Ohne Kohle erfriert Polen

Mit der Kohleknappheit ist nicht zu spaßen.

Drei Jahrzehnte lang hat Polen seine Steinkohleförderung fortlaufend verringert. So lange, bis der heimische Bergbau zwar noch den Bedarf der Energiewirtschaft deckte, aber es nicht mehr genug Kohle für die privaten Haushalte gab. Sie mussten ihre Wohnungen und Häuser mit russischer Importkohle heizen. Seit Beginn des Ukraine-Krieges fordert das seinen Tribut.

Der Krieg hat die Energiepreise durch die Decke schießen lassen. Das wichtigste Hinweiszeichen für eine Treibstoffkrise ist in der Regel der Ölpreis. Heute kostet ein Barrel der Sorte Brent annährend 90 Dollar, während er vor fünf Jahren noch halb so viel gekostet hat.

Viel gefährlicher sind jedoch im kommenden Winter die Preissteigerungen beim Erdgas, das aufgrund der selbstmörderischen Abhängigkeit Europas von russischen Lieferungen um mehrere hundert Prozent pro Megawattstunde gestiegen ist. Im August vor einem Jahr wurden an der polnischen Strombörse für eine Megawattstunde knapp über 200 Zloty (ca. 43 Euro) gezahlt, während sich der Gaspreis Mitte Juli 2022 auf 800 Zloty (ca. 170 Euro) zubewegte. Das zeigt, mit welchen Herausforderungen Polen konfrontiert werden wird, wenn draußen die Temperatur unter Null sinkt.

Glücklicherweise dürfte es in Polen nicht an Gas mangeln, vor allem dank der fast zu einhundert Prozent gefüllten Speicher und der geplanten Inbetriebnahme der Baltic Pipe-Pipeline im Herbst.

Verlauf der Baltic Pipe-Erdgasleitung aus Norwegen nach Polen.

Die Regierung hat zudem bereits verschiedene Sicherheitspolster in Form von Steuerbefreiungen und Verbrauchssteuersenkungen vorbereitet, aber mit niedrigen Preisen ist definitiv nicht zu rechnen. In diesem Winter könnten sich die Energie- und Heizkosten für viele Menschen als erhebliche finanzielle Belastungen erweisen.

Flüssiggasterminal in Świnoujście/Swinemünde.

Vor lauter Sorge um die steigenden Gas- und Ölpreise wurde lange Zeit außer Acht gelassen, was zeitgleich mit der Kohle geschah, insbesondere mit der Steinkohle, die von drei Millionen polnischen Haushalten zum Heizen verwendet wird. Deren Preis ist ebenfalls stark angestiegen, und außerdem wurde bald deutlich, dass es einen Engpass geben wird. Der Hauptgrund dafür ist das Embargo für Kohleimporte aus Russland und Weißrussland vom April 2022, das Polen als Reaktion auf die russische Aggression gegen die Ukraine verhängt hat.

Es schien, dass diese politisch korrekte Entscheidung die polnische Energiesicherheit nicht gefährden würde. Schließlich ist Polen der größte Produzent von Steinkohle in der Europäischen Union, und somit sollte es uns daran nicht mangeln. Das Gegenteil ist jedoch der Fall.

Vergeudete Zeit

Das Angebot an Steinkohle in Polen nimmt stetig ab, was nicht verwundert, da die Kohleförderung seit Jahren rückläufig ist: 1979 wurden in Polen 200 Millionen Tonnen Kohle gefördert, 1989 waren es 177 Millionen Tonnen, 2008 nur noch 84 Millionen Tonnen. Danach noch weniger. Im Jahr 2021 belief sich die Steinkohleförderung auf rund 55 Millionen Tonnen, wovon der größte Teil an die Industrie ging: an Stahlwerke, Kraftwerke und Heizkraftwerke. Einige dieser Anlagen verwenden auch Braunkohle, deren Verfügbarkeit, nach der Rettung der Grube Turów im Dreiländereck Polen-Tschechien-Deutschland, kein großes Problem darstellt.

Bergmann. Briefmarke von 1923.

Der Rückgang des Kohlebergbaus steht in direktem Zusammenhang mit der europäischen Politik der Dekarbonisierung, die nach dem EU-Beitritt Polens beschleunigt wurde und nun zu einer Schlüsselstrategie der EU geworden ist. Polnische Bergwerke wurden geschlossen, weil die Kohle durch andere, umweltfreundlichere Energiequellen ersetzt werden sollte.

Daraus ist nicht viel geworden. Obwohl die Verpflichtung zur Dekarbonisierung seit langem bekannt war, verging viel Zeit, in der keine nennenswerten Schritte unternommen wurden, um eine Alternative zur Kohle zu schaffen. Im Jahr 2013 kündigte die Regierung Donald Tusk an, dass Polens erstes Kernkraftwerk 2024 in Betrieb genommen werden soll. Doch die deutschen Atomphobien führten schnell dazu, dass der berlinhörige Donald Tusk, der sich ohne Angela Merkels Unterstützung seinen Traum, EU-Ratspräsident zu werden, hätte abschminken müssen, den Bau des AKWs auf Eis legte.

Bergmann bei der Arbeit. Briefmarke von 1947.

Erst nach 2015, unter der Regierung von Recht und Gerechtigkeit, wurde ernsthaft an konkreten Plänen zum Einsatz der Kernenergie gearbeitet. Die unter Tusk verschwendete Zeit und das anderweitig ausgegebene Geld konnten nun jedoch nicht mehr zurückgeholt werden. Es wird noch ein paar Jahre dauern, bis Polen sein erstes AKW ans Netz anschließen kann.

Auch bei der Entwicklung erneuerbarer Energien (EE) war die Vorgängerregierung nicht besonders eifrig. Im Jahr 2015, zu dem Zeitpunkt, als sie die Macht abgab, betrug die Gesamtkapazität aller erneuerbaren Energien 6.970 MWh, während sie Ende 2020 bei 9.978 MW lag. Und obwohl, wie diese Zahlen zeigen, die Nationalkonservativen entgegen der landläufigen Meinung erneuerbare Energien entwickelt haben, können diese beim derzeitigen Stand der Technik nur eine Ergänzung und nicht die Grundlage des polnischen Energiemixes sein.

Steinkohlebergbau. Briefmarke von 1951.

Zur polnischen Energieversorgung gehört auch Erdgas, auf das die Deutschen eine starke Wette abgeschlossen hatten, deren Ergebnis heute bekannt ist. Glücklicherweise ist es der Tusk-Regierung seinerzeit nicht gelungen, Polen in ähnlicher Weise von russischen Lieferanten abhängig zu machen, obwohl es Bemühungen gab, den Vertrag mit Gazprom bis 2037 zu verlängern. Dessen Laufzeit wurde schließlich, auf Betreiben der EU, auf 2022 begrenzt und ist, statt im Oktober, aufgrund der Embargo-Bestimmungen bereits im April ausgelaufen. Die Fertigstellung des Flüssiggashafens in Świnoujście/Swinemünde und der forcierte Bau der Ostseepipeline von Norwegen über Dänemark nach Polen haben das Land vor der russischen Erpressung durch Einschränkung der Gaslieferungen bewahrt.

Bergmann bei der Arbeit. Briefmarke von 1952.

Die Energiewende der Regierung Tusk beschränkte sich also hauptsächlich auf den Ausstieg aus der Kohle, im Einklang mit den EU-Richtlinien, aber gleichzeitig wurden keine konkreten Maßnahmen ergriffen, um die Kohle zu ersetzen.

Die noch in Betrieb befindlichen Bergwerke in Schlesien und der Region Lublin sind gegenüber ausländischen Importen nicht wettbewerbsfähig. Der Abbau ist teuer, die Kohle befindet sich in großer Tiefe und vielerorts unter städtischen Gebieten. Fast überall besteht auch ein hohes Risiko von Methangasexplosionen. Es ist kein Wunder, dass der polnische Bergbau gegenüber dem kostengünstiger zu betreibenden, ausländischen Tagebau ins Hintertreffen geraten ist. Es ist unmöglich, die Produktion ohne großen finanziellen Aufwand zu steigern. Aber warum sollte man sie auch steigern, wenn, wie geplant, alle Bergwerke bis 2049 geschlossen werden sollen?

In einer Briefmarkenserie zum zehnten Jahrestag der Volksrepublik Polen (1954) durfte das Motiv Steinkohlebergbau auf keinen Fall fehlen.

Kohle-Odyssee

Gegenwärtig deckt die polnische Steinkohle vor allem den Bedarf der heimischen Industrie und der Stromerzeugung. Hier besteht keine Gefahr, dass es zu einem Versorgungsengpass kommen wird, obschon der Preis für die aus dieser Kohle gewonnene Energie natürlich steigen wird. Zum einen aufgrund der von der EU erhobenen Gebühren für Kohlendioxid-Emissionen, zum anderen aufgrund des weltweiten Preisanstiegs infolge der Energiekrise und der gestiegenen weltweiten Nachfrage nach Kohle.

Die derzeitigen Probleme mit der Verfügbarkeit von Kohle in Polen betreffen daher vor allem verschiedene lokale Heizwerke und private Verbraucher, die ihre Wohnungen und Häuser mit Kohleöfen heizen. Dabei handelt es sich zumeist um bedürftige Menschen, die bisher die billigere und leichter zugängliche importierte Kohle kauften. Nach Ansicht von Fachleuten ist diese auch kalorienreicher und außerdem weniger mit Schwefel verunreinigt als polnische Kohle.

Die sozialen, ökonomischen und politischen Ausmaße des Problems sind daran erkennbar, dass 87 Prozent der in der gesamten EU in privaten Haushalten verfeuerten Steinkohle auf Polen entfallen. Etwa 5 Millionen Gebäude werden in Polen mit Steinkohle beheizt.

Eintausend Jahre Bergbau in Polen. Briefmarken von 1961.

Kohleimporte haben sich in den letzten Jahren zu einem sehr lukrativen Geschäft entwickelt. Nach offiziellen Angaben wurden im Jahr 2021 insgesamt 12,55 Millionen Tonnen Steinkohle nach Polen eingeführt. Im Rekordjahr 2018 – sogar 19,3 Millionen Tonnen (gegenüber 3,4 Millionen Tonnen im Jahr 2005). Gleichzeitig fanden nur zwei Prozent der importierten Kohle industrielle Abnehmer wie Kraftwerke und Wärmekraftwerke. Fast die gesamte Importkohle ging in die privaten Haushalte.

Den verfügbaren Daten zufolge verbrauchen sie in Polen jährlich 15 Millionen Tonnen Kohle. Auf diese Weise entstanden zwei parallele Kohlekreisläufe: Die aus dem heimischen Bergbau stammende Förderung ging an die Industrie, während die importierte Kohle die Haushalte versorgte, die schließlich fast vollständig von ihr abhängig geworden sind.

Der größte Teil der importierten Kohle kam aus Russland, mit insgesamt 38 Millionen Tonnen zwischen 2016 und 2019. Das entsprach mehr als 60 Prozent der Importe. Weitere Lieferungen in dieser Zeit kamen aus den USA, Kolumbien, Kasachstan, Tschechien, Mosambik und Australien. Der klare Vorteil der russischen Kohle lag darin, dass sie Polen auf dem Schienenweg erreichte, was viel billiger war als die Lieferungen auf dem Seeweg. Gleichzeitig war, nach Ansicht von Experten, eine bessere Qualität des Rohstoffs garantiert. In den Laderäumen der Schiffe zerbröckelt Kohle angeblich leichter und verliert an Wert.

Fröhlicher Bergmann aus Anlass des 25. Jahrestages des Bestehens der Volksrepublik Polen.

Es überrascht also nicht, dass das Embargo für russische Kohlelieferungen im April 2022 für Aufregung im Markt sorgte. Im Mai 2022, d.h. nachdem das Embargo bereits in Kraft war, wurden noch 640.000 Tonnen Kohle nach Polen importiert, ein Jahr zuvor hingegen waren es 1,5 Millionen Tonnen. Inzwischen gibt es keinen Kohleimport aus Russland mehr. Das bedeutet, dass der relativ billige Rohstoff plötzlich verschwunden ist und nicht mehr genügend Kohle zur Verfügung stand. Haushalte sahen sich plötzlich mit einem ernsten Problem konfrontiert, weil ihnen für den Winter der Brennstoff, den sie sich oft bereits im Frühjahr und Sommer beschaffen, fehlte.

Die Regierung ließ wissen, dass die Lieferung von 8 Millionen Tonnen Steinkohle aus anderen Rohstoffgebieten bereits sichergestellt sei, aber die Auswirkungen dieser Bemühungen werden noch auf sich warten lassen. Das gilt umso mehr, als die Einfuhr von Kohle auf dem Seeweg einen höheren Aufwand erfordert. In erster Linie ist der Transportweg länger. Auch handelt es sich um Lieferungen mit großen Tonnagen, die nicht in jedem polnischen Hafen gelöscht werden können. Anschließend muss die Kohle auf Züge umgeladen werden.

Hinzu kommt, dass die Eisenbahn heute nicht mehr in der Lage ist, Kohle in jeden Winkel Polens zu befördern, vor allem, nachdem unter der Tusk-Regierung mehrere Tausend Kilometer Gleise stillgelegt wurden. Daher muss die Kohle erneut umgeladen, dieses Mal auf Lastwagen, und anschließend verpackt werden. Erst dann kann man sie zum Verkauf anbieten. Dieses Beispiel verdeutlicht im Übrigen, wie schädlich die Politik der Demontage der polnischen Eisenbahninfrastruktur war.

Der Steinkohlebergbau als Stolz der Partei. Briefmarke von 1971 zum 6. Parteitag der regierenden Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei.

Jede Etappe dieser Kohle-Odyssee ist mit zusätzlichen Kosten verbunden, die sich natürlich auf den Endpreis auswirken. Heute muss man für eine Tonne Importkohle fast 1.500 Zloty (ca. 320 Euro) bezahlen (vor einem Jahr waren es etwa 300 Zloty, also ca. 64 Euro). Das Problem liegt jedoch nicht nur darin, dass Kohle teuer geworden ist, sondern auch darin, dass der einzelne Kunde sie phasenweise nirgendwo kaufen kann. Denn es gibt immer noch nicht genug davon.

Kampf um die Zukunft

Um die Knappheit zu beheben, hat die Regierung versucht, den Verkauf von Kohle aus polnischen Bergwerken für den Eigenverbrauch zu erhöhen, was aber bisher nicht viel gebracht hat. Obwohl die Minen einen kleinen Teil ihrer Produktion zum freien Verkauf angeboten haben, ist der Rohstoff schnell verschwunden. Medienberichten zufolge wird die Kohle von Spekulanten gekauft, die sie dann zu einem viel höheren Preis weiterverkaufen. Deren Gewinnspanne, so wird geschätzt, könnte dreimal so hoch liegen.

Die von der Regierung vorgeschlagene Kompensation für diejenigen Kohlelager, die den Rohstoff zu einem Höchstpreis von 996 Zloty (ca. 210 Euro) pro Tonne für einen Haushalt verkaufen, scheiterte ebenfalls, da sie sich für viele Händler als unrentabel erwies. Schließlich wurde die sogenannte Kohlebeihilfe in Höhe von 3.000 Zloty (ca. 640 Euro) beschlossen, die als einmalige Leistung an Haushalte ausgezahlt wird, deren Hauptheizquelle ein Festbrennstoffherd (Steinkohle, Briketts usw.) ist. Berechnungen zufolge werden die Subventionen den Staatshaushalt mit insgesamt 11,5 Milliarden Zloty (ca. 2,5 Milliarden Euro) belasten.

Briefmarke von 2006 zum 25, Jahrestag der blutigen Niederschlagung (9 tote Bergleute) des Proteststreiks in der oberschlesischen Grube „Wujek“ gegen die Verhängung des Kriegsrechts und das Verbot der Gewerkschaft „Solidarność“ am 13. Dezember 1981.

Wenn alles gut läuft, könnte das entsprechende Gesetz bald vom Sejm verabschiedet werden, d.h. wenn die Kohlekrise, die für die Opposition ein willkommenes politisches Reizthema ist, die Ausarbeitung der Pläne für die geplanten Subventionen nicht lähmt. Die postkommunistische Linke hat bereits angekündigt, dass sie gegen das Gesetz stimmen wird, weil die Vorschläge der Regierung nicht nur keine Preiserhöhungen verhindern, sondern auch Haushalte, die mit anderen Wärmequellen beheizt werden, benachteiligen würden.

Viele Nutzer von Kohleöfen sind bereit, dem zuzustimmen, denn bei ständig steigenden Preisen sind Subventionen keine Garantie für niedrigere Heizkosten. In der Wintersaison werden durchschnittlich fünf Tonnen Kohle benötigt, um ein Haus zu beheizen, vor allem, wenn das Haus nicht richtig isoliert ist. Solange eine Tonne Kohle 300 Zloty kostete, musste man für den ganzen Winter 1.500 Zloty bezahlen. Inzwischen sind dies die Kosten für eine Tonne Kohle. Wenn die Preise weiter steigen, könnte die Situation für viele Menschen, trotz Subventionen, im Winter sehr schwierig werden.

Das ist eine große Herausforderung für die Regierung, zumal die Krise die Geringverdiener am härtesten trifft, also vor allem die Wählerschaft von Recht und Gerechtigkeit. Es ist zu erwarten, dass die Opposition versuchen wird, die gegenwärtigen Schwierigkeiten für ihren Kampf um die Macht im Lande zu nutzen, auch wenn viele dieser Probleme das Ergebnis früherer Versäumnisse während der eigenen Regierungszeit sind. In diesem Sinne ist der Kampf um die Kohle auch ein weiterer Teil des politischen Kampfes um die Zukunft Polens.
© RdP




26.07.2022. »Schmuddelkind« Polen bleibt bei der Kohle

Dieses Ereignis darf man, gerade aus polnischer Sicht, nicht einfach so, kommentarlos verstreichen lassen. Angesichts der von Putin ausgelösten Energiekrise und der Befürchtung von Engpässen bei der Gasversorgung besinnen sich Deutschland, Holland, Österreich, die größten Eiferer des Klimatismus, der Kohle.

Ja, sagen sie, das ist aus klimapolitischer Sicht schmerzhaft, aber notwendig. Schließlich können wir nicht riskieren, unsere Industrie zu beschädigen, wir können keinen wirtschaftlichen Zusammenbruch, keinen sinkenden Lebensstandard, keinen Winter ohne Heizung hinnehmen.

Es ist eine verständliche Haltung. Als jedoch Polen, wo immer noch drei Viertel der Energie aus Stein- und Braunkohle gewonnen werden, jahrelang das Argument der Kosten der Energiewende vorbrachte, wurde nur mit den Schultern gezuckt. „Das ist euer Problem“, hieß es, und es wurde die Nase gerümpft. „Nehmt euch ein Beispiel an uns. Kaum Kohle, kaum Kernkraft. Bald werden wir unsere Wirtschaft, die drittgrößte der Welt, nur noch klimaschonend mit Wind, Sonne und russischem Erdgas am Laufen halten“, tönte es aus Deutschland.

Die Schrittmacher des Klimatismus hörten nicht hin, als sie aus Polen darauf hingewiesen wurden, dass das nicht so einfach geht, dass die Wirtschaft zusammenzubrechen und die Lebenshaltungskosten in die Höhe zu schießen drohen. Das „Kohle-Schmuddelkind“ Polen wurde von seinen europäischen Erziehern in die Ecke geschickt und sollte sich schämen. Seine Probleme waren nicht ihre Probleme und so sahen die Klimaverfechter keine Notwendigkeit, die Energiewende zu verlangsamen, um sie mit den tatsächlichen Möglichkeiten der einzelnen Länder in Einklang zu bringen. Es galt das Prinzip: Am liebsten CO2-Nullemission, sofort!

Doch in Wirklichkeit geht es hier um viel mehr, um ein grundsätzliches Problem. Ob Klimapolitik, Genderismus, Asyl- und Flüchtlingspolitik oder Energie. Es ist der Westen, mit Deutschland an der Spitze, der in all diesen Fragen, in seinem Sinne, „die europäischen Interessen und Werte“ vorgibt. Anschließend werden sie an die ohnehin durch die westlichen Staaten beherrschten EU-Institutionen „weitergegeben“.

Diese wiederum, gut geübt in der Finanzpolitik von „Zuckerbrot und Peitsche“, zwingen die „Neuerungen“ allen anderen Mitgliedern der „Gemeinschaft“, als die angeblich „gemeinsame und notwendige »europäische« Position“, auf. Sie setzen sich dabei, wenn nötig, rücksichtslos durch, indem sie den ärmeren, oft von EU-Geldern abhängigen Nationen, solche Lasten wie den Emissionshandel mit seinen horrend teuren CO2-Zertifikaten aufbürden.

Wenn aber plötzlich den Klimavorreitern, wie Deutschland, das Wasser bis zum Halse steht, dann stehen all die angeblich noch so unumstößlichen EU-Prinzipien der Klimapolitik sofort zur Disposition. Ohne auch nur anstandshalber in Brüssel nachzufragen, baut Deutschland holterdiepolter Flüssiggasterminals in Stade und Lubmin, wo das noch vor Kurzem so verfemte amerikanische Fracking-Gas angeliefert werden soll. Die geradezu diabolisierte Kernkraft, die verpönte Braun- und Steinkohle werden wieder kleinlaut zugelassen. Legionen von Klimaaktivisten, auch die Fanatiker, die sich aufopferungsvoll auf den Autobahnen festkleben, erkennen, wie naiv sie waren, und fühlen sich für dumm verkauft.

Deswegen muss man den Augenblick, in dem die Masken so unmissverständlich fallen, unbedingt festhalten. Auch, um sich in der Zukunft vom Sofortismus und der Hysterie der Klimaideologen nicht mehr einschüchtern zu lassen.

Kohle ist und bleibt eine wertvolle Energiequelle. Sie kann schon heute, dank modernster Technologien, äußerst umweltschonend verstromt werden. Polen mit seinen enormen Kohlevorkommen darf sich in Zukunft kein zweites Mal den Verzicht auf Kohle in einem für das Land desaströsen Hauruckverfahren aufdrängen lassen.

Erneuerbare Energien, die heute bereits etwa 18 Prozent des polnischen Energiemixes ausmachen, sind gut, aber warme Wohnungen im Winter und funktionierende Industrieanlagen sind noch besser. Eile mit viel Weile, dieses Prinzip muss beim Umstieg auf erneuerbare Energien absoluten Vorrang haben.

Deshalb ist es einerseits notwendig, den polnischen Bergbau ständig zu modernisieren und zu schützen, und andererseits große Vorräte an Kohle bereitzuhalten, die in schwierigen Zeiten eingesetzt werden können. Der russische Überfall auf die Ukraine und seine Folgen bestätigen eine Binsenwahrheit: Was man hat, das hat man. Alles andere sind ideologische Wolkenschiebereien.

RdP




Das Wichtigste aus Polen 22. April – 12. Mai 2018

Kommentatorin Olga Doleśniak-Harczuk und Janusz Tycner diskutieren die wichtigsten Ereignisse der letzten Zeit in Polen ♦ Tragisches Grubenunglück und das Hoffen auf das Wunder von Jastrzębia Góra ♦ Karl-Marx-Feierlichkeiten in Deutschland lösen in Polen ungläubiges Staunen aus ♦ Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit blockiert weitergehenden Schutz  des ungeborenen Lebens, bricht damit eines ihrer Wahlversprechen und verprellt Hunderttausende treuester Wähler ♦ Gute Nachricht aus Brüssel: im EU-Haushaltsentwurf für 2021-2027 wird Polen weder bestraft noch diskriminiert.




Smog, Energiearmut und was Polen dagegen tut

Kohle soll sein. Macht gute Sozialpolitik die Luft rein?

Die Winterluft ist in der letzten Zeit oft schlecht in Polen. Noch schlechter sind die Schlagzeilen, mit denen deutsche Medien das Land bedenken: „Smog-Hölle Polen!“ (www.nachrichten.de), „Luftverschmutzung durch Kohle. Polens schwarzer Fluch“ (Rheinische Post) usw. Das aber ist nur ein Teil des Problems. Der andere heiβt Energiearmut, aber die erwähnen die Autoren der Skandal-Schlagzeilen so gut wie nie. Doch nur wenn man sich beider Herausforderungen gleichzeitig annimmt, kann es besser werden. Das ist mühsam und vor allem teuer.

Ende Februar 2018 fällte der Europäische Gerichtshof ein Urteil, in dem er Polen Strafen in Millionenhöhe androht. Polen, so heiβt es, unternehme zu wenig gegen die Luftverschmutzung und bräche damit EU-Recht. Die erlaubten Konzentrationen von Feinstaub seien zwischen 2007 bis 2015 in fünfunddreiβig Gebieten tageweise überschritten worden. In neun Gebieten wurden die Jahresgrenzwerte regelmäßig nicht eingehalten.

Smog in Warschau.

Eine Durchschrift des Urteils hätte der EuGH direkt an den amtierenden EU-Ratsvorsitzenden schicken sollen. Schlieβlich war Donald Tusk genau in der Zeit polnischer Ministerpräsident. Luftverschmutzung und Energiearmut waren zu seiner Zeit kein oder kaum ein Thema. Den Karren aus dem Dreck ziehen, und das sehr schnell, müssen seine Nachfolger.

Morawiecki ist nicht dumm

Das trauen die deutschsprachigen Medien den heute Regierenden jedoch eindeutig nicht zu. Ebenfalls in dieser Hinsicht unterstellen sie ihnen, den „Populisten“, die niedrigsten Beweggründe und die bösesten Absichten.

So auch der Kommentator der „Salzburger Nachrichten“ (12. Februar 2018). Er schrieb, der polnische Smog sei immerhin „patriotisch“, und fuhr fort: „»Kohle ist die Basis unseres Energiesektors. Wir können und wollen sie nicht aufgeben«, betonte der im Dezember neu ins Amt beförderte Premier Mateusz Morawiecki und kündigte die Eröffnung von zwei neuen Kohlenminen an. Noch dümmer ist nur noch Amerikas Präsident Donald Trump“, so der kluge österreichische Kommentator.

Derweil widmete Polens Ministerpräsident in seiner Regierungserklärung vom 12. Dezember 2017, auf die sich der Autor bezog, die er aber allem Anschein nach nie gelesen hat, dem Smogproblem auβergewöhnlich viel Aufmerksamkeit. Morawiecki sagte:

„In vielen Gegenden Polens, vor allem in Kleinpolen (Region um Krakau – Anm. RdP), in Oberschlesien, aber auch in Masowien (Region um Warschau – Anm. RdP) habe ich Landschaften gesehen, die in dichten, beiβenden Nebel gehüllt waren und Kinder, die auf dem Rückweg von der Schule einen Mundschutz trugen. Saubere Luft ist eine zivilisatorische Herausforderung und das Maβ dessen, ob Polen tatsächlich ein entwickeltes Land ist.

Ministerpräsident Mateusz Morawiecki verliest seine Regierungserklärung im Sejm am 12. Dezember 2017.

Luft, Wasser, der Boden gehören nicht nur uns, sondern auch den künftigen Generationen und der Zustand, in dem wir sie ihnen überlassen, stellt uns ein Zeugnis aus“, so Morawiecki, und weiter:
„Infolge des Smogs sterben jedes Jahr achtundvierzigtausend Polen vorzeitig und der Rauch, der durch die Verbrennung von Müll in Privathaushalten entsteht, steigt nicht nur gen Himmel. Er gelangt in unsere Lungen und in die Lungen unserer Kinder.

Das Smogbekämpfungsprogramm ist zugleich ein Vorhaben zur Unterstützung der Ärmsten, die sich keine Wärmedämmung, keine neuen Fenster und Türen, keine sauberen Brennstoffe leisten können. Nur wenn wir die Energiearmut beseitigen, werden wir die Lebensqualität aller Polen verbessern.

Ich möchte mich auch an dieser Stelle bei allen Vorkämpfern für saubere Luft bedanken. Bei den Nichtregierungsorganisationen, den städtischen Organisationen, die seit einigen Jahren sehr gute Arbeit leisten.

Sehr wichtig ist hier auch die Arbeit der Kommunen. Sie stehen an vorderster Front. Eine gute Zusammenarbeit zwischen der Regierung und den Kommunen ist in diesem Fall von herausragender Bedeutung.“, sagte Morawiecki.

Damit umschrieb der Ministerpräsident in seiner Regierungserklärung in vollem Umfang das Problem und die angedachte Lösung.

Not verheizt alles

Auf Energiearmut ist man in Polen erst um das Jahr 2015 aufmerksam geworden. Es war ganz am Ende der Ära Tusk, in der Polen, laut der offiziellen Selbstdarstellung, als ein aufstrebendes, dynamisches, sich schnell modernisierendes und EU-begeistertes Land zu gelten hatte. Diese Darstellung wurde von den regierungsnahen Medien äußerst intensiv verbreitet, und von den deutschsprachigen Medien gern übernommen.

Die Millionenschar der Verlierer rücksichtsloser Abwicklungen und zwielichtiger Privatisierungen verschwand dabei fast völlig im Dunklen. Ganz im Geiste des damals salonfähig gewordenen „Lumpenliberalismus“, hieβ es, da kann man nichts tun. Diese Menschen seien selbst schuld an ihrem Schicksal, weil zu unbeholfen, zu faul, trunksüchtig, nicht anpassungsfähig, kinderreich, zu provinziell um ins Ausland auf Arbeitssuche zu gehen usw., usf.

Armut in Polen. Selber schuld?

Die Ergebnisse der ersten beiden Untersuchungen zur Energiearmut in Polen, veröffentlicht Ende 2015, gerade nach dem Regierungswechsel in Warschau, ergaben ein besorgniserregendes Bild. In den Jahren 2000 bis 2014 stiegen die Erdgaspreise in Polen im Durchschnitt um 6 Prozent und die Strompreise um 4 Prozent pro Jahr. Die Kohlepreise, lange Jahre stabil, zogen zwischen 2015 und 2017 um bis zu 30 Prozent an.

Im Jahr 2013 mussten knapp 15 Prozent der Polen, knapp  6 Millionen Menschen, oft drastisch ihren Energieverbrauch einschränken oder ganz und gar auf ihn verzichten. Ihre monatlichen Energieausgaben überstiegen oft bei Weitem 13 Prozent ihres Einkommens und damit die international geltende Grenze zur Energiearmut.

Energiearmut in Polen. Kein Warmwasser, kein Licht, keine Waschmaschine,

Im Jahr 2017 waren hiervon 12 Prozent der Bevölkerung betroffen, somit knapp neunhunderttausend weniger. Fachleute führen das auf die gute Wirtschaftslage und eine neue Sozialleistung zurück: das Kindergeld von monatlich 500 Zloty (ca. 125 Euro) für jedes zweite und weitere in der Familie lebende Kind bis 18 Jahre.

Energiearmut bedeutet: kaum oder nicht beheizte, feuchte Wohnräume, in denen vor allem Kinder und alte Menschen krank werden. Kein Geld um ausstehende Strom- und Gasrechnungen, Reparaturen an Heizung oder Stromleitungen in der Wohnung zu bezahlen. Im Extremfall, dauerhaft gesperrte Energiezulieferung. Kein Warmwasser, kein Licht, keine Möglichkeit den Kühlschrank, die Waschmaschine, den Herd, Rundfunk, Fernsehen, das Internet zu nutzen.

Letzteres war 2013 das Schicksal von etwa sechshunderttausend Menschen in Polen, heute leiden darunter immer noch knapp eine halbe Million Bürger. Der Rest der von Energiearmut Betroffenen muss seinen Energieverbrauch drastisch einschränken. Sie leben bei schlechter Beleuchtung, an kalten Tagen oft nur in einem beheizten Raum, sind gezwungen dickere Straβenkleidung auch zu Hause zu tragen.

Betroffen von diesen Missständen waren im Jahr 2017: 48 Prozent der Einpersonenhaushalte in Polen, 51 Prozent der Rentnerhaushalte, 47 Prozent der Haushalte auf dem Land, 43 Prozent der Haushalte mit Einfamilienhäusern, 51 Prozent der Haushalte in Gebäuden, die bis 1960 errichtet wurden, 23 Prozent aller Haushalte mit vier und mehr Kindern.

All diese Angaben bleiben leider unerwähnt, wenn sich Berichterstatter, wie z. B. die Korrespondentin des österreichischen „Standard“ (am 1. Dezember 2015), darüber mokieren, dass in Polen „viele alles in den Ofen stecken, was irgendwie brennt: Haushaltsabfälle, Lumpen, alte Möbel, leere Plastikflaschen“. Dass hier einem Umweltproblem ein groβes soziales Problem zugrunde liegt, die Armut, erfahren die Leser solcher Berichte nicht.

Umwelt schonen, sozialen Frieden wahren

Es ist ein schnelles und zugleich sehr bedachtes Handeln erforderlich, und manches wird noch lange so bleiben wie es ist. Beispiel Warschau.

Die Stadt wird seit einigen Jahren im Winter immer wieder von einer Smogglocke umhüllt, was deutsche Korrespondenten stets zum Anlass nehmen gegen ihren Feind Nummer Eins zu wettern – die polnische Steinkohle.

Derweil gibt es in der Stadt kaum Hausbrand, gut 95 Prozent der Haushalte sind an die Fernwärme angeschlossen. Es gibt nur wenige Kohleöfen, viele Haushalte  ohne Fernwärme heizen mit Gas oder Strom, was im Winter monatlich pro Haushalt mit bis zu 2.000 Zloty (ca. 500 Euro) zu Buche schlägt. Ein für polnische Verhältnisse enormer Betrag, weswegen die etwa fünfzigtausend betroffenen Warschauer nicht müde werden lauthals den Anschluss an die Fernwärme zu fordern.

Autoverkehr in Warschau.

Smogverursacher in Warschau sind Auspuffabgase. Sie hängen über der Stadt, weil die Verwaltung der seit 2006 regierenden Stadtpräsidentin, und bis vor kurzem noch stellvertretenden Vorsitzenden der Tusk-Partei Bürgerplattform, Hanna Gronkiewicz-Waltz, massenweise Baugenehmigungen vergeben hat für Gebiete, die zuvor als Durchlüftungsschneisen dienten. Früher brachten Winde durch diese Schneisen frische Luft in die Stadt, jetzt prallen sie an der Hochhausbebauung ab.

Alte Autos überwiegen. Neuere sind den meisten Polen zu teuer.

Anfang 2018 waren in Polen knapp 22 Millionen Personenkraftwagen zugelassen. Ihr Durchschnittsalter betrug 15 Jahre (in Deutschland 9 Jahre). In ärmeren Gegenden lag der Prozentsatz noch höher: Woiwodschaft Westpommern mit Stettin knapp 18 Jahre, Woiwodschaften Ermland-Masuren und Lublin gut 16 Jahre.

Bei der in Polen geltenden Einkommenssituation (siehe „Wieviel verdienen die Polen“) können sich die meisten kein Auto leisten, das mehr als umgerechnet 2.500 bis 3.000 Euro kostet und das oft auch nur auf Kredit. Dabei ist ein eigener Wagen längst kein Luxusgut mehr in Polen, sondern ein unabdingbares, überlebenswichtiges Hilfsmittel.

Die Wege zur Arbeit sind länger geworden. Nur mit dem Auto kommt man, sowohl in den Groβstädten, wie in der Provinz, in die billigen Supermärkte, auf die Millionen von Kleinverdienern angewiesen sind. Ein sofortiges Einfuhr- oder Fahrverbot für alte Pkw, und darunter sind viele Dieselautos, würde diesen Menschen den Boden ihrer Existenz unter den Füβen (Rädern) wegziehen und den Weg frei machen für soziale Unruhen, denen keine Regierung gewachsen wäre.

Pauschale Verbote kommen also nicht in Frage. Der einzige Weg in diesem Fall, so die Regierung, führt über technische Kontrollen. Vor allem soll jenen das Handwerk gelegt werden, die, um zu sparen, in ihren Dieselfahrzeugen kaputte Partikelfilter ausbauen ohne sie durch neue zu ersetzen. Das soll in Polen endlich geahndet werden, wie in Deutschland oder Österreich, wo für das Fahren ohne Partikelfilter Geldbuβen von 1.000 bzw. 3.500 Euro drohen.

Womit heizen die Polen?

Auβerhalb Warschaus jedoch verpestet zweifelsohne der Hausbrand die Luft am meisten. Von den 14,2 Millionen polnischen Haushalten wurden 2018 immer noch etwa 5,5 Millionen Haushalte mit Kohleöfen beheizt. Lediglich ungefähr einhunderttausend von ihnen entsprachen den verschärften Emissionsgrenzwerten, die beispielsweise seit 2010 in Deutschland gelten. Der Austausch der verbliebenen Kohleöfen dürfte um die 80 Milliarden Zloty (ca. 20 Milliarden Euro) kosten. Dies entspricht einem Fünftel der jährlichen polnischen Staatsausgaben.

Es wird also eine Weile dauern. Deswegen dürfen, bei begründetem Verdacht, Polizeibeamte und Beamte des städtischen Ordnungsamtes Ofenanlagen in den Haushalten kontrollieren. Auf die Verbrennung von Müll steht eine Geldstrafe von 500 Zloty (ca. 125 Euro). Kommt es zu einer Anzeige, kann sich die Strafe verzehnfachen.

Ofenkontrolle.

Allein in Kraków gab es im November 2017 gut dreitausend solcher Kontrollen. Es wurden 25 Buβgelder wegen Müllverbrennung verhängt.

In Katowice ist eine „Riechdrohne“ regelmäβig über den Dächern unterwegs. Konstruiert von Wissenschaftlern der dortigen Technischen Universität

„Riechdrohne“ im Einsatz. Katowice im Winter 2017/2018.

„inhaliert“ sie den Rauch aus dem Schornstein und übermittelt die Daten an einen im Polizeiauto installierten Computer. Die Beamten verhängen umgehend Buβgelder.

Auβerdem gilt ab dem 1. September 2017 ein Verkaufs- und Verbrennungsverbot für Kohleschlamm und Ballastkohle, schwefelhaltige Abfall- bzw. Nebenprodukte der Steinkohleförderung. Weil sich weite Transportwege nicht lohnten, wurden sie nur in der Bergbauregion Oberschlesien für billiges Geld (100 bis 300 Zloty pro Tonne, ca. 25 bis 75 Euro) verkauft und verpesteten die dortige Luft ungemein.

Mit Kohleschlamm wird nicht mehr geheizt.

Zum Vergleich (Preise vom Februar 2018): 1 Tonne Kohlengrus kostete 560 bis 650 Zloty pro Tonne (ca. 140 bis 160 Euro), Erbsenkohle bis zu 1.100 Zloty pro Tonne (ca. 270 Euro), Koks 1.300 Zloty pro Tonne (ca. 320 Euro), Steinkohlebriketts 700 Zloty pro Tonne (ca. 170 Euro). Mit Kohle heizen 70 Prozent aller Haushalte, die nicht an die Fernwärme angeschlossen sind.

Plakat: „Ich achte meine Nachbarn. Ich verbrenne keine Abfälle“.

Plakat: „Müllverbrennen tötet“.

Holzpellets bis zu 1.000 Zloty pro Tonne (ca. 250 Euro). Mit ihnen heizen 4 Prozent der Haushalte ohne Fernwärme.

Ein Kubikmeter Erdgas kostete den Haushalt 2 Zloty (ca. 0,50 Euro). Mit Gas heizen 13 Prozent der Haushalte ohne Fernwärme.

Plakat: „Müllverbrennen im häuslichen Ofen vergiftet und ruiniert“.

 

 

 

Heizöl spielt in Polen bei der Beheizung von Privathaushalten eine geringe Rolle, weil es die teuerste Variante von allen ist, beginnend mit dem Kauf und Einbau der Anlage. Ein Liter Heizöl kostete im Februar 2018 um die 3,30 Zloty pro Liter (ca. 0,80 Euro) und war um etwa 0,20 Euro teuer als in Deutschland.

Plakat: „Der Ofen ist kein Mülleimer“.

Nur knapp 2 Prozent der Haushalte ohne Fernwärme heizen elektrisch. Auch hier sind die Kosten hoch. Um sie zu senken und die Abnehmer zu einem Umstieg auf Elektrowärme zu ermuntern, haben, auf Geheiβ der Regierung, polnische Stromanbieter im Winter 2017 auf 2018 den Antismog-Tarif eingeführt. Zwischen 22 und 6 Uhr ist der Strom für diese Kunden um bis zu 90 Prozent billiger.

Plakat: „Verbrenne keinen Müll, wenn du Kinder liebst“.

Die Stromanbieter hoffen, dadurch die Nachtauslastung der Kraftwerke, die heruntergefahren werden müssen, zu erhöhen und so Kosten zu sparen.

Die Umrüstung hat begonnen

Im Oktober 2017 ist eine wichtige Verordnung in Kraft getreten. Ab dem 1. Juli 2018 dürfen nur noch modernste Öfen, die maximal bis zu 60 Milligramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft ausstoβen, verkauft und montiert werden. Zum Vergleich: die im Volksmund „kopciuch“ („Stinker“) genannten einfachen Heizöfen produzieren bis zu 1.000 Milligramm Feinstaub pro Kubikmeter und bis zu fünfzig Mal mehr CO2. Bis 2026 müssen alle „Stinker“ beseitigt sein.

Ein typischer „kopciuch“, „Stinker“.

Seit Januar 2016 dürfen Woiwodschaftsparlamente in den einzelnen Provinzen Einschränkungen bei der Verbrennung von Heizmaterial verhängen. In Kleinpolen (Krakau), Oberschlesien und in der Woiwodschaft Opole (Oppeln) wurden solche Beschränkungen inzwischen eingeführt. Sie sehen vor allem die Beseitigung aller „Stinker“ bis 2022 vor.

Die Städte Kraków, Gdańsk und Warschau bezuschussen inzwischen die Umstellung mit 50 bis 90 Prozent der Kosten, die sich auf bis zu 15.000 Zloty (ca. 3.700 Euro) belaufen: den Kaufpreis eines neuen Ofens, den Abbau des alten und den Umbau des Schornsteins.

Muss alle „Stinker“ ersetzen. Ein moderner, emissionsarmer Kohleofen der sogenannten fünften Generation.

Gleichzeitig läuft das staatliche Umstellungsprogramm auf moderne Öfen „Kawka“ („Dohle“). In zwei Jahren (2016 und 2017) verschwanden in sechzig Städten für knapp 700 Millionen Zloty nicht ganz 35.000 „Stinker“.

Wer soll das bezahlen?

Am 22. Februar 2018, kurz nachdem der Europäische Gerichtshof sein Urteil in Sachen Smogbekämpfung in Polen gesprochen hatte, stellte sich Ministerpräsident Morawiecki in Warschau vor die Medien:

„Ich habe nicht vor“, sagte Morawiecki, „das Smogproblem so anzugehen, dass es im Herbst aufkommt, im Winter hochkocht und dann bis zum nächsten Spätherbst in Vergessenheit gerät“.

Danach stellte er das Nationale Smogbekämpfungsprogramm vor, welches vierzehn Maβnahmen umfasst. Vom erwähnten Ofenaustausch bis 2026, über neue Kohle-Qualitätsnormen, erhebliche Wärmedämmungszuschüsse bis hin zu einem umfangreichen Vorhabenkatalog in Sachen Elektroautos- und Busse (Elektromobilität).

Das Antismog-Projekt soll überwiegend aus der Plastiktütenabgabe finanziert werden.

Allein für 2018 und 2019 sind hierfür 1,5 Milliarden Zloty (ca. 370 Mlo. Euro) vorgesehen. Finanzieren will Morawiecki das Antismog-Projekt überwiegend aus der Plastiktütenabgabe. Ab dem 1. Januar 2018 zahlen Kunden in Polen für Tüten, die sie im Supermarkt an der Kasse oder im Geschäft an der Theke bekommen, mindestens 0,2, maximal 1 Zloty, wovon der Staat 0,2 Zloty (ca. 0,04 Euro) an sogenannter Recyclingabgabe kassiert.

Polen macht also ernst mit der Smogbekämpfung. Die Zeit drängt.

Die Sache mit der Steinkohle

Modernste Verbrennungstechnologien erlauben heute eine beinahe emissionsfreie Verstromung der Steinkohle. Diesen Weg will und wird Polen gehen. Steinkohle ist und bleibt ein wichtiger Bestandteil der polnischen Energie- aber auch Wirtschafts- und Sozialpolitik. Worum es im groβen und ganzen geht, das legte Ministerpräsident Morawiecki in seiner Regierungserklärung dar:

„Die Kohle ist heute die Grundlage unserer Energiewirtschaft. Wir können und wir wollen auf Kohle nicht verzichten. Das sind wichtige, beruhigende Feststellungen für Oberschlesien und das Dombrowaer Kohlenbecken, aber auch für ganz Polen.

„Die Kohle ist heute die Grundlage unserer Energiewirtschaft“.

Wir planen sehr langfristig einen Umbau in diesen beiden benachbarten Regionen. Modernste, umweltschonende Kohletechnologien gepaart mit einer Ansiedlung anderer moderner Hochtechnologien. Ich bin sehr froh darüber, dass die wichtigsten Gewerkschaftsgremien der beiden Regionen unser Programm akzeptiert haben.

Wir müssen uns aber gleichzeitig um erneuerbare Energiequellen in Polen kümmern. Doch das ideologische Denken in dieser Angelegenheit lehnen wir rundweg ab. Die Rechnung muss stimmen. Mehr Nutzen, nicht mehr Kosten für die Menschen.

Mehr Nutzen bedeutet auch mehr Energiesicherheit für unser Land. Recht und Gerechtigkeit lag und liegt die Energiesicherheit Polens sehr am Herzen. Das ist die Bedingung für unsere Unabhängigkeit.

Wir sind ihr ein groβes Stück näher gekommen, dank dem Flüssiggas-Terminal in Świnoujście (Swinemünde – Anm. RdP). Er wäre nicht entstanden, ohne den hartnäckigen politischen Einsatz von Staatspräsident Lech Kaczyńskis. Unsere Abhängigkeit von Gaseinfuhren aus Russland verringert sich, und wir können davon ausgehen, dass es sie nach 2022 überhaupt nicht mehr geben wird.

Wir bauen unsere Gasinfrastruktur aus, um Polen in ein Drehkreuz der Gasversorgung in unserer Region zu verwandeln. Deswegen bauen wir an der Gasverbindung aus Norwegen, über Dänemark, zu uns, an der sogenannten Baltic Pipe.

Unsere Aufgabe ist es, diese Vorhaben erfolgreich zu Ende zu bringen, und so die Energieunabhängigkeit Polens zu gewährleisten bei niedrigen CO2-Emissionen. Daher rührt unsere positive Einstellung zur Atomenergie. (Polen hat bis jetzt kein einziges AKW – Anm. RdP).“

Lesenswert: „Blaue Kohle Chance für Polen. Neuer Brennstoff soll Armen und dem Bergbau helfen“.

 

© RdP




Blaue Kohle. Die Chance für Polen

Neuer Brennsoff soll Armen und dem Bergbau helfen.

Moderne, vielversprechende Technologien der Kohlevergasung und der Herstellung von leichtentflammbarem, umweltschonendem Koks eröffnen neue Perspektiven für die polnische Kohleindustrie. Entwickelt wurden sie im Institut für Chemische Kohleverarbeitung (IChPW) im oberschlesischen Zabrze. Die Zeitung „Nasz Dziennik“ („Unser Tagblatt“) sprach am 18. Dezember 2015 mit seinem Direktor, Dr. Ing. Aleksander Sobolewski.

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Dr. Ing. Aleksander Sobolewski

Beim Klimagipfel COP21 in Paris im Dezember 2015, haben Sie versichert, dass die Vergasung polnischer Steinkohle schon heute machbar sei.

Technologisch sind wir inzwischen soweit und können aus heimischer Steinkohle Synthesegas (auch Wassergas genannt), ein Gemisch aus Kohlenmonoxid und Wasserstoff, herstellen, vor allem für die chemische Industrie. Die Entscheidung jedoch liegt bei den Politikern.

Wir haben in den letzten Jahren ein groβes Forschungsprogramm umgesetzt. Am Ende stand die Inbetriebnahme und Untersuchung von Kohlevergasungsreaktoren mit einer Leistungsfähigkeit von 1 Megawatt. Unsere Pilot-Anlage verarbeitet 200 kg Kohle pro Stunde. Eine Industrieanlage dieser Art sollte in derselben Zeit 100 bis 200 Tonnen Kohle vergasen können. Der Baukosten eines Vergasungsbetriebs, der mit unserer Technologie 1 Mio. Tonnen Kohle pro Jahr verarbeiten würde, betrügen zwischen 2 und 3 Mrd. Zloty (ca. 500 bis 700 Mio. Euro – Anm. RdP).

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Forschungsanlagen des Instituts für Chemische Kohleverarbeitung (IChPW) im oberschlesischen Zabrze.

Lohnt es sich heute Steinkohle in Polen zu vergasen?

Auf der ganzen Welt arbeiten zur Zeit um die dreihundert industrielle Kohlevergasungsreaktoren, davon mehr als zweihundert in China. Europa wendet sich derweil von der Steinkohle ab, setzt auf Erdgas aus dem Osten. Die Deutschen bauen Nord Stream 2, von Russland aus, die zweite Erdgaspipeline durch die Ostsee. Dabei stellt sich die Frage, ob die wachsende Energieabhängigkeit der EU von Russland in unserem Interesse ist, und wie sich der Preis für russisches Erdgas auf lange Zeit entwickeln wird.

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Der neue Flüssiggashafen in Świnoujście/Swinemünde.

Um eine Ausweitung der Erdgas-Versorgungsquellen zu gewährleisten haben wir den Flüssiggashafen in Świnoujście (Swinemünde – Anm. RdP) gebaut. Das Gas, das wir über diesen Hafen aus Übersee einführen werden wird teurer als das russische Erdgas sein. Aus Gründen der Energiesicherheit, aber auch deswegen, weil wir einen groβen Steinkohlebergbau in Polen haben, sollten wir auf jeden Fall auch auf unsere eigene Kohlevergasung bauen.

Die aktuellen Rahmenbedingungen hierzu: der Preis der CO2-Zertifikate, die Höhe der Steuern und die einheimischen Förderkosten, machen die Kohlevergasung in Polen rentabel. Berechnungen nach der Internen-Zinsfuß-Methode (IZF) ergeben eine jährliche Rendite von 10%.

Trotz dieser Berechnungen ist die Industrie an der Kohlevergasung nicht interessiert?

Die PGE (Polnische Energiegruppe, gröβtes polnisches Energieunternehmen, zu 60% staatlich, beliefert 5 Mio. Stromabnehmer – Anm. RdP) und die Azoty-Gruppe (Groβhersteller von Stickstoffdünger, zu 60% staatlich – Anm. RdP) überlegen ernsthaft auf diese Technologie zu setzen. Die Banken jedoch erwarten, dass der Investor in seinem Geschäftsplan eine verbindliche Erdgas-Preisprognose für die nächsten zwanzig Jahre vorlegt, was natürlich unter den gegebenen Bedingungen nicht möglich ist. Ähnlich verhält es sich mit den CO2-Zertifikaten. Vor zwei Jahren haben sie 3 Euro pro Tonne gekostet, jetzt kosten sie 8 Euro. Was in zehn Jahren sein wird, vermag niemand vorherzusagen.

Eine groβe Kohlevergasungsanlage braucht etwa drei Jahre, bis sie voll einsatzfähig ist. Ob es dann noch ein rentables Vorhaben sein wird, ist schwer zu sagen.

Also ist das Risiko doch zu groβ?

Auf der anderen Waagschale liegen zwei sehr wichtige Argumente. Zum einen, würde das Synthesegas importiertes Erdgas ersetzten. Zum anderen würde es die Zukunft des heimischen Steinkohlebergbaus mit seinen heute noch mehr als dreihunderttausend Arbeitsplätzen, wenn man die Zulieferer mitrechnet, und damit auch die Zukunft groβer Teile Oberschlesiens und der Region Lublin sichern.

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Bergarbeiterprotest in der Grube „Kazimierz Juliusz“ in Sosnowiec im Dombrowaer Kohlebecken, das im Norden an Oberschlesien grenzt. September 2014.

Was spricht aus der Sicht des Umweltschutzes für die Kohlevergasung?

Die Verfeuerung von Synthesegas ist deutlich ergiebiger als die von Kohle. Unsere Forschungen und Simulationen belegen das. Der wichtigste Vorzug, der an unserem Institut ausgearbeiteten Technologie, ist die CO2-Rückführung. Das in den Vergasungsreaktor zurückgeführte CO2 dient als Rohstoff, es ersetzt teilweise Kohle sowie technischen Sauerstoff und verursacht eine wesentliche Absenkung des CO2-Ausstoβes pro 1000 m3 des erzeugten Synthesegases.

Unsere Technologie ist ein typisches Beispiel für die sogenannte chemische CO2-Abscheidung und das Gegenstück zur umstrittenen unterirdischen CO2-Lagerung. Es ist zugleich die Antwort auf die seit langem bestehende Nachfrage nach Technologien zur Nutzung von groβen CO2-Mengen. Kurzum: aus CO2, das aus den Abgasen gefiltert wird, entsteht ein Marktprodukt, und zwar Methanol.

Kohlevergasung ist nicht das einzige Angebot auf dem Feld neuer Technologien für die Verarbeitung von Steinkohle, das Sie auf der COP21 in Paris vorgestellt haben.

Kohleverfeuerung in veralteten und schlecht genutzten Anlagen verunreinigt die Luft, besonders im Süden Polens. Doch wir müssen nicht auf Kohle verzichten, wenn wir in der Lage sind die schädlichen Emissionen einzuschränken. Die traditionelle Kohle sollte durch einen neuen, ausstoβarmen Brennstoff ersetzt werden, die sogenannte blaue Kohle.

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Wintermorgen in einer südpolnischen Stadt.

In dieser Heizsaison wird unser Institut etwa zweitausend Tonnen blaue Kohle kostenlos nach Kraków, Zabrze (in Oberschlesien, zwischen 1915 und 1945 Hindenburg – Anm. RdP), Żywiec und in einen der niederschlesischen Kurorte liefern. Im Frühjahr 2016 wollen wir eine Umweltbilanz dieses Experiments ziehen. Die Nutzer sind verpflichtet regelmäβig Fragebögen auszufüllen, in denen sie angeben, ob die blaue Kohle staubt, ob sie sich leicht entflammt, welchen Geruch sie erzeugt, wie die Beschaffenheit der Asche ist usw. Ich bin sicher, der neue Brennstoff wird seine hervorragende Eignung bestätigen.

Dann wird das weitere Schicksal dieser Technologie, vor allem ihre Massenanwendung, von den politischen Entscheidungen abhängig sein. Wir hoffen auf staatliche und kommunale Förderung für die ärmsten Bevölkerungsschichten, die sich den Kauf von neuen, automatisch gesteuerten Heizkesseln nicht leisten können.

Was ist das, die blaue Kohle?

Ein neuentdeckter Koksbrennstoff. Es handelt sich dabei um Steinkohle, die fast gänzlich entgast wurde. Von Koks unterscheidet sie sich jedoch in zweierlei Hinsicht. Die blaue Kohle wird aus einfacher Brennkohle, die deutlich billiger ist als Kokskohle, hergestellt. Sie beinhaltet zudem etwa 5% flüchtige Verbindungen. Dank dieser ist sie, anders als Koks, leicht entflammbar und kann daher auch in einfachen Anlagen verfeuert werden. Anders als die normale Kohle, die gelb-orange brennt, ist die Flamme des neuen Brennmaterials blau, wie beim Gas. Daher der Name.

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Blaue Kohle ist ein umweltschonender Brennstoff für die Ärmsten, die ihre Öfen und Kessel nicht so schnell austauschen werden, und die sich Erdgas, das in Polen dreimal so teuer ist, nicht leisten können.

Wie groβ ist der Preisunterschied zwischen der normalen und der blauen Kohle?

Die erste kostet im Augenblick im Handel etwa 500 Zloty (ca. 225 Euro) pro Tonne. Eine Tonne blauer Kohle dürfte um die 1.000 Zloty (ca. 450 Euro) kosten.

Das ist das Doppelte. Für viele könnte das zu teuer sein.

Ein veredelter Brennstoff wird immer teurer sein als der Rohstoff, aus dem er gemacht wurde. Dafür erreichen wir aber eine deutliche Senkung der Emissionen, und zwar auch in den alten, von Hand befüllten Öfen und Kesseln. Es entstehen bis zu siebenmal weniger krebserzeugende, flüchtige organische Verbindungen (VOC) und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAH), um bis zu 75% weniger Schwefelmonoxyd und Staub.

Blaue Kohle hat auch einen deutlich höheren Heizwert, also ist die Menge, die verbraucht wird um eine Wohnung oder ein Haus zu beheizen, deutlich geringer als bei normaler Kohle. Es ist ein Brennstoff für die Ärmsten, die ihre Öfen und Kessel nicht so schnell austauschen werden, und die sich Erdgas, das in Polen dreimal so teuer ist, nicht leisten können. Es ist zwar nicht erlaubt, dennoch verfeuern Zehntausende bei uns Müll und Kohleschlamm, weil sogar Kohle für sie unerschwinglich ist. Es wäre am besten, wenn die blaue Kohle, genauso wie bleifreies Benzin, subventioniert werden könnte.

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Arbeitslose suchen nach Kohle auf einer Abraumhalde im oberschlesischen Piekary Ślaskie. Winter 2015.

Wie lange haben sie an dem neuen Brennstoff gearbeitet?

Wir befinden uns im dritten Jahr und sind fast am Ende unserer Arbeit angelangt. Im ersten Jahr haben wir Labortests durchgeführt. Im zweiten Jahr wurde die Verfeuerung unter normalen Bedingungen durchgeführt, hierfür haben wir in Zabrze in etwa 18 Tonnen der blauen Kohle verbrannt. Jetzt erproben wir das Verfeuern in Gegenden mit besonders vielen alten Öfen und Kesseln. Unser Industriepartner ist die Firma Polchar aus Police.

Wieviel Kohle verbrauchen die polnischen Abnehmer pro Jahr, um ihre Wohnungen und Häuser zu beheizen?

Mehr als 10 Mio. Tonnen.

Lesenswert auch: „Smog, Energiearmut und was Polen dagegen tut“. 

RdP




Das Wichtigste aus Polen 4. Dezember – 10. Dezember 2016

Jakub Kukla und Janusz Tycner diskutieren die wichtigsten Ereignisse der letzten Woche in Polen.

Änderungen im Demonstrationsrecht erweisen sich als ein Rohrkrepierer.

Ratingagentur Standard&Poor’s ist wieder besserer Meinung über Polens Kreditwürdigkeit und zieht die Herabsetzung ihrer Bewertung vom Januar 2016 zurück.

Regierung stellt sich entschieden hinter den polnischen Steinkohlebergbau, aber ganz ohne Einschränkung der Förderung wird es nicht gehen.

Die Rückkehr läuft an. 125 Polizeistationen und ca. 500 Poststellen sollen in der polnischen Provinz wiedereröffnet werden.




Das Wichtigste aus Polen 1. Mai – 7.Mai 2016

Kommentatorin Katarzyna Małecka und Janusz Tycner gehen auf die wichtigsten Ereignisse der Woche ein. Keine 1. Mai-Randale in Warschau. Welche Gefühle verbinden die Polen mit ihrer Nationalfahne und ihrer Nationalhymne? Kompromissvorschlag im Streit um das Verfassungsgericht, aber kein Kompromiss in Sicht. Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit will Polen nicht aus der EU führen. Grosser Kompromiss rettet vorerst Kohlebergbau in Oberschlesien. Daimler baut in Polen eine Motorenfabrik.