereien, Drohungen, Raub, Totschlag, und damit beschäftigen sich unsere Militärs oder solche, die sich für sie ausgeben. Die Stadt wird terrorisiert.“

Immer noch glaubten viele Polen in Lwów, dass es irgendwie gelingen würde, die schwere Zeit auszusitzen. Noch pulsierte in vielen Bereichen das polnische Leben. Es gab immer noch vierzig polnische Grund- und Mittelschulen. An den Hochschulen bestand der Lehrkörper überwiegend aus Polen. Die katholischen Kirchen funktionierten, der polnische Klerus war gewillt zu bleiben.

Trotz aller Verhaftungswellen setzte auch die Armia Krajowa ihre Untergrundtätigkeit fort. Jetzt trug sie den Namen NIE, abgeleitet von dem polnischen Wort Niepodległość – Unabhängigkeit. Ihre Flugblätter und Untergrundschriften flößten Trost und Hoffnung ein. Ihre Attentate auf besonders eifrige und gefährliche Sowjets und ihre polnischen Helfer sollten dem Terror Einhalt gebieten.

Großes Aufsehen erregte die Erschießung des Dozenten Zdzisław Bieliński, eines der namhaftesten Sowjet-Kollaborateure in der Stadt. Der Tod ereilte auch Dozent Donat Längauer, der einige Dutzend von den Sowjets verhaftete polnische Professoren und Angestellte der Technischen Hochschule denunziert hatte.

Lwów in Polen bis 1939.

Barbara Miękarska-Kozłowska erinnerte sich in ihrem im Jahr 2000 erschienenen Buch: „Wir haben immer noch auf die Amerika-Polen gehofft, die sich unermüdlich für das Land ihrer Väter in den USA einsetzten und auf die West-Alliierten, die uns nicht im Stich lassen würden. Wir dachten zuerst, die Sowjets wollten uns nur einschüchtern, zur Ausreise zwingen, um sich die Stadt unter den Nagel zu reißen. Also muss man um jeden Preis ausharren.“

Lwów nach 1945.

Diese Hoffnungen zerstreuten sich endgültig nach der Konferenz der Großen Drei in Jalta auf der Krim (4. bis 11. Februar 1945). Die Sowjets bekamen den Ostteil Polens mit Lwów zugesprochen.

In der Stadt gab man zunächst die Beschlüsse von Jalta nicht bekannt, aber nach und nach wurden sie publik. Die endgültige Bestätigung brachte die neue Karte Polens, die auf den Wały Hetmańskie (heute: Prospekt Swobody) zur Schau gestellt wurde. Jetzt meldeten sich die Polen immer zahlreicher zur Ausreise an, was die internen Berichte der Sowjet-Verwaltung nicht ohne Genugtuung festhielten.

Der Krieg in Europa ging am 8. Mai 1945 (am 9. Mai Moskauer Zeit) zu Ende. In Lwów betranken sich die Rotarmisten bis zur Bewusstlosigkeit und schossen die ganze Nacht lang aus allen Rohren. Etliche Zivilisten wurden erschossen oder verwundet, Gebäude beschädigt.

Jerzy Rychłowski erinnerte sich: „Ich habe gesehen, wie ein NKWD-Hauptmann aus der zweiten Toreinfahrt in der Ossolińskichstraße (heute: Stefanykstraße) einen schlitzäugigen Kalmücken mit heruntergelassener Hose, der eine Frau vor den Augen ihrer Kinder vergewaltigte, auf die Straße zerrte. Der Hauptmann lehnte ihn an die Hauswand und schoss ihm in den Kopf. Er ließ die Leiche liegen und ging in aller Ruhe in Richtung Chorążczyznystraße (heute: Tschaikowskoho – Anm. RdP.).“

Das Ende

Zofia Szwabowiczówna erinnerte sich folgendermaßen an diesen Tag: „Wir wurden auf dem Fabrikhof versammelt und der stellvertretende Direktor sagte uns, dass der Krieg zu Ende sei. Wir, die Polen, die den größten Teil der Belegschaft ausmachten, nahmen diese Nachricht mit düsterem Schweigen zur Kenntnis. Wir wussten was das bedeutete. Lasst jede Hoffnung fahren! Solange der Krieg dauerte, konnte noch alles passieren. Jetzt war unser Schicksal besiegelt.“

Der Deckel der Geschichte schloss sich nun über dem polnischen Lwów endgültig. Kurz darauf verließ der erste Transport mit polnischen Wissenschaftlern und Hochschulangestellten die Stadt. Am 16. August 1945 unterschrieben in Moskau die Vertreter der Warschauer kommunistischen Regierung den Grenzvertrag mit der Sowjetunion, der an die Stelle der provisorischen Vereinbarung vom 26. Juli 1944 treten sollte.

Erzbischof Eugeniusz Baziak.

Im Herbst mussten die Professoren und die Priesteranwärter des Priesterseminars Lwów verlassen. Katholische Pfarreien und Klöster wurden von den Sowjets enteignet. In den Kirchen wurden nach und nach die letzten Heiligen Messen gefeiert. Danach wurden sie von den Behörden geschlossen und versiegelt. Da die Zahl der Schüler sank, verwandelten sich immer mehr polnische Schulen in sowjetische.

Offiziell hieß es, bis zum 25. Oktober 1945 haben etwa fünfzigtausend Polen Lwów verlassen. Der Karmelitenpater Alojzy Kostyrko schrieb in sein Tagebuch: „Die Stimmung in Lwów ist sehr bedrückend. Die Stadt hat sich sehr verändert. Wenn man noch die polnische Sprache auf der Straße hört, dann ist das ein freudiges Ereignis, das das Herz höher schlagen lässt. Dafür bekommt man auf Schritt und Tritt die Frage zu hören: »Was wollt ihr Polen noch hier?«“

Im April 1946 verließ, als einer der Letzten, der polnische Erzbischof Eugeniusz Baziak Lwów. Im August 1946 fuhr der letzte Zug mit abgeschobenen Polen ab. Insgesamt mussten etwa 105.000 Polen ihre Heimatstadt verlassen. Das polnische Lwów wurde Geschichte.

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