1.03.2022. Österreichs tiefer Knicks vor Putin

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Wien war am 23. und 24. Februar 2023 Schauplatz der Wintertagung der Parlamentarischen Versammlung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Die 1995 gegründete OSZE ist die größte regionale Sicherheitsorganisation der Welt. Der Parlamentarischen Versammlung (PV) gehören 323 Abgeordnete aus 57 Staaten an. Die diesjährige Winterberatung fand am Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine statt.

Bei vorangegangenen OSZE-Treffen hatten die Gastgeber Großbritannien und Polen keine Russen einreisen lassen. Trotz etlicher Bitten und Appelle es genauso zu halten, haben die österreichischen Behörden russische Vertreter eingeladen, um „die Tür der Diplomatie nicht zuzuschlagen“. Es kamen neun russische Abgeordnete, von denen sechs auf Brüsseler Sanktionslisten stehen und eigentlich mit einem Einreiseverbot in die EU belegt sind. Darunter Delegationschef und Duma-Vizepräsident Pjotr Tolstoi sowie Leonid Sluzki, Leiter des Duma-Außenausschusses, beide begeisterte Verfechter der Krim-Besetzung und des Ukraine-Krieges.

Um den russischen Gästen Unannehmlichkeiten durch Proteste vor dem Haupteingang zu ersparen, wurden sie durch eine Hintertür in den Tagungsort, die Hofburg am Wiener Heldenplatz, gelotst. Medien waren bei dem zweitägigen Termin nicht erlaubt. Die zu erwartenden Teilnehmer-Proteste im Tagungssaal sollten möglichst wenig Echo finden, wofür eine starr auf das Präsidium ausgerichtete Videoübertragung zu sorgen hatte. Offiziell kam wieder einmal die berühmte österreichische Schlitzohrigkeit zur Geltung, indem es hieß, man möchte verhindern, „dass russische Journalisten hineinkommen, um eine riesige Propagandashow zu machen“.

Die österreichischen Gastgeber taten allen Ernstes so, als würden sie wirklich daran glauben, dass Dialog und Diplomatie mit Russland unter den gegebenen Umständen möglich seien. Jedenfalls war ihnen die Anwesenheit der Russen wichtiger als die der Ukrainer, die zu der Konferenz gar nicht erst angereist sind.

Doch es kam, wie es kommen musste. Statt Beratungen gab es permanent Aufruhr. Die Russen und die übrigen Teilnehmer verließen abwechselnd, unter Protest, den Saal. Es kam zu wüsten Beschimpfungen, flammende Manifeste ersetzten normale Redebeiträge. Dieses unwürdige Schauspiel drang auf verwackelten Handy-Aufnahmen nach außen und hinterließ einen üblen Nachgeschmack. Am Ende lag allen Beobachtern nur eins auf der Zunge: Außer Spesen nichts gewesen.

Das alles war leicht vorhersehbar. Wieso also haben sich die Österreicher darauf eingelassen? Die einzige plausible Antwort lautet, es sollte in Richtung Moskau ein deutliches Zeichen des Wohlwollens gesendet werden.

In Wien gefällt man sich in der Rolle des Vermittlers zwischen West und Ost. Dahinter verbergen sich diverse dubiose, milliardenschwere Geschäfte mit Moskauer Oligarchen, ergänzt durch zwielichtige Mafia- und Geheimdienstkontakte. Wien, einst Moskaus wichtigstes Spionagezentrum hinter dem Eisernen Vorhang, hat diesbezüglich bis heute nichts an Bedeutung eingebüßt.

Nicht zufällig war Bundeskanzler Karl Nehammer nach dem Kriegsausbruch der erste Regierungschef eines EU-Landes, der bereits Mitte April 2022 Putin in Moskau seine Aufwartung machte. Er ist bis heute der einzige geblieben.

Sein Amtsvorgänger Wolfgang Schüssel hatte erhebliche Mühe, sich nach dem Ukraine-Überfall von seinem mit 100.000 Euro pro Jahr dotierten Aufsichtsratsposten beim russischen Mineralölkonzern Lukoil zu lösen. Und bis Mai 2022 saß die ehemalige österreichische Außenministerin Karin Kneissl im Aufsichtsrat des russischen Mineralölkonzerns Rosneft. Noch im Amt, lud sie 2018 Russlands Präsidenten Wladimir Putin zu ihrer Hochzeit in die Steiermark ein. Nach einem gemeinsamen Tanz machte Kneissl einen tiefen Knicks vor ihm. Es war eine trotzige Demonstration der einflussreichen Position Russlands an der Donau.

Die angebliche österreichische Neutralität ist schon vor langer Zeit dauerhaft in eine prorussische Schieflage geraten. In Wien hat man sich bis heute nicht einmal dazu durchgerungen, eine 1949 im Stadtteil Meidling zu Ehren Stalins angebrachte Gedenktafel abzuhängen.

Sich mit Russland einlassen ist wie eine Kobra tätscheln. Ehe man sich umsieht, ist man schon  gelähmt. Deshalb ist Österreich heute Putins Fürsprecher.

RdP