Starke nationale Identität. Moderne Wirtschaft. Smog- und Krebsbekämpfung. Keine Gewalt gegen Frauen. Eine EU der Vaterländer u. e. m.
Die Regierungserklärung von Ministerpräsident Mateusz Morawiecki, gehalten am 12. Dezember 2017, ist ein kompakter, ganzheitlicher und sehr lebhafter Blick auf die heutige polnische Situation, und zugleich ein Gestaltungsentwurf, der die wachsende Popularität der jetzigen Regierungspartei zu erklären vermag. Eine, wie wir meinen, sehr lohnende Lektüre für alle die mehr vom heutigen Polen verstehen wollen.
Herr Staatspräsident, Herr Präsident, Hohes Haus, liebe Landsleute,
zuerst möchte ich mich bei Frau Ministerpräsidentin Beata Szydło bedanken für die gemeinsamen Jahre harter Arbeit. (Morawiecki war im Kabinett Szydło zugleich stellv. Ministerpräsident, Finanz- und Entwicklungsminister – Anm. RdP).
Die Aufzeichnung der Rede ist hier zu sehen und zu hören.
Frau Ministerpräsidentin, Sie sind und Sie werden ein Symbol bleiben, für jene in der Solidarność-Tradition verhafteten Revolution, die seit 2015 Millionen polnischer Familien ein würdiges Alltagsleben ermöglicht hat. Ich danke Ihnen im Namen der ganzen Regierung für Ihre titanenhafte Arbeit, Ihr Einfühlungsvermögen und für den eisernen Glauben an den Sinn der Erneuerung unseres Landes. Ich freue mich auβerordentlich, dass wir weiterhin gemeinsam für Polen arbeiten werden.
(Frau Szydło war Regierungschefin vom 16.11.2015 bis zum 8.12.2017. Im Kabinett Mateusz Morawiecki bekleidet sie nun den Posten der stellv. Ministerpräsidentin mit dem Geschäftsbereich Sozialpolitik – Anm. RdP).
Das waren zwei gute Jahre für Polen und seine Bürger. Wir haben uns daran gewöhnt, dass all die Veränderungen zum Besseren, dank Ihnen, so zuverlässig durchgeführt wurden. Ich versichere, dass unsere Regierung dieses Werk unermüdlich fortsetzen wird. Frau Ministerpräsidentin, ich danke Ihnen noch einmal!
Die Regierung, an deren Spitze ich mich stelle, ist dieselbe, ihre Handlungsrichtungen, ihre Wegweiser und ihre Werte bleiben dieselben. Es ist eine Regierung der Kontinuität. Wirtschaftliches Gedeihen und Sozialpolitik sind zwei Seiten ein und derselben Medaille. Eine blühende Wirtschaft macht eine groβzügige Sozialpolitik möglich. Wir werden unsere Sozialprogramme nicht nur fortsetzten, sondern sie stärken und weiterentwickeln.
Tradition beflügelt
Der Leitgedanke, der mein gesamtes Tun bestimmt, ist der Ausruf von Stanisław Wyspiański (Dichter, 1869-1907 – Anm. RdP) „Polen, das ist eine groβartige Sache“ (aus dem Drama „Die Hochzeit“ von 1901 – Anm. RdP). Ja, meine Damen und Herren, Polen ist ein übergeordnetes Gut. In der vergangenen Woche hat mir der Herr Staatspräsident die Aufgabe die Regierung zu leiten anvertraut. Das ist eine groβe Ehre für mich.
Polen ist ein stolzer Staat mit groβen Errungenschaften. Ein Land, das vor der Tyrannei des Absolutismus, der Germanisierung, der Russifizierung, des Nazismus und des Kommunismus nicht kapituliert hat. Ein Land, das sich dem Holocaust widersetzte und Glaubenskriege vermieden hat. Ein Land, das nach mehr als einhundert Jahren (1795-1918 – Anm. RdP) der Nichtexistenz wiederauferstanden ist und ein Land, in dem Solidarność entstand.
Meine Absicht ist es, dass die Regierung der Vereinigten Rechten (Recht und Gerechtigkeit plus zwei kleine konservative Parteien – Anm. RdP) eine Regierung des geeinten Polens sein soll. Die Regierung und der Ministerpräsident sollen dem ganzen Land dienen. Es gibt nur ein Polen und das ist unser gemeinsames Gut.
Die Solidargemeinschaft ist ein untrennbarer Bestandteil unserer Tradition. Die Solidargemeinschaft, wenn es in der Vergangenheit darum ging den Generationen polnischer Sibirien-Deportierter zu helfen. Die Solidargemeinschaft, die in Gestalt des Untergrund-Zegota-Komitees unsere jüdischen Mitbrüder (zur Zeit der deutschen Besatzung – Anm. RdP) rettete oder die Solidarność schuf.
Die Stärkung unserer Identität, das Bekenntnis zu unserem groβen nationalen Erbe ist eine Verpflichtung, die wir gegenüber denen einlösen müssen, die für unser Gemeinwesen, die Rzeczpospolita, über Jahrhunderte gewirkt und ihr Blut vergossen haben. Es ist aber auch eine Verpflichtung gegenüber den künftigen Generationen, an die wir unser Erbe, die einzigartige polnische Kultur, unsere Werte, unseren Werdegang, unser Freiheits- und Wahrheitsbegehren weitergeben müssen. Wir können auf unsere Identität nicht verzichten.
In diesem Zusammenhang sei an die Sejm-Abstimmung (vom 17.04.2003 – Anm. RdP) erinnert, in der das Hohe Haus mit neunzigprozentiger Zustimmung den Beitritt zur EU beschlossen hat, aber auch an die mit genauso groβer Zustimmung (am 11.04.2003 – Anm. RdP) verabschiedete Sejm-Erklärung über die Souveränität Polens und die übergeordnete Geltung seiner Gesetzgebung in Angelegenheiten der Ehe, Familie, der Erziehung, des Schutzes des ungeborenen Lebens und der Kultur.
Die Welt sollte mehr erfahren über unseren Beitrag zum Kampf um Freiheit, Gerechtigkeit, um die wichtigsten Werte der westlichen Zivilisation, unseren Kampf gegen das Böse. „Den freien Gedanken, den darfst Du um keinen Preis aufgeben“, rief der Autor der Solidarność-Hymne (der Dichter Jerzy Narbutt, 1925-2011 – Anm. RdP). Diesen Kampf führten tapfere Menschen (…), die unter dramatischen Bedingungen über Jahrhunderte ihre Unbeugsamkeit, ihren Mut und ihre Tapferkeit unter Beweis gestellt haben. (…) Das sind die Helden unserer Freiheit. Ihr Vermächtnis tragen wir in eine bessere Zukunft.
Unsere Geschichte ist kein Ballast
Es gibt nichts Wichtigeres für mich, als das Nachholen all der Verluste und Rückstände, die unser Land in Folge der Teilungen, der beiden Weltkriege und des Kommunismus erlitten hat. Wir haben jetzt eine einmalige Chance dafür und die dürfen wir nicht vertun. Deswegen muss die polnische Politik ehrgeizig sein. Sie darf sich nicht mit dem Strom treiben lassen. Die Regierung ist nicht dazu da, um zu verwalten, sondern sie muss regieren und ehrgeizige Ziele erreichen.
Wir müssen zur Einigkeit finden. Wir müssen uns gegenseitig überzeugen und nicht gegenseitig bezwingen. Wir müssen die Worte unserer Nationalhymne verinnerlichen: Auch „Wenn wir mit dem Säbel streiten, lassen wir uns von der Eintracht und vom Wohl des Vaterlandes leiten“.
Wir sind und wir werden keine Regierung ideologischer Extreme sein. Wir sind genauso weit entfernt vom Neoliberalismus wie vom Sozialismus. Nicht nur deswegen, weil sie versagt haben. Auch deswegen, weil es statt auszuschlieβen und zu verstoβen, besser ist zu vereinigen: den Wettbewerb mit der Zusammenarbeit, das Globale mit dem Lokalen, Europa mit unseren Interessen, das staatliche Handeln mit dem freien Markt. Hier gibt es keinen Widerspruch.
Ich darf Ihnen versichern: unsere Regierung wird sehr ehrgeizig sein, wenn es darum geht Polen zum Besseren zu verändern. Dazu bedarf es der Errichtung eines Zentrums für Strategische Analysen. Wir brauchen eine schlüssige Gesetzgebung und Entscheidungen, die langfristige Entwicklungsstrategien begünstigen. In den letzten fünfundzwanzig Jahren wurden immer mehr und mehr Gesetzte verabschiedet. Wir werden diese Entwicklung aufhalten.
Der Staat bringt sich ins Spiel
Der Staat bringt sich jetzt ernsthaft ins Spiel. Zu den unternehmerisch denkenden und handelnden Wirtschaftstreibenden gesellt sich jetzt ein unternehmerisch denkender und handelnder Staat. Ein so agierender Staat trug bei zum Erfolg von Silicon Valley, zum Durchbruch der israelischen Innovationstechnologien, zu den technologischen Durchbrüchen der südkoreanischen und deutschen Industrie. Wir müssen eine goldene Mitte finden zwischen einem Minimalstaat, der seine Bürger völlig sich selbst überlässt, wie es noch vor kurzem bei uns der Fall war, und einem Staat der schwerfälligen Bürokratie. Wir wollen weder das eine noch das andere.
Wir wollen Polen von Grund auf modernisieren. Ich bin tief davon überzeugt, dass unsere nationale Souveränität und Tradition bei diesen Bemühungen unsere Trümpfe sein werden. Trümpfe und nicht Ballast, wie man uns das noch vor Kurzem einzureden versuchte. Hinter dieser Idee steht die Erkenntnis, dass im heutigen Europa der Interessenwettbewerb eine Schlüsselrolle spielt. Wir wollen unsere nationale Souveränität und Tradition als Trümpfe in diesem Wettstreit um unsere nationalen Interessen einsetzten.
Wir sind Zeugen einer technologischen Revolution, die gleichbedeutend ist mit einer neuen Rollenverteilung in der Weltwirtschaft. Sie darf nicht ohne Polen stattfinden. Es ist die erste technologische Revolution, in der Polen eine ernstzunehmende Rolle spielen kann, auf manchen Gebieten sogar eine führende Rolle. Die heutige Wirtschaftspolitik wird entscheiden, ob Polen in zehn Jahren ein Hersteller von hochentwickelten Technologien sein wird oder weiterhin nur ein Absatzmarkt für ausländische Firmen.
In den letzten zwei Jahren, seit den von uns im Oktober 2015 gewonnenen Wahlen, haben wir die Hände nicht in den Schoβ gelegt. Die britische Agentur FTSE Russell hat Polen als erstes Land der Region zu den entwickelten Staaten gerechnet. Im Jahr 2017 sind zwei Drittel aller neuen Industriearbeitsplätze in der EU in Polen entstanden. Deswegen begann man unser Land als die Fabrik Europas zu bezeichnen.
Großfirmen bauen bei uns technologisch hoch entwickelte Produktionsstätten, Forschungs- und Entwicklungszentren. Wir haben in unserem Teil Europas das umfangreichste staatliche Programm der Förderung von technologischen Startup-Unternehmen. Der Wiederaufbau sowie die Neuerrichtung der Industrie ist eine unserer wichtigsten Aufgaben für den zweiten Teil dieser Legislaturperiode.
Auch in anderen Bereichen gelangen uns Durchbrüche, die als nicht machbar galten. Dazu gehört u. a. die Sicherung unserer Steuereinnahmen. Allein in diesem Jahr (2017 – Anm. RdP) sind die Mehrwertsteuer-Einnahmen um 30 Mrd. Zloty (ca. 7,1 Mrd. Euro – Anm. RdP) gestiegen. Das ist mehr als in den letzten neun Jahren zusammen.
Es ist das Ergebnis unseres Kampfes gegen Steuerbetrüger und Banden, die sich über sogenannte Umstatzsteuerkarussells missbräuchlich bereichern. Wir mussten auf diesem Gebiet die Autorität des Staates wiederherstellen und wir werden diesen Kampf weiterführen. Unter anderem aufgrund dieser Maßnahmen erhielten die Polen in diesem Jahr 70 Mrd. Zloty (ca. 16,5 Mrd. Euro – Anm. RdP) an unterschiedlichen sozialen Transferleistungen.
Klose, Podolski, Lewandowski – die Fähigen laufen uns weg
Die vier apokalyptischen Reiter in unserem Leben das waren: Armut, Arbeitslosigkeit, Wohnungsmangel und ein unzulängliches Gesundheitswesen. Dank unserer Anstrengungen haben die ersten beiden deutlich an Einfluss verloren. Es gibt viel weniger Armut und die Arbeitslosigkeit ist auf dem niedrigsten Stand seit 27 Jahren.
Aber es gibt in diesen Bereichen noch viel zu tun. Wir werden uns nicht auf unseren bisherigen Lorbeeren ausruhen, auch wenn die Lohnentwicklung bei uns inzwischen die rascheste Steigerungsrate seit zehn Jahren erreicht hat. Wir werden weiterhin den Minimallohn anheben. Über die beiden verbleibenden Probleme, fehlende Wohnungen und Defizite im Gesundheitswesen, werde ich noch ausführlich sprechen.
Polen ist ein Teil des Westens. Deswegen muss es globale Bestrebungen haben, darf es keine Konkurrenz und keine Zusammenarbeit scheuen, um der Peripherie, in der wir uns heute befinden zu entkommen. Dazu brauchen wir einen starken Staat, eine starke Identität und die Umwandlung groβer polnischer Firmen in globale Champions.
Worum es geht, kann man gut am Beispiel des Sports veranschaulichen. Wir haben uns schon daran gewöhnt, dass unsere fähigsten Fuβballer sich bereits als Anfänger in westlichen Fuβballschulen einschreiben und dann für die dortigen Klubs, manchmal sogar in dortigen Nationalmannschaften, spielen. Das ist nicht normal.
Was wäre die deutsche Fuβball-Nationalmannschaft ohne Miroslav Klose, schlussendlich, unseren Jungen aus Opole, der die meisten Tore für das deutsche Team geschossen hat. Oder ohne Łukasz Podolski. Gut, dass sie uns wenigstens unseren Robert Lewandowski nicht genommen haben.
Gutes Geld,…
Die Polen sind das Volk, das mit am meisten in Europa arbeitet. Wir arbeiten im Durchschnitt etwa 2.000 Stunden im Jahr. Die Arbeitsproduktivität und die Zahl der durchgearbeiteten Stunden entscheiden heute nicht einzig und allein über den ökonomischen Erfolg.
Wir wollen nicht, dass die Polen am längsten arbeiten. Wir möchten, dass sie effektiv arbeiten und für einen würdigen Lohn. Wir wollen, dass sie mehr Zeit haben für ihre Familien und deswegen müssen wir unseren polnischen Kapitalismus auf westliche Gleise setzen. Das ist das Ziel unserer Entwicklungsstrategie.
Die Ausbildung und das Können junger Polen sind heute das Antriebsrad unserer Innovationsfähigkeit und Modernität. In ihrer Begeisterung, ihrer Neugier auf die Welt, ihrer Bereitschaft es mit den Besten aufzunehmen steckt der Schlüssel zum Erfolg.
Unsere gesamte Arbeit hat keinen Sinn, wenn sie an den Bedürfnissen der jungen Menschen vorbeigeht. (…) Für sie, für Euch lohnt es sich Polen zu verändern. Ich liebe es mit jungen Leuten zu arbeiten. Sie können mit 280 Zeichen jede komplizierte Angelegenheit darstellen. Seien wir nicht blauäugig. Auswärtige werden uns keine starke Wirtschaft errichten.
Die Zahlen sprechen für sich. Der Anteil der Löhne polnischer Arbeitnehmer an unserem Bruttoinlandsprodukt (BIP) beträgt nur 46 Prozent. Das sind zehn Prozent weniger als der EU-Durchschnitt. Wir müssen unseren originären Weg hin zur modernen Wirtschaft einschlagen, wenn wir wollen, und das wollen wir sehr, dass die Polen mehr verdienen.
Deswegen möchte ich in den nächsten Jahren auf einige wichtigste Entwicklungsbereiche setzten. Ich möchte sie hier schildern und das Hohe Haus um ein Vertrauensvotum für unsere Regierung bitten.
…gute Gesundheit,…
Die erste sehr wichtige Aufgabe ist das Gesundheitswesen. Es gibt kein würdiges Leben ohne eine funktionierende Gesundheitsversorgung. Deswegen werden wir die Ausgaben für diesen Bereich in wenigen Jahren zügig auf sechs Prozent des BIP erhöhen.
(Im Augenblick sind es ca. 4 Prozent, womit Polen den fünftletzten Platz in der EU belegt, vor Rumänien, Litauen, Lettland und Zypern. Deutschland – knapp 12 Prozent – Anm. RdP).
Dieser Zuwachs wird vor allem dank der Sicherung des Steueraufkommens möglich sein. Schon in diesem Jahr (2017 – Anm. RdP) haben wir 4 Mrd. Zloty (ca. 950 Mio. Euro – Anm. RdP) mehr ausgegeben um die Wartezeiten auf Termine bei Fachärzten zu verkürzen, den Kauf modernster Ausrüstung für die Krankenhäuser zu ermöglichen sowie zur Erstattung von medizinischen Leistungen, die unsere Vorgänger nicht bezahlt haben. Das ist erst der Anfang.
75 Prozent der Todesfälle in Polen sind eine Folge von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs. Deswegen werden wir zwei Sonderprogramme einführen, die die Vorsorge sowie die Heilung dieser Erkrankungen im polnischen Gesundheitswesen von Grund auf modernisieren sollen.
Als Erstes soll ein Nationales Onkologisches Institut entstehen, wo nicht nur Tumore wirksam behandelt werden sollen, sondern auch Forschung auf diesem Gebiet betrieben werden soll. Als Zweites, das Nationale Programm für Herzgesundheit. Polen haben einen groβen Beitrag in der Entwicklung der Kardiologie geleistet und wir wollen, dass die Kardiologie unser Spezialgebiet bleibt. Vor allem aber wollen wir, dass die Polen erst gar nicht herzkrank werden, es sei denn eventuell aus Liebe.
Diese nationalen Programme, wobei nicht alles „national“ heiβen muss, es kann auch „staatlich“ oder „polnisch“ heiβen, müssen vor allem so funktionieren, dass das für sie vorgesehene Geld effektiv ausgegeben wird. Wir dürfen nicht zulassen, dass neuer Wein in alte Schläuche gefüllt wird.
So wie wir das Steuersystem gegen Missbrauch absichern, so wollen wir im Gesundheitswesen vorgehen. Jeder dort investierte Zloty muss zur Verbesserung der Lebensqualität der Polen beitragen. Davon sollen die Patienten und das Personal profitieren.
Es darf auch keine Privatisierung der Gewinne, aber eine Verstaatlichung der Verluste geben. Die Ausstattung im öffentlichen Gesundheitswesen muss und darf nur dem öffentlichen Gesundheitswesen dienen und nicht windigen Privatinitiativen besonders geschäftstüchtiger „Unternehmer“. Deswegen werden wir der elektronischen Erfassung im Gesundheitswesen oberste Priorität einräumen. Darum wende ich mich an die Ärzte, Krankenschwestern, Hebammen, das Rettungspersonal, an alle die im Gesundheitswesen arbeiten. Werdet ein Teil der guten Wende, die zur Errichtung eines modernen Gesundheitswesens führen soll.
…gute Luft.
In vielen Gegenden Polens, vor allem in Kleinpolen (Region um Kraków – Anm. RdP), in Oberschlesien, aber auch in Masowien (Region um Warschau – Anm. RdP) habe ich Landschaften gesehen, die in dichten, beiβenden Nebel gehüllt waren und Kinder, die auf dem Rückweg von der Schule einen Mundschutz trugen. Saubere Luft ist eine zivilisatorische Herausforderung und das Maβ dessen, ob Polen tatsächlich ein entwickeltes Land ist.
Luft, Wasser, der Boden gehören nicht nur uns, sondern auch den künftigen Generationen und der Zustand in dem wir sie ihnen überlassen stellt uns ein Zeugnis aus.
In Folge des Smogs sterben jedes Jahr 48.000 Polen vorzeitig und der Rauch, der durch die Verbrennung von Müll in Privathaushalten entsteht, steigt nicht nur gen Himmel. Er gelangt in unsere Lungen und in die Lungen unserer Kinder.
Das Smog-Bekämpfungsprogramm ist zugleich ein Vorhaben zur Unterstützung der Ärmsten, die sich keine Wärmedämmung, keine neuen Fenster und Türen, keine sauberen Brennstoffe leisten können. Nur wenn wir die Energiearmut beseitigen, werden wir die Lebensqualität aller Polen verbessern.
Ich möchte mich auch an dieser Stelle bei allen Vorkämpfern für saubere Luft bedanken. Bei den Nichtregierungsorganisationen, den städtischen Bewegungen, die seit einigen Jahren sehr gute Arbeit leisten.
Sehr wichtig ist hier auch die Arbeit der Kommunen. Sie stehen an vorderster Front. Eine gute Zusammenarbeit zwischen der Regierung und den Kommunen ist in diesem Fall von herausragender Bedeutung.
Ich möchte auch kurz auf das wichtige Thema der Sharing Economy eingehen. Das ist ein neuer Denkansatz in der Betrachtung der Umwelt, des sozialen Lebens und der Wirtschaft. Er ist gleichbedeutend mit der Abkehr von der Konzentration auf die eigenen Bedürfnisse hin zur Gemeinschaft und zum Gemeinwohl. Dieser Ansatz geht einher mit der katholischen Soziallehre, mit der Ethik der Solidarność-Bewegung und, darüber freue ich mich sehr, auch mit der Strategie der Europäischen Kommission, was nicht so oft passiert.
Die Nutzen der Sharing Economy liegen auf der Hand: höhere Produktivität, saubere Umwelt, bessere Nutzung der natürlichen Ressourcen und die Schonung unserer Geldbörsen. Das alles machen moderne Technologien möglich.
Erneuerbare Energien: mehr Nutzen, nicht mehr Kosten
Die Kohle ist heute die Grundlage unserer Energiewirtschaft. Wir können und wir wollen auf Kohle nicht verzichten. Das sind wichtige, beruhigende Feststellungen für Oberschlesien und das Dombrowaer Kohlenbecken, aber auch für ganz Polen. Wir planen sehr langfristig einen Umbau in diesen beiden benachbarten Regionen. Modernste, umweltschonende Kohletechnologien gepaart mit einer Ansiedlung anderer moderner Hochtechnologien. Ich bin sehr froh darüber, dass die wichtigsten Gewerkschaftsgremien der beiden Regionen unser Programm akzeptiert haben.
Wir müssen uns aber gleichzeitig um erneuerbare Energiequellen in Polen kümmern. Das ideologische Denken in dieser Angelegenheit lehnen wir rundweg ab. Die Rechnung muss stimmen. Mehr Nutzen, nicht mehr Kosten für die Menschen.
Mehr Nutzen bedeutet auch mehr Energiesicherheit für unser Land. Recht und Gerechtigkeit lag und liegt die Energiesicherheit Polens sehr am Herzen. Das ist die Bedingung für unsere Unabhängigkeit.
Wir sind ihr ein groβes Stück näher gekommen, dank dem Flüssiggas-Terminal in Świnoujście (Swinemünde – Anm. RdP). Er wäre nicht entstanden, ohne den hartnäckigen politischen Einsatz Staatspräsident Lech Kaczyńskis. Unsere Abhängigkeit von Gaseinfuhren aus Russland verringert sich, und wir können davon ausgehen, dass es sie nach 2022 überhaupt nicht mehr geben wird.
Wir bauen unsere Gasinfrastruktur aus, um Polen in ein Drehkreuz der Gasversorgung in unserer Region zu verwandeln. Deswegen bauen wir an der Gasverbindung aus Norwegen über Dänemark zu uns, an der sogenannten Baltic Pipe. Unsere Aufgabe ist es, diese Vorhaben erfolgreich zu Ende zu bringen, und so die Energieunabhängigkeit Polens zu gewährleisten bei niedrigen CO2-Emissionen. Daher rührt unsere positive Einstellung zur Atomenergie. (Polen hat bis jetzt kein einziges AKW – Anm. RdP).
Ich spreche heute viel über Energiefragen. Es ist ein Bereich, bei dem ich auf eine einvernehmliche Zusammenarbeit des gesamten Parlaments hoffe. Gemeinsam müssen wir, klar die polnischen Interessen definieren und eine Entwicklungsstrategie ausarbeiten, die viele künftige Sejm-Legislaturperioden überdauert.
Ein Polen groβer Vorhaben
Und nun einiges zur Infrastruktur. Wir müssen lernen nicht nur in den Kategorien der eigenen Bestrebungen, sondern der gemeinsamen Ziele zu denken. Seit fünfundzwanzig Jahren fahren auf unseren Straßen immer bessere Autos, aber die Straβen wurden immer schlechter und Eisenbahnstrecken wurden stillgelegt.
Das Land ist so, wie die Menschen, die es bewohnen, sagt man. Aber es gibt in diesem Fall eine starke Wechselwirkung. So wie wir Polen gestalten werden, so wird es später unsere Kinder und Enkelkinder formen. Eine Chance auf den Sieg und darauf einen Beitrag in die Schatzkammer der Menschheit einzubringen, haben auf längere Sicht nur die Gemeinschaften, deren Mitglieder es verstehen ihre privaten Ziele mit dem Allgemeinwohl zu verflechten.
Abgesehen von Sportlern und Künstlern, kommt der Erfolg auf der internationalen Bühne nicht im individuellen Bereich zustande. Es sind Nationen und Staaten die ihn davontragen. Darum setzen wir die Akzente auf gemeinschaftliche Strategien, auf ein Polen der groβen Vorhaben.
Dazu gehört der Bau des Zentralen Verkehrsknotenpunktes „Solidarność“ (bis 2027 in Stanisławów, zwischen Łódź/Lodsch und Warszawa/Warschau – Anm. RdP). Das ist der wichtigste Bestandteil unserer Entwicklungsstrategie im Transportwesen. Dieser Knotenpunkt ist eine Chance, sowohl für den Luftverkehr (geplant ist ein Interkontinental-Flughafen für 45 Mio. Passagiere – Anm. RdP) als auch für die Bahn (geplanter Hochgeschwindigkeits-Verkehrskontenpunkt für drei existierende und eine neue Bahnlinie – Anm. RdP), da wir von hier aus die Möglichkeit schaffen werden, zukünftig, sowohl die fahrerlose Bahn als auch den Hyperloop einführen zu können. (In der Nähe, bei Stryków, befindet sich zudem heute das zentrale Autobahnkreuz Polens A1/A2 – Anm. RdP).
Wir wollen weiterhin energisch die Modernisierung und den Ausbau der Häfen in Gdańsk (Danzig – Anm. RdP), Gdynia (Gdingen – Anm. RdP) und Szczecin-Świnoujście (Stettin-Swinemünde – Anm. RdP) betreiben. Nach Jahrzehnten des Planens, Diskutierens und Hinauszögerns wird, aufgrund unserer Entscheidungen, 2018 endlich der Bau des Tunnels beginnen, der den von Polen abgeschnittenen (auf der Insel Uznam/Usedom gelegenen, jetzt nur mit Fähre erreichbaren – Anm. RdP) Westteil von Świnoujście mit dem Festland im Osten verbinden soll. Sowohl dem Hafen, wie auch den Einwohnern von Świnoujście bringt diese Investition eine enorme Entlastung.
All die erwähnten Vorhaben sind wichtige Schritte auf dem Weg zur Wandlung Polens in eines der gröβten logistischen Zentren Europas. Dazu bedarf es eines weiteren forcierten Ausbaus von Straβen und Autobahnen. Es geht vor allem um:
● die Via Carpatia (die streckenweise schon fertige Schnellstraβe S 19 von Litauen, entlang der polnischen Ostgrenze: Białystok – Lublin – Rzeszów in die Slowakei – Anm. RdP),
● die S 3 (von Szczecin/Stettin, entlang der polnischen Westgrenze: Gorzów Wielkopolski/Landsberg a. d. Warthe – Zielona Góra/Grünberg Legnica/Liegnitz nach Tschechien – Anm. RdP),
● die S 7 (von Gdańsk/Danzig, östlich entlang der Weichsel: Elbląg/Elbing – Warszawa/Warschau – Radom – Kielce – Kraków/Krakau – Slowakei – Anm. RdP),
● und die A 1 (Autobahn von Gdańsk/Danzig, westlich entlang der Weichsel: Grudziądz/Graudenz – Toruń/Thorn – Łodź/Lodsch – Oberschlesien – Tschechien – Anm. RdP).
(…) Eines unserer wichtigen Ziele ist die Stärkung der polnischen Unternehmen. Jede Generation der Polen muss aufs Neue mit den Herausforderungen der Modernisierung fertig werden. Als wir vor knapp zwei Jahren unseren Plan der Verantwortungsvollen Entwicklung vorgestellt haben, sagten uns viele, wir hätten die Latte zu hoch gelegt. Es seien unrealistische Träumereien.
Derweil verzeichnete die Wirtschaft Polens im dritten Quartal 2017 ein Wachstum von knapp fünf Prozent, ohne dass sich die Staatsverschuldung erhöht hätte. Das Jahr 2017 wird das erste seit achtundzwanzig Jahren ohne einen Anstieg der Staatsverschuldung sein. (…) Die Wirtschaft läuft gut und die öffentlichen Finanzen sind weitgehend ausgeglichen. Wir verzeichnen eine steigende Zuversicht der Verbraucher und die sozialen Ungleichheiten haben sich deutlich verringert.
Polen muss sich selbst gehören
Doch wir sind in den letzten fünfundzwanzig Jahren in eine enorme Abhängigkeit von ausländischem Kapital geraten. Der französische Starökonom Thomas Piketty prägte den Begriff „foreign owned countries“, der dem Ausland gehörenden Länder.
Bloomberg, die angesehene Agentur für Finanznachrichten, berichtete darüber, wie das westliche Kapital Polen und die anderen ostmitteleuropäischen Staaten kolonisiert hat. In einer solchen Wirklichkeit leben wir und wir stehen deswegen vor einer enormen Herausforderung.
Polen produziert sehr viel, doch von dem was wir herstellen bleibt bei weitem nicht alles in unseren Geldbörsen. Jährlich wandern 70 bis 100 Mrd. Zloty (ca. 17 bis 24 Mrd. Euro – Anm. RdP), also vier bis fünf Prozent unseres Bruttoinlandproduktes ins Ausland ab. Das ist das Ergebnis des Entwicklungsmodells, das unsere Vorgänger bewusst eingegangen sind. Eines falschen Modells, wie wir heute wissen. (…)
Wir sind und bleiben ein Bestandteil des Westens, aber das bedeutet nicht, dass wir dieses Modell weiterhin hinnehmen wollen. Wir wollen ein Polen, das nicht nur ein Gegenstand der Wirtschaftspolitik anderer ist, sondern ein Polen, das seine Wirtschaft bewusst, entsprechend seinen Bedürfnissen, selbst gestaltet. Kein Polen, das auf Dauer in der ökonomischen Peripherie vor sich hindämmert, kein Polen der Niedriglöhne, kein Nachschubgebiet billiger Arbeitskräfte und verlängerter Werkbänke der anderen.
Wir brauchen also den Übergang vom Kapitalismus des Konsums auf Kredit, den ausländische Institutionen bei uns Anfang der neunziger Jahre errichtet haben, hin zu einem Kapitalismus der eigenen Ersparnisse sowie modernster Investitionen. (…)
Liberale Dogmatiker behaupten, dass der Markt keine staatlichen Aktivitäten vertrage. Das ist falsch. Ohne den Staat und seine Institutionen kann sich der freie Markt nicht gegen Korruption, Steuerbetrug, Monopole oder unlauteren ausländischen Wettbewerb behaupten. Ohne effiziente und gerechte Gerichte ist der ehrliche Unternehmer chancenlos wenn er gegen Mafia, Filz und Vetternwirtschaft antreten soll. Deswegen sind für die Wirtschaft Behörden wie das Zentrale Antikorruptionsbüro oder zuständige Abteilungen der Polizei und der Staatsanwaltschaft für Wirtschaftskriminalität so wichtig.
Das papierene Polen muss dem digitalisierten weichen
Wir leben heute in einer zunehmend digitalisierten Welt und die Informatik-Begabung der jungen Polen ist ein wichtiges nationales Gut. Der moderne, unternehmerfreundliche Staat setzt auf die Innovationskraft der Informatikbranche in der Wirtschaft und in der öffentlichen Verwaltung. Nur so können wir Beamte und Bürger entlasten, unser Steuersystem gegen Betrügereien absichern. Das papierene Polen muss dem digitalisierten Polen weichen.
Sehr wichtig dabei ist die Cyber-Sicherheit, denn die modernen Schlachten im Kampf gegen militärische Aggression, Terrorismus und Kriminalität ereignen sich heute im Cyberspace. Dieser Angelegenheit widmen wir schon jetzt sehr viel Aufmerksamkeit.
Unsere Kinder und Enkelkinder sollen ein Polen errichten, nach dem wir uns sehnen. Wir haben die Bildungsreform durchgeführt, weil das vorherige Modell nicht funktionsfähig war. Die dreijährigen Gymnasien (eine Zwischenstufe zwischen der sechsjährigen Grundschule und dem dreijährigen Lyzeum – Anm. RdP) wurden abgeschafft. Die Rückkehr zum zweistufigen Modell (achtjährige Grundschule, vierjähriges Lyzeum – Anm. RdP) ab dem 1. September 2017 wurde von der Mehrheit der Eltern und Schüler sehr positiv aufgenommen. Alle Proteste und Unkenrufe sind inzwischen verstummt.
Unsere wichtigste Aufgabe besteht jetzt darin, das von unseren Vorgängern sträflich vernachlässigte Berufsschulwesen wieder herzurichten, und zwar so, dass es den Erwartungen des Marktes entspricht. Die Zeiten, als die einzige Hoffnung junger Polen die Auswanderung war, gehen zu Ende. Wir tun alles in unserer Macht stehende, damit junge Polen Arbeit in Polen finden. Keine Zeitarbeit, keine ewigen Werkverträge, sondern feste Anstellungen mit anständiger Bezahlung. Dieser Wandel ist bereits in vollem Gange.
Die Reform des Hochschulwesens und der Forschungsinstitute steht uns erst bevor. Das geplante Forschungsnetzwerk Łukasiewicz (Ignacy Łukasiewicz, 1822-1882, polnischer Chemiker, Erfinder der Petroleumlampe, Pionier der Erdölgewinnung in Europa – Anm. RdP) wird eines der gröβeren in Europa werden. Die polnische Wissenschaft muss einen gröβeren Beitrag zur Modernisierung des Landes leisten, aber sie muss gleichzeitig auch die nationalen Eliten formen. Die Diskussion über diese Reform ist in vollem Gange, die entsprechenden Gesetzentwürfe liegen dem Parlament vor.
Bauernwohl und Sicherheit
(…) Laut Verfassung haben wir eine soziale Marktwirtschaft und nicht die antisoziale, wie sie bei uns nach dem Ende des Kommunismus fünfundzwanzig Jahre lang praktiziert wurde. Erst seit zwei Jahren kann in Polen die Rede von einer sozialen Marktwirtschaft sein.
Dazu gehört auch der Dialog mit den Sozialpartnern, den Gewerkschaften und den Arbeitgebern. Ich möchte mit allem Nachdruck unterstreichen, dass der Rat des Sozialen Dialogs weiterhin der Ort sein wird, an dem wir gemeinsam optimale Problemlösungen für Wirtschaft und Sozialleben ausarbeiten werden.
Im Bereich der Landwirtschaft wollen wir uns darum bemühen, dass unsere Bauern, nach dreizehn Jahren polnischer EU-Zugehörigkeit, endlich genauso hohe Direktzahlungen bekommen wie ihre Kollegen in Westeuropa (Aktuell erhalten polnische Landwirte 86 Prozent des EU-Durchschnitts – Anm. RdP).
Heute bereitet uns vor allem die Afrikanische Schweinepest groβe Sorgen. Sie kommt aus dem Osten und hat bereits die Weichsel überschritten. Wir werden alles tun, um sie aufzuhalten.
Wir werden weiterhin das polnische Agrarland vor dem Ausverkauf an hiesige und internationale Spekulanten schützen (Seit dem 1.05.2016 gilt ein in dieser Hinsicht sehr restriktives Gesetz, u. a. kann nur wer selbst Landwirtschaft betreibt Agrarland kaufen – Anm. RdP).
Wir haben hervorragende Agrarprodukte. Es ist wichtig, dass sie als polnische Markenprodukte auf die europäischen und auβereuropäischen Tische gelangen.
Mit umfangreichen Investitionen wollen wir weiterhin den Bau von Wasserleitungen und modernen Straβen auf dem Land fördern sowie dafür sorgen, dass jede polnische Gemeinde Zugang zum Breitbandinternet bekommt.
Seit zwei Jahren öffnen wir wieder die von unsren Vorgängern in groβer Zahl geschlossenen Polizeistationen auf dem Land. Die Sicherheit unseres Landes und unserer Landsleute zu gewährleisten, ist eine der vorrangigsten Aufgaben, die sich die Regierung von Recht und Gerechtigkeit gestellt hat. Dank dessen sind neunzig Prozent der Polen der Meinung, man fühle sich sicher in unserem Staat. Alle Soldaten, Polizisten, Feuerwehrleute und die Beamten aller Sicherheitsbereiche seien an dieser Stelle versichert, dass der Staat zu ihnen steht.
„Die Schönheit wird uns retten“
Wir stehen an vorletzter Stelle in der EU was die Anzahl der Wohnungen pro tausend Einwohner angeht. Es fehlen bis zu vier Millionen Wohnungen. (…) Seitdem wir an der Regierung sind, stellen wir brachliegende staatliche Grundstücke der Armee, der Post, der Bahn kostenlos für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung.
Einige erste Tausend im Rahmen dieses Vorhabens gebaute Wohnungen werden 2018 in ganz Polen fertig sein. Hunderttausende von Menschen, die zu arm sind, um einen kommerziellen Wohnungsbaukredit zu bekommen, zugleich aber zu viel verdienen, um von der Sozialhilfe Wohnraum zugeteilt zu bekommen, sollen in der Zukunft, dank unserem Programm, eine bezahlbare Bleibe haben. Egal was passiert, gerade dieses Projekt werden wir stetig ausweiten und mit aller Kraft vorantreiben. (…)
Gleichzeitig müssen wir dringend für eine bessere Raumordnung und Ästhetik, die Schonung unserer Landschaft sorgen. Die aktuelle Situation auf diesem Gebiet kann nicht mehr hingenommen werden. „Die Schönheit wird uns retten“, sagte einmal der britische Schriftsteller und Philosoph Roger Scruton. Deswegen wird das Institut für Stadtplanung und Architektur 2018 allgemein verbindliche Richtlinien ausarbeiten. Unseren Kindern und Enkelkindern müssen wir ein gepflegtes und ästhetisch durchdacht gestaltetes Polen überlassen.
Frauen helfend zur Seite stehen
Meine Frau und ich besuchen oft Kinderheime. Ich habe aus nächster Nähe das Leid von drangsalierten Kindern und ihren Müttern gesehen. Wir haben gleich am Anfang unserer Regierungszeit Regelungen durchgesetzt, die verhindern, dass Kinder den Eltern nur deswegen weggenommen werden, weil zu Hause materielle Not herrscht.
Sobald jedoch Gewalt im Spiel ist, muss der Staat eingreifen. Es kann nicht sein, dass malträtierte Frauen mit Kindern vor der Gewalt aus der eigenen Wohnung flüchten müssen. Es kann nicht sein, dass wegen Nachlässigkeit der Gerichte solche Frauen ihren Peinigern jahrelang im Verhandlungssälen begegnen müssen. Gewalt gegen Frauen ist eine Pathologie. Sie hat nichts zu tun mit unserer Kultur und Tradition, in der die Achtung der Frau tief verwurzelt ist.
Die Gewährleistung der Chancengleichheit für Frauen und Männer ist nicht nur unsere Pflicht, sie ist schlicht und einfach ein Gebot menschlicher Solidarität. Die Rolle der Frau und ihre Situation, vor allem wenn sie Mutter ist, gestaltet sich meistens nicht einfach. Wir Männer müssen unseren Schwestern, Töchtern, Ehefrauen und Müttern helfend zur Seite stehen.
Polen gehört heute zu den EU-Staaten, in denen die Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern mit am geringsten ausfallen (Eurostat 2016: Polen 6,4 Prozent, Deutschland 21,6 Prozent, EU-Durchschnitt 16,4 Prozent – Anm. RdP). Dennoch gibt es noch viel zu tun in diesem Bereich. Chancengleichheit wird es nur dann geben, wenn wir noch mehr dafür tun, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu gewährleisten.
Schwangerschaft und Geburt, das Leben von Mutter und Kind, müssen einen wirksamen Schutz genieβen. An neuen diesbezüglichen Standards wird bereits gearbeitet, auch was die Linderung von Geburtswehen angeht.
Junge Menschen laufen zwar schneller, aber die älteren kennen den Weg besser. Ein wichtiges Maβ der Reife eines Staates ist sein Umgang mit den schwächsten Mitgliedern der Gesellschaft. Die Achtung vor dem Alter gebietet es, dass wir aus den Erfahrungen unserer Eltern und Groβeltern schöpfen und alles tun, damit sie am täglichen Leben in vollem Umfang teilnehmen können. Dasselbe gilt für Menschen mit Behinderung. Hierfür ist unser umfassendes Programm Wohlwollendes Polen vorgesehen.
Für ein Europa der Vaterländer
(…) Wir befinden uns an einem Wendepunkt des europäischen Projektes. Nachdem sich vor zehn Jahren eine schwere Krise durch die europäische und die Weltwirtschaft gewälzt hatte, mussten viele wichtige Bezugspersonen und viele als gesichert geltende Behauptungen ihren Rückzug antreten. Behauptungen wie: das Kapital habe keine Nationalität, Ungleichheiten sind gut, die Industrie sei ein Überbleibsel des 19. beziehungsweise des 20. Jahrhunderts, je schwächer der Staat umso besser.
Europa ist immer noch dabei sich von dieser Krise zu erholen. Es sucht nach neuen Wegen und neuen Ideen. Die Zukunft des europäischen Vorhabens steht auf dem Spiel. Wir wollen keine EU zweier Geschwindigkeiten. Wir wollen keine neue Spaltung und das Abhängen einiger Staaten. Wir sind nicht einverstanden damit, dass es ein Europa der Besseren und der Schlechteren geben soll.
Immer öfter wird jemand in Europa bevorzugt, und das sind nicht die Schwächeren, sondern die Stärkeren. Liebes Europa, der polnische Baustein passt hervorragend ins europäische Puzzle, aber man darf ihn nicht mit der falschen Seite einfügen oder mit Gewalt einschieben. Wer das tut, der zerstört sowohl das ganze Bild, wie auch unseren Baustein.
Die Umverteilung von Immigranten hat sich nicht bewährt. Es bedarf anderer Lösungen und wir wollen an dieser Diskussion teilnehmen. Europa muss zu den authentischen Werten zurückkehren. Jeden Tag hören wir das Mantra von den europäischen Werten, die meistens gar nicht mehr benannt werden, weil sie, blickt man auf die einst vertretenen Positionen, heute im Widerspruch zu sich selbst stehen, zum natürlichen Recht, zu den traditionellen Werten.
Wir haben auf die europäische Agenda das Thema der Bekämpfung von Steuerparadiesen innerhalb der EU gesetzt. Polen tritt heute energisch dafür ein, die Errichtung des europäischen Binnenmarktes zu Ende zu bringen und die volle Dienstleistungsfreiheit einzuführen. Durch unsere Erfolge bei der Bekämpfung der Umsatzsteuerkarussell-Betrügereien haben wir eine EU-weite Diskussion über dieses Problem entfacht. Die dadurch in der gesamten EU verursachten Verluste werden auf 160 Milliarden Euro jährlich geschätzt. Das ist mehr als der EU-Haushalt.
Die Wälder sind unser Reichtum. Das verstehen am besten die Forstleute, die sich um sie hervorragend kümmern, wofür ich ihnen danken möchte. Ich möchte daran glauben, dass auch die EU-Behörden das Beste für die Natur in Polen wollen. Ich möchte daran glauben.
Da wir die Urteile des Gerichtshofes der Europäischen Union respektieren, werden wir seinem Urteil folgen. (Hierbei geht es um den Białowieża-Wald und die Bekämpfung der Borkenkäferplage. Die Hauptverhandlung hat am 12.12.2017 stattgefunden. Das Urteil wird im April 2018 erwartet – Anm. RdP)
Die EU muss das hegen und pflegen, was sie zu einem groβen Vorhaben und einem groβen Erfolg gemacht hat – das Europa der Vaterländer: reich durch seine Vielfalt, beruhend auf dem Dialog, auf gegenseitiger Achtung und Zusammenarbeit. Polen will ein Verfechter guter Veränderungen in der EU sein und sich tatsächlich, und nicht rein formell, an den Entscheidungsfindungen beteiligen. (…)
Die USA sind unser wichtigster Verbündeter
In den letzten zwei Jahren haben wir die Sicherheit Polens bedeutend gestärkt. Die praktische Umsetzung der Beschlüsse des Warschauer Nato-Gipfels (am 8.-9.07.2016 – Anm. RdP), die Anwesenheit verbündeter Streitkräfte und amerikanischer Truppen in Polen, der Ausbau der militärischen Infrastruktur sind ein deutliches Zeichen dafür, dass Polen auf die Unterstützung seiner Alliierten bauen kann.
Wir streben jetzt danach, die Vorhaben der Nato und der EU weitestgehend auf einander abzustimmen. Deswegen haben wir aktiv an der Warschauer Erklärung über die Nato-EU-Zusammenarbeit mitgewirkt. Deswegen beteiligen wir uns an der neu geschaffenen Ständigen Strukturierten (militärischen – Anm. RdP) Zusammenarbeit der EU (Pesco – Anm. RdP).
Doch die Nato ist und bleibt das Fundament unserer Sicherheit und die Vereinigten Staaten sind unser wichtigster Verbündeter.
Wir wollen die groβ angelegte Modernisierung der polnischen Armee dazu nutzen unsere Industrie zu stärken. Die Armee und die Verteidigungspolitik müssen für den Transfer der Produktion von Hochtechnologien nach Polen sorgen.
Wir werden an der Stärkung der Zusammenarbeit der Staaten unserer Region arbeiten. Das betrifft besonders die Visegrád-Gruppe (Polen, Ungarn, Tschechien, die Slowakei – Anm. RdP) und die Dreimeere-Initiative (Staaten Ostmittel- und Südostmitteleuropas, die zwischen der Ostsee, der Adria und dem Schwarzen Meer liegen – Anm. RdP). Wir wollen unsere Beziehungen zur Ukraine, zu Litauen und zu Georgien vertiefen, aber da bedarf es auch des Willens der jeweils anderen Seite.
Der tragisch verstorbene Staatspräsident Lech Kaczyński war der Meinung, dass die Kraftquelle Polens in Mitteleuropa sprudelt. Nur ein Polen mit einer eigenen Regionalpolitik, im engen Bündnis mit den USA und in enger Zusammenarbeit mit den Staaten Mitteleuropas kann ein gewichtiger EU-Partner sein. Kein Gegenstand, sondern ein Mitgestalter der internationalen Beziehungen.
Er war überzeugt, dass sich Polen ehrgeizigen Zielen stellen solle, wie der Mitgliedschaft in der Gruppe der 20, dem Mitgestalten der EU, Polen solle eine Säule der Nato sein, die Dreimeere-Initiative mit anführen.
Kommt zurück aus der Fremde!
(…) Unser Volk, das sind nicht nur die Bürger der Rzeczpospolita, die in Polen leben. Das sind auch die Polen, die über die ganze Welt verstreut sind, von denen hoffentlich so viele wie möglich zurückkommen werden. Wir werden jedenfalls die staatlichen Repatriierungsvorhaben intensivieren. Insgesamt leben sechzig Millionen Polen auf der Welt (davon ca. 38 Mio. in Polen – Anm. RdP). Als Regierung haben wir Verpflichtungen ihnen allen gegenüber und sie alle haben Verpflichtungen gegenüber ihrem Land.
Andere Staaten werden von uns mit unserem wertvollsten Gut beschenkt: mit unseren Landsleuten, unseren Maurern, Ingenieuren, Klempnern, Lehrern, Ärzten, Informatikern. Wir wollen das nicht. Wir wollen für sie, für Euch hier arbeiten.
Ich glaube daran, dass das was Ihr im Westen sucht, Ihr auch in Polen finden werdet. Ihr könnt hier glücklich und sicher leben. Ihr könnt hier stetig besser verdienen und eine kreative Arbeit finden. Von hier aus möchte ich Euch bitten: Lasst uns gemeinsam ein modernes, starkes und vermögendes Polen aufbauen.
Die Auswanderer haben sich von dem Gedanken leiten lassen: dort ist meine Heimat, wo es mir gut geht. Für unsere Zukunft ist wichtig, dass sich das Prinzip durchsetzt: es geht mir dort gut, wo meine Heimat ist. Dieses „Gutgehen“ bedeutet nicht nur materiellen Wohlstand. Dazu gehören auch eine gepflegte Umgebung, Sicherheit, Herzlichkeit im Umgang miteinander, geistige und kulturelle Werte und ein gerechtes, effektives Justizwesen.
Ein erklärtes Ziel unserer Regierung ist eine gröβtmögliche Zahl von Polen zur Rückkehr in die Heimat zu bewegen, egal ob aus London oder aus Kasachstan.
Einige persönliche Bemerkungen
Hohes Haus,
am Ende noch einige persönliche Bemerkungen. Mein Vater ist hier anwesend. (Kornel Morawiecki, geboren 1941, Physiker, nach Verhängung des Kriegsrechts in Polen am 13.12.1981 lange Jahre als Untergrundaktivist der Solidarniość tätig. Seit 2015 Sejm-Abgeordneter – Anm. RdP). Er hat mir beigebracht, dass der andere Mensch, dass Freiheit, Solidarität und Gerechtigkeit das Wichtigste sind. Ich danke Dir, dass Du mir das vermittelt hast.
Ich will auch meiner Mutter danken, einer stillen Heldin der Solidarność und der Heldin meines tagtäglichen Lebens. Während der vielen Dutzend Verhöre durch die kommunistische Staatssicherheit hat nichts so sehr weh getan, keine Drohungen, keine Erpressungen, keine anderen höchst unangenehmen Verhörmethoden, wie das Drohen, meinen Nächsten könnte etwas zustoβen.
Uns zum Nutzen, Gott zu Ehren
Hohes Haus,
es nähert sich (am 11. November 2018 – Anm. RdP) der 100. Jahrestag unserer Unabhängigkeit. Nach den 123 Jahren der Dreiteilung war Polen wohl das einzige Land der Welt, in dem es, neben den unendlich vielen anderen Unterschieden, die sich in dieser langen Zeit angehäuft hatten, sowohl den Links- wie den Rechtsverkehr gab. Wer in den Anfängen unserer modernen Unabhängigkeit von Kraków (im ehemals österreichischen Teilungsgebiet – Anm. RdP) nach Warschau (im ehemals russischen Teilungsgebiet – Anm. RdP) fuhr, der musste zuerst auf der linken, dann auf der rechten Straβenseite fahren. Dennoch wurde schnell eine gemeinsame Lösung, ein Kompromiss gefunden. Können wir heute einen Kompromiss finden? Ich denke ja.
Meine Damen und Herren Abgeordnete,
unser Programm, das ist der Wille eine Rzeczpospolita zu errichten, die stolz sein kann auf ihre Wirtschaftsleistung, ein Land finanziell abgesicherter Familien, ein Land, das von anderen bewundert und geachtet wird, das die Früchte unser aller Arbeit gerecht verteilt.
Wir müssen die Temperatur der politischen Auseinandersetzung senken. Es gab einst (zur Zeit des Januaraufstandes 1863-1864 gegen die russische Teilungsmacht – Anm. RdP) bei uns die Spaltung in „Weiβe“ (Liberal-Gemäβigte – Anm. RdP) und „Rote“ (Befürworter des bewaffneten Kampfes – Anm. RdP). Wie damals sollten wir diese verheerende Spaltung verwerfen. Wir sind nicht weiβ und wir sind nicht rot. Wir sind weiβ-rot. Wir sind eine weiβ-rote Mannschaft.
Unser Papst Johannes Paul II. sagte, dass die Freiheit uns nicht gegeben, sondern aufgegeben worden ist. Wir haben sie heute glücklicherweise und sie ist für uns, vor allem, eine groβe Aufgabe und eine groβe Verpflichtung.
Jeder von uns hat einen Traum, ein Ziel, das ihn vorantreibt. Ich denke, dass wir alle von einem sicheren, starken, gerechten Polen träumen. Ich möchte diesen Traum gemeinsam mit Ihnen verwirklichen.
Krzysztof Kamil Baczyński (geboren 1921, Dichter, fiel im Warschauer Aufstand 1944 – Anm. RdP) rief aus: „Aus unseren Armen, so oder so, wird wie ein Vogel das freie Polen steigen empor“. Und ich füge hinzu: Ein solidarisches Polen, ein rechtschaffendes, gerechtes Polen, zu unserem Nutzen, dem Nutzen der künftigen Generationen und Gott zu Ehren.
(Übersetzung und Zwischentitel von der RdP-Redaktion)
RdP