Polen oder die Freiheit, mit Bargeld zu zahlen

Bis jetzt wird sie erfolgreich verteidigt.

Unter den vielen Gedenk- und Aktionstagen, die es auch in Polen gibt, wird am 16. August der Tag des Bargeldes begangen. Im Jahr 1794 wurden an diesem Datum die ersten polnischen Banknoten in Umlauf gebracht.

Die Umstände waren, wie so oft in der polnischen Geschichte, dramatisch.  Seit Mitte März 1794 kämpfte das russisch besetzte Restpolen um seine Existenz. Unter der Führung von General Tadeusz Kościuszko stellte sich das gemeine Stadt- und Landvolk an der Seite der wenigen regulären Truppen gegen die preußische, russische und österreichische Übermacht. Vorausgegangen war die zweifache (1772 und 1793) Zerstückelung Polens durch Preußen, Russland und Ӧsterreich (1.Teilung) sowie Preußen und Russland (2. Teilung).

Unter den ersten polnischen Banknoten war auch ein Einzlotyschein

Nach einigen wenigen gewonnenen Schlachten geriet der Aufstand immer mehr in die Defensive. Mitte Juli 1794 begann die zweimonatige, vorerst erfolgreich abgewehrte preußisch-russische Belagerung Warschaus. Weil es in der Stadt kein Gold und Silber mehr gab, um Münzen zu prägen, ließ der Oberste Nationale Rat Banknoten im Wert von 5 und 10 Groszy sowie 5, 10, 25, 50, 100, 500 und 1000 Zloty drucken. Insgesamt waren damals knapp elf Millionen Papierzloty, „gedeckt durch nationale Güter”, wie es hieß, in Umlauf und gewährleisteten so den Zahlungsverkehr.

Den ersten polnischen Banknoten war nur ein kurzes Dasein beschieden.  Auf die Niederlage und Kapitulation des Aufstandes im November 1794 folgte im Januar 1795 die dritte Teilung und damit das staatsrechtliche Ende Polens für 123 Jahre.

Die zum Portemonnaie greifende Minderheit und ihre Rechte

Am Tag des Bargeldes gibt es keine Feierlichkeiten, aber er bietet bargeldfreundlichen Politikern und Medien die Gelegenheit, auf die Notwendigkeit hinzuweisen, möglichst alle Münzen und Scheine in vollem Umfang beizubehalten. Das ist erforderlich, denn auch in Polen gibt es immer wieder viel diskutierte Überlegungen und Vorstöße gegen das Bargeld.

Im Jahr 2022 wurden in Polen 52,9 Prozent aller Zahlungen im Einzelhandel mit Karte und 46,4 Prozent bar getätigt. Somit befindet sich die elektronische Zahlungsweise eindeutig auf dem Vormarsch, umso mehr aber pocht die vorzugsweise zum Portemonnaie greifende Minderheit auf ihre Rechte.

Bargeldverteidigung. Plakat

Aus ihrer Sicht wird mit jeder Bargeldreduzierung dem Bürger die Möglichkeit geraubt, sich staatlicher Kontrolle zu entziehen. Bargeldtransaktionen schützen die Privatsphäre. Banknoten und Münzen sind außerdem die einzigen Geldformen, die ohne einen Vermittler gehalten werden können. Mit ihnen bezahlt man nicht nur in Echtzeit, sondern hat auch ständig die Kontrolle darüber, wie viel Geld ausgegeben wird. Es gibt keine bessere Art, finanzielle Disziplin zu üben, als zu sehen, wie die Geldbörse immer dünner wird.

Bargeldverteidigung. Buch. Titel: „Bargeld ist Freiheit“ Darunter: „Warum lohnt es sich, mit Bargeld zu bezahlen und elektronisches Zahlen einzuschränken?“. Autor: Rafał Ganowski.

An eine völlige Abschaffung des Bargeldes wird in Polen zwar nicht gedacht, sehr wohl gibt es aber immer wieder amtliche und privatwirtschaftliche Ideen, die zu einer schleichenden teilweisen Verdrängung des Bargelds führen würden.

Die Kleingelddebatte

Bereits 2009 und 2013, zu Zeiten der Tusk-Regierung, erwog die damalige Leitung der Polnischen Nationalbank (NBP), die Ein-, Zwei- und Fünfgroszymünzen aus dem Umlauf zu nehmen. Die Herstellungskosten überstiegen ihren Nominalwert. Den Menschen seien sie angeblich nur lästig, zu Hause wurden sie in Gläsern, Dosen, Kästchen und Schachteln gehortet. Die kleinen Münzen verschwinden zudem massenhaft auf Nimmerwiedersehen in Ritzen, Schlitzen, Fugen und Spalten von Möbeln, Autos und Gehwegen.

Angesichts der vielen „krummen Preise” bemängelt der Einzelhandel jedoch immer wieder das Fehlen des Kleingeldes. Allein im Jahr 2022 hat die Nationalbank 319 Millionen Eingroszy-, 42 Millionen Zweigroszy- und 109 Millionen Fünfgroszymünzen nachgeliefert. Geschätzt müssten allein 5,5 Milliarden Eingroszymünzen im Umlauf sein, doch ein beachtlicher Teil davon schlummert dauerhaft in den Haushalten und in der Natur vor sich hin.

In der damaligen Kleingelddebatte wurde auch auf die Beispiele Tschechiens, der Slowakei (noch vor der Einführung des Euro) und Ungarns verwiesen. Die Tschechen rangierten zwischen 2003 und 2007 ihre Zehn-, Zwanzig- und  Fünfzighellermünzen aus, die Slowaken die ersten beiden und die Ungarn alle Filler- sowie die Ein- und Zweiforintmünzen.

Letztendlich überwog in Polen die Angst davor, der Handel würde massenweise die Preise aufrunden und so die Inflation befeuern. Um Kosten zu sparen, ersetzt die Nationalbank seit März 2014 bei der Herstellung des kleinsten Hartgeldes das teure Manganmessing durch messingbeschichteten Stahl, ohne das Aussehen der Münzen zu verändern.

Wer bar bezahlte, sollte Schuldgefühle haben

Bis Ende 2015 wurde von offizieller Seite der bargeldlose Zahlungsverkehr eindeutig bevorzugt. Vorhaben des Handels, der Banken und verschiedener Dienstleister, durch Einschränkungen und Nachteile die „uneinsichtige” Bargeldkundschaft von ihrem „leidigen” Hang abzubringen, wurden von staatlicher Seite wohlwollend hingenommen, obwohl heute noch knapp 60 Prozent aller über sechzigjährigen Polen keine Kreditkarten benutzen.

Bargeldverteidigung. Plakat. Oben: „Lasst uns das Bargeld verteidigen“. Darunter (1. Handyzeile): „Bank Deiner Zukunft“, links unten „Konto gesperrt“, rechts unten Name des Inhabers: „Jan Sklave“

Unter diesem Trend zu leiden hatten vor allem ältere, arme, weniger gebildete Menschen, die zum Beispiel nicht mehr wie früher ihre Mieten, Gas- und Stromrechnungen direkt und ohne Provision an den Schaltern der Wohnungsgenossenschaften bezahlen konnten. Diese Schalter wurden geschlossen und wer online zahlte, bekam einen Rabatt. Kunden ohne Karte und Homebanking konnten sich an den Postschaltern anstellen, wo für jede Überweisung hohe Gebühren kassiert werden. Hier und da gab es Geschäfte, die Kartenzahlern kleine Rabatte einräumten, und solche, die sie am Eingang ausdrücklich willkommen hießen. Wer bar bezahlte, war lästig, sollte womöglich Schuldgefühle haben.

Die Bargeldbefürworter und ihre Erfolge

Die Lage änderte sich nach dem Wahlsieg der Nationalkonservativen im Herbst 2015 und der Wahl ihres Kandidaten, Prof. Adam Glapiński im Juni 2016 zum Präsidenten der Polnischen Nationalbank. Glapiński ist ein eindeutiger Bargeldbefürworter. Während die Europäische Zentralbank den Fünfhunderteuroschein aus dem Verkehr zog, brachte Glapiński Anfang 2017 den Fünfhundertzlotyschein in Umlauf. Immer wieder sprach er sich auch gegen die Benachteiligung von Bargeldzahlern aus.

Nationalbankpräsident Adam Glapiński

Gekrönt wurde Glapińskis Engagement durch eine von ihm angeregte Novelle zum Finanzdienstleistungsgesetz (Ustawa o usługach płatniczych), die der Sejm im August 2021 verabschiedete.

Sie besagt:

  1. Der Verkauf von Waren und Dienstleistungen darf nicht von einer bargeldlosen Zahlung abhängig gemacht werden.
  2. Die Annahme einer Barzahlung bis zu 5.400 Zloty (ca. 1.200 Euro – Anm. RdP) darf nicht verweigert werden.
  3. Es dürfen keine Gebühren auf Barzahlungen erhoben und keine Preisunterschiede zwischen Bar- und Kartenzahlungen gemacht werden.

Ausnahmen sind: Geschäfte im Internet, Orte, an denen ein Verkauf ohne Personal stattfindet, Massenveranstaltungen, bei denen vorher auf die Ausschließlichkeit bargeldloser Zahlungen hingewiesen wurde.

Einen weiteren Sieg konnten die Bargeldbefürworter Mitte Juni 2023 davontragen. Im umfangreichen Regelwerk zu einem Wirtschaftsförderungsprogramm brachten Beamte des Finanzministeriums Ende 2022 diskret zwei Bestimmungen unter, die die Verwendung von Bargeld deutlich eingeschränkt hätten.

Justizminister Zbigniew Ziobro setzt sich für das Bargeld ein

Zum einen sollte das Limit für Bargeldgeschäfte von 15.000 Zloty (ca. 3.300 Euro) auf 8.000 Zloty (ca. 1.800 Euro) gesenkt werden. Zum anderen war geplant, bei Geschäften, deren Gesamtwert 20.000 Zloty (ca. 4.400 Euro) übersteigt, auch wenn die Zahlungen regelmäßig unbefristet getätigt werden (z.B. beim Mieten von Wohnungen), nur das Zahlen per Überweisung, Dauerauftrag oder Einzugsermächtigung zu erlauben.

Das Vorhaben rief Justizminister Zbigniew Ziobro auf den Plan. Auf sein Betreiben wurden beide Bestimmungen bei der Verabschiedung des Förderprogramms durch den Sejm verworfen. Die alten Limits blieben in Kraft.

Plakat. „Verteidige das Bargeld“.

Auch in Polen erheben sich zahlreiche Stimmen, das Recht auf Bargeldzahlungen in der Verfassung zu verbriefen und so dem Beispiel der benachbarten Slowakei zu folgen, die den Euro seit 2009 als Zahlungsmittel verwendet. Das Land macht sich Sorgen, die geplante Einführung des digitalen Euro könnte der Anfang vom Ende des Bargeldes sein. Doch beim genaueren Hinschauen erweist sich das slowakische Vorbild als sehr fraglich. Denn es wurde dort eine Verfassungsbestimmung geschaffen, die sich selbst widerspricht. Während das Recht des Käufers auf Barzahlung geschützt wird, wird zugleich dem Verkäufer die Möglichkeit eingeräumt, die Annahme von Bargeld aus legitimen Gründen, die sich sehr weit auslegen lassen, zu verweigern.

Ob Ӧsterreich und die Schweiz, wo es ähnliche Absichten gibt, es besser machen werden? In Polen jedenfalls ist an eine Verfassungsänderung vorerst nicht zu denken. Die „totale” Opposition, wie sie sich selbst nennt, die aus Prinzip wahl- und ausnahmslos alles, was die nationalkonservative Regierung tut, ablehnt, würde auch in diesem Fall die Zusammenarbeit verweigern. Und für eine Verfassungsänderung braucht es auch in Polen eine Zweidrittelmehrheit.

Tatsache bleibt, dass die Freiheit, mit Bargeld zu bezahlen, ein kostbares Gut ist, das man wachsam im Auge behalten muss. Wie zum Beispiel in Polen.

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© RdP




Euro? Nein! Lieber ein neuer Zloty-Schein

Die 500-Zloty-Banknote und ihre Deutungen.

Wenn es eines weiteren Beweises für die Unabhängigkeit der Polnischen Nationalbank bedurfte, so liefert sie dieser Geldschein. Gegen den ausdrücklichen Willen der nationalkonservativen Regierung brachte Polens Zentralbank die 500-Zloty-Note in Umlauf. Bisher war der 200-Zloty-Schein die gröβte Einheit.

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Nationalbankpräsident Prof. Adam Glapiński.

 

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Stellv. Wirtschaftsminister Tadeusz Kościnski,

„Sehr geehrter Herr Präsident,

in Anbetracht der aktuellen ökonomischen Bedürfnisse Polens, möchte ich Sie höflichst darum ersuchen, noch einmal die Notwendigkeit abzuwägen, die 500-Zloty-Banknote in Umlauf zu bringen, eventuell diese Banknote nur für den Zahlungsverkehr zwischen den Banken zuzulassen.“

Der stellv. Wirtschaftsminister Tadeusz Kościnski, Autor dieses Schreibens, machte es publik, um so die Wichtigkeit des Regierungsanliegens zu unterstreichen. Doch der Empfänger, Prof. Adam Glapiński, im Juni 2016 von der regierenden Mehrheit zum Präsidenten der Polnischen Nationalbank gewählt und einst enger politischer Weggefährte Jaroslaw Kaczyńskis, lieβ sich in der Ausübung seiner neuen Funktion nicht beirren.

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Politische Kampfgefährten Jarosław Kaczyński und Adam Glapiński (beide Bildmitte) 1993.

 Nationalbank kämpft nicht

Polens nationalkonservative Regierung unter Beata Szydło hat der Wirtschaftskriminalität den Krieg erklärt. Kaum eine Woche vergeht, ohne dass eine neue Bande von Mehrwertsteuerbetrügern, illegalen Zigarettenherstellern oder Kraftstoffschmugglern dingfest gemacht wird. Die Verluste, die diese Leute den Staatsfinanzen zufügen, erreichten Millionen von Euro.

Neue Regulierungen und Verfahren, eine drastische Erhöhung der Strafen für den ganz groβen Steuerbetrug (bis zu 25 Jahre Haft), die Verschmelzung von Steuerverwaltung und Zoll zu einer Behörde, sollen diese Vergehen eindämmen, die Staatseinnahmen erhöhen helfen. Ein Indiz dafür, dass der Kampf Erfolg hat, ist der legale Verkauf von Kraftstoffen, der zwischen Januar 2016 und Januar 2017 einen Anstieg um 24 Prozent (!) verzeichnete.

Eine weitere Bekämpfungsmethode ist die Eindämmung des Bargeldverkehrs. Seit dem 1. Januar 2017 dürfen in der Wirtschaft alle Zahlungen von mehr als 15.000 Zloty (ca. 3.500 Euro) nur noch per Überweisung getätigt werden. Bis zu diesem Zeitpunkt lag das Limit bei einem Gegenwert von 15.000 Euro (ca. 64.000 Zloty).

„Trotz der dynamischen Entwicklung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs“, so Kościński in seinem Brief an den Nationalbankpräsidenten weiter, „u.a. beim Einkaufen mit kontaktlosen Bank- und Kreditkarten, hat sich in den letzten sechs Jahren der Wert des sich im Umlauf befindlichen Bargeldes beinahe verdoppelt, auf fast 180 Mrd. Zloty (ca. 42 Mrd. Euro – Anm. RdP).“

Und mit der Einführung des 500-Zloty-Scheins dürfte diese Geldmenge weiterhin schnell steigen.

Fälschen fällt schwer

Der neue Geldschein ist hervorragend gesichert durch Hologramme, diverse Wasserzeichen, einen Sicherheitsfaden, er wechselt, gegen das Licht betrachtet, seine Farbe u. e. m.

Generell, so die Polnische Nationalbank, fällt die Zahl gefälschter Banknoten kontinuierlich. Im Jahr 2016 wurden 3,6 Falsifikate pro eine Million Banknoten im Umlauf festgestellt. Zwischen 2012 und 2015 waren es noch fünf bis acht. Seit der Verbesserung der Sicherheitsmerkmale beim Druck der 10-, 20-, 50-, 100- und 200-Zloty-Scheine ab April 2014, befinden sich weniger Fälschungen auf dem Markt. Die älteren, leichter zu fälschenden Geldscheine verschwinden allmählich.

Schwach, stärker, am stärksten

Auf der neuen 500-Zloty-Banknote ist König Jan III. Sobieski zu sehen. Dieser polnische Monarch stand 1683 an der Spitze eines polnischen Entsatz-Heeres, das in der Schlacht bei Wien das damalige Mitteleuropa vor dem Einfall und der Besetzung durch eine riesige türkische Invasionsarmee gerettet hatte. Einen Grund, hierin etwa eine tieferliegende Bedeutung in Zeiten des Emigranten-Ansturms aus Nahost und Afrika zu suchen, gibt es jedoch nicht.

Złoty banknot 500 zł Jadwiga fot.
Der 500-Zloty-Schein von 1994 mit Königin Jadwiga kam nicht in den Umlauf.

Bereits 1995 lagen schon einmal 500-Zloty-Scheine ausgabebereit in den Tresoren der Polnischen Nationalbank, doch sie wurden nicht in Umlauf gebracht. Im Jahr 1995 nämlich erlebte Polen eine Umstellung, bei der jeweils zehntausend alte Zloty durch einen neuen ersetzt wurden. Bis dahin rechneten die Polen nur noch in Hunderttausenden und Millionen. Damals gab es keine Münzen mehr, dafür achtzehn verschiedene Banknoten, von denen die höchste einen Nennwert von zwei Millionen Zloty hatte.

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Der Zweimillionen-Zloty-Schein von vor der Umstellung auf neue Zloty 1995.

Die Umstellung von 1995 war Ausdruck dafür, dass das Land die hochinflationäre Entwicklung aus den ersten Jahren der Marktwirtschaft überwunden hatte. Im Jahr 1989 betrug die Inflation in Polen 251 Prozent, im Jahr der Währungsumstellung 1995 immerhin noch 27 Prozent, 2005 – 2,1 Prozent. In den Jahren 2015 und 2016 herrschte eine Deflation, die Preise fielen um 0,9 bzw. 0,6 Prozent.

Der Name „Zloty“, der vielen Ausländern Rätsel aufgibt, heiβt übrigens auf Deutsch nichts anderes als „der Goldene“ („Gulden“) und leitet sich von Gold (polnisch: złoto) ab. Es war die Währung des Königreiches Polen vom 14. bis zum 18. Jahrhundert.

Złoty marka polska fot.
Zehn Millionen Polnische Mark von 1923. Bald darauf durch den Zloty ersetzt.

Danach war Polen 123 Jahre lang, bis 1918, dreigeteilt. Erst 1924, im sechsten Jahr der Unabhängigkeit, bekam das Land seinen Zloty wieder. Er ersetzte die Polnische Mark (Marka Polska), die die Deutschen 1916 in Umlauf brachten, nachdem sie während des Ersten Weltkrieges den russischen Teil Polens mit Warschau besetzt hatten. Die Einführung des Zloty 1924, der eine Goldparität hatte (1 Zloty = 0,1687 Gramm Gold = 1.800.000 Polnische Mark) beendete in Polen die Zeit der Hyperinflation nach dem Ersten Weltkrieg und das damit verbundene Währungschaos.

Seit der Umstellung von 1995 (10.000 alte Zloty = 1 neuer Zloty) erwies sich die polnische Währung, bis heute, als sehr stabil. Von kurzzeitigen Ausschlägen nach oben oder unten abgesehen, erhält man seither immer um die vier Zloty für einen Euro.

Złotówka Andrzej Heirdich fot.
Graphiker Andrzej Heidrich .

Entworfen hatte die Noten von 1995, der Warschauer Graphiker Andrzej Heidrich (1928-2019), der auch den neuen Fünfhunderter konzipiert hat. Heidrich war ebenfalls ein leidenschaftlicher Gestalter neuer Briefmarken. Hergestellt werden die Banknoten in der Polnischen Staatlichen Wertpapierdruckerei AG (Polska Wytwórnia Papierów Wartościowych Spółka Akcyjna – PWPW SA) in Warschau.

Mehr über die interessante Geschichte dieser Wertpapierdruckerei und die exotischen Druckaufträge für Banknoten, die sie erhält, lesen Sie bitte hier.

Bei der Währungsumstellung von 1995 kamen 10-, 20-, 50,- 100- und 200-Zloty–Scheine in Umlauf. Der Modus, also der statistisch am häufigsten gezahlte Lohn, betrug damals in Polen etwa 500 Zloty (ca. 115 Euro). Die Ausgabe eines 500-Zloty-Scheines erachtete man in Anbetracht dessen als verfrüht. Heute, da der Modus fast genau 1.700 Zloty (nach Abzug der Sozialabgaben, vor Steuern) d.h. ca. 400 Euro beträgt, sah die Nationalbank die Zeit des 500-Zloty-Scheins für gekommen.

Mehr zu den Löhnen in Polen lesen Sie bitte hier.

Jadwigas Verbannung

Doch die 1995 vorbereitete Banknote kam nicht auf den Markt, aus zwei Gründen. Zum einen war der Fälschungsschutz nach mehr als zwanzig Jahren nicht mehr zeitgemäβ. Zum anderen befand sich auf dem Schein das Konterfrei der Königin Jadwiga (Hedwig) und das hätte die Chronologie auf den polnischen Geldscheinen durcheinandergebracht.

Złoty banknot 10 zł fot.

Die braune 10-Zloty-Note schmückt das Portrait des polnischen Staatsgründers, Fürst Mieszko I. (945-992).

 

 

 

Złoty banknot 20 zł fot.

 

 

 

Auf dem roten 20-Zloty-Schein wurde Bolesław I. der Tapfere (967-1025), der erste gekrönte König Polens platziert.

Złoty banknot 50 zł fot.

 

Auf dem blauen 50-Zloty-Schein ist Kasimir III. der Groβe (1310-1370) zu sehen. Der letzte Herrscher aus der Piasten-Dynastie, der, wie ein geflügeltes Wort verkündet „zastał Polskę drewnianą, a zostawił murowaną” („ein hölzernes Polen vorfand und ein gemauertes hinterlieβ”) und das Land in eine europäische Groβmacht verwandelte.

Złoty banknot 100 zł fot.Vom grünen 100-Zloty-Schein blickt Władysław I. Jagliełło (1362-1434). Der heidnische litauische Fürst lieβ sich taufen, heiratete in Kraków die junge Königin Jadwiga (Hedwig) und wurde König von Polen. Die so begründete Jagiellonen-Dynastie regierte das Land während der nächsten knapp zweihundert Jahre. Die damals entstandene polnisch-litauische Union überdauerte die nächsten vierhundert Jahre. In die Geschichte ging der König vor allem als der Sieger über den Deutschen Orden bei Grunwald (Tannenberg) im Jahr 1410 ein.

Złoty banknot 200 zł fot.Die Gelbe 200-Zloty-Note wurde mit dem Portrait Sigismund I. dem Alten (1467-1548) versehen. Die Zeit seiner Herrschaft (41 Jahre) wird als das goldene polnische Zeitalter beschrieben. Die wirtschaftlich blühende, militärisch starke polnisch-litauische Adelsrepublik reichte damals von der Ostsee bis ans Schwarze Meer.

Złotówka 500 złotych fot.
Neu im Umlauf. Der 500-Złoty-Schein.

Seit dem 8. Februar 2017 hat sich nun zu den fünf Banknoten ein sechster Geldschein, mit dem Konterfei König Jan III. Sobieskis (1629-1696), hinzu gesellt. Der Verzicht auf die ursprüngliche 500-Zloty-Note mit Königin Jadwiga (1374-1399), der späteren Ehefrau Władysław Jagiełłos (zu sehen auf dem 100-Zloty-Schein) glich somit der endgültigen Verbannung der einzigen Frau aus dem polnischen Bargeldumlauf.

Bar auf die Hand

Und der Bargeldumlauf wächst. Allein 2016 vergröβerte er sich um 200 Millionen Stück auf ca. 1,9 Milliarden. Banknoten Anfang 2017. Dabei tätigen die Polen, unverändert, knapp 80 Prozent aller ihrer Einkäufe mit Bargeld. Im Umlauf befinden sich inzwischen 1,2 Milliarden. 100-Zloty-Scheine und 250 Millionen 200-Zloty-Noten. Letztere waren noch vor wenigen Jahren eine Rarität, jetzt stiegt die Nachfrage jedoch schnell. Deswegen mussten die Fünfhunderter her. Etwa 50 Millionen Stück von ihnen sollen vorerst den Bargeldumlauf anreichern.

Je mehr Geldscheine benötigt werden, umso gröβer die Herstellungskosten. Allein Im Jahr 2016 bezahlte die Polnische Nationalbank 250 Millionen Zloty (ca. 58 Mio. Euro) für das Gelddrucken. Das ist nicht wenig, auch wenn der Gewinn, den Polens Zentralbank 2016 an den Staatshaushalt abführte, 8 Milliarden. Zloty (ca. 1,9 Mrd. Euro) betrug. Von daher ist die Überlegung denkbar einfach: der Druck eines 500-Zloty-Scheins kostet viereinhalbmal weniger als der Druck von fünf 100-Zloty-Scheinen.

Die Entwicklung in Polen läuft damit allerdings in die entgegengesetzte Richtung als in der Euro-Zone, wo der 200-Euro-Schein eine Seltenheit geworden ist und es den 500-Euro-Schein bald nicht mehr geben soll. Andererseits ist gerade Polen, was den Wert seines gröβten Geldscheines angeht, im Vergleich zu anderen europäischen Ländern, weit zurückgeblieben.

In Tschechien findet man eine 5.000-Kronen-Note, die 800 Zloty wert ist. In Dänemark gibt es 1.000 Kronen und in Kroatien 1.000 Kuna, beide jeweils im Gegenwert von 600 Zloty. Der 1.000 Schweizer Franken Schein ergibt umgerechnet ca. 4.000 Zloty.

Bloβ keinen Euro

Aufmerksame Beobachter sehen in der 500-Zloty-Schein-Einführung ein weiteres Indiz dafür, dass Polen in absehbarer Zeit der Euro-Zone nicht beitreten wird. Das Land hat sich zwar, wie alle anderen Kandidaten, mit dem EU-Beitritt 2004 verpflichtet den Euro zu übernehmen, doch es gibt keinen festgelegten Termin hierfür. Jedes Land, wenn es die Beitrittskriterien erfüllt, entscheidet über den Zeitpunkt selbst.

Doch bis zu 70 Prozent der Polen sprechen sich, laut Umfragen, kontinuierlich dagegen aus, und die neue nationalkonservative Regierung hat, gemäβ ihren Wahlkampf-Versprechungen, jegliche Vorbereitungen auf die Währungsumstellung aus der Tusk-Zeit beendet.

Spürbare Preiserhöhungen für Lebensmittel und Dienstleistungen bei den nächsten Nachbarn, der Slowakei und Litauen, die den Euro 2010 bzw. 2015 eingeführt haben, nähren in Polen die Ablehnung des Euro. Polnische Grenzregionen werden an jedem Wochenende von einer großen Zahl einkaufswilliger Litauer und Slowaken besucht, für die in Polen praktisch alles billiger ist. Vor der dortigen Euro-Einführung fuhren die Polen zum billigeren Einkaufen zu ihnen über die Grenze.

Abschreckend wirkt die Aussicht für die Rettung griechischer Banken aufkommen zu müssen. Auβerdem fördert in schweren Zeiten die Abwertung des Zloty den Export. Zudem kann das Land seine Leitzinsen, nach Bedarf, selbst festlegen.

Fazit der Regierenden: der Euro kommt erst dann, wenn Polen wenigstens 80 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung erreicht, was frühestens in eineinhalb Jahrzehnten eintreten könnte.

Der neue Fünfhunderter hat also eine Zukunft.

© RdP