Das Wichtigste aus Polen 19.Juli bis 15.August 2020

Kommentator Dr. Jacek Sokołowski und Janusz Tycner diskutieren die wichtigsten Ereignisse der letzten Zeit in Polen ♦ Die Vereidigung von Staatspräsident Andrzej Duda und was man daraus schlussfolgern kann ♦ Wie wird die zweite Amtsperiode des neuen alten Staatsoberhauptes sein? ♦ Die oppositionelle Bürgerplattform: viel Protest, viel Empörung und kein Programm ♦  Die neue Phase der Corona-Epidemie: soziale und politische Begleitumstände ♦ Die ungewöhnliche Urlaubssaison: Erholung mit Gefahren.




Das Wichtigste aus Polen 3.Juni – 22.Juni 2018

Kommentatorin Olga Doleśniak-Harczuk und Janusz Tycner diskutieren die wichtigsten Ereignisse der letzten Zeit in Polen ♦ Aus der Traum. Polens schwacher Auftritt bei der Fußball WM ♦ Andrzej Duda, ein Staatspräsident, der Rätsel aufgibt ♦ Braucht Polen eine neue Verfassung? Staatspräsident Duda bringt eine Debatte in Gang und was nun? ♦ EU-Rechtstaatlichkeitsverfahren gegen Polen und kein Ende. Migranten, Brexit und Trump sind Brüssel nicht genug. ♦ Seehofer gegen Merkel. Wie soll sich Polen verhalten?




Polens Justizreform. Warum Staatspräsident Duda unterschrieben hat

Die andere Meinung.

Staatspräsident Andrzej Duda ergriff das Wort am Nachmittag des 20. Dezember 2017, einige Stunden nachdem die EU-Kommission verkündete, sie habe die diplomatische „Atombombe“ gezündet. Das Sanktionsverfahren gegen Polen wegen angeblich gefährdeter Rechtsstaatlichkeit werde eingeleitet. Die Brüsseler Rechnung, Duda werde klein beigeben und die zwei gerade verabschiedeten wichtigsten Reformgesetzte nicht unterschreiben, ging nicht auf. Dudas Begründung ist lesenswert. Nachfolgend der Wortlaut.

Guten Abend, meine Damen und Herren,

ich möchte ihnen mitteilen, dass ich die Gesetze über den Landesjustizrat (LJR – Anm. RdP) und das Oberste Gericht (OG – Anm. RdP) unterschreiben werde.

(Vom Parlament verabschiedete Gesetzte treten in Polen in Kraft, nachdem sie vom Staatspräsidenten unterzeichnet wurden. Dieser kann die Unterschrift verweigern, sein Veto einlegen. Das Präsidenten-Veto kann das Parlament mit einer 3/5 Mehrheit überstimmen. Gelingt das nicht, tritt das Gesetzt nicht in Kraft.

Der Staatspräsident kann ebenfalls ein Gesetz unterschreiben und es anschlieβend dem Verfassungsgericht zur Prüfung vorlegen. Das Urteil ist für den Staatspräsidenten bindend. Er darf nur die eine oder die andere Maβahme ergreifen. Beides, zunächst das Verfassungsgericht anrufen, und danach eventuell sein Veto einlegen, geht nicht. – Anm. RdP).

Es sind meine Gesetzentwürfe, die ich am 24. September 2017 dem Sejm vorgelegt habe. Ich hatte mich dazu verpflichtet, als ich (am 24. Juli 2017 – Anm. RdP) meine Unterschrift unter beide damals vom Parlament verabschiedete Gesetzte über den Landesjustizrat und das Oberste Gericht verweigert habe. Ich war mit diesen in wesentlichen Punkten nicht einverstanden. Meine Gesetzentwürfe wurden in den letzten Tagen zunächst durch den Sejm und anschließend vom Senat ohne Änderungen verabschiedet. Deswegen werde ich sie unterschreiben.

Staatspräsident Andrzej Duda verkündet seine Entscheidung die Gesetzte zur Justizreform zu unterschreiben. 20. Dezember 2017.

Meine Entwürfe enthielten wesentliche Änderungen gegenüber den im Juli 2017 verabschiedeten Gesetzen. Ich wundere mich über die, lassen Sie es mich so formulieren, unanständigen Behauptungen, es gäbe keine Unterschiede.

Die Unterschiede sind sehr groβ, meine Damen und Herren. Ich darf Sie daran erinnern, dass das Juli-Gesetz u. a. vorsah, dass alle Richter am Obersten Gericht entlassen werden und nur diejenigen, die der Justizminister akzeptiert ihre Tätigkeit würden aufnehmen können. Diese Bestimmung gibt es nicht mehr.

Stattdessen wurde das Ruhestandsalter für Richter am OG auf 65 Jahre festgelegt. (Von den jetzt 82 Richtern am OG fallen 30 unter diese Bestimmung – Anm. RdP). Richter, die drei Jahre länger arbeiten wollen, können einen entsprechenden Antrag an den Staatspräsidenten stellen, versehen mit einem Arbeitstauglichkeitsattest.

Die Zahl der Richter am OG wird (auf 120 – Anm. RdP) anwachsen. Dadurch wird sich die Verfahrensdauer verkürzen. Auβerdem werden zwei neue Kammern am OG entstehen: die Disziplinarkammer und die Kammer für Sonderrevisionen.

Die Kammer für Sonderrevisionen ist eine neue Einrichtung. Sie soll der Beseitigung von offensichtlichem Unrecht, von offensichtlichen Justizirrtümern dienen. Wenn jemand meint davon betroffen zu sein, dann kann er sich u. a. an den Generalstaatsanwalt, den Bürgerbeauftragten des Parlaments oder an das Amt für Verbraucherschutz wenden, mit der Bitte, eine solche Sonderrevision für ihn beim OG einzubringen. Diese Behörden werden vorab entscheiden, ob dieses Ansinnen berechtigt ist.

Ich bin fest davon überzeugt, dass dank dessen viele Bürger, die sich ungerecht behandelt fühlen, denen Unrecht widerfahren ist, den Glauben daran zurückgewinnen werden, dass Polen ein ehrlicher und gerechter Staat ist, der sich um seine Menschen kümmert.

Meine Damen und Herren, es wird auch Änderungen im Landesjustizrat geben. Mit Widerwillen nehme ich all die lauten Stimmen zur Kenntnis, darunter auch die aus den Führungseliten der Richterschaft, die da verkünden, dass die richterliche Unabhängigkeit beseitigt, die politische Aufsicht eingeführt wird, und allgemein, welch fürchterliche Regelungen gelten sollen.

Bitte überprüfen Sie, in wie vielen Ländern staatliche Behörden Einfluss auf die Wahl der Richter haben. Der US-Präsident beruft die Richter am Obersten Gericht, sie werden vom Senat beurteilt. Die Richter selbst haben kein Mitspracherecht.

Ich sehe kein Problem darin, dass fünfzehn Richter vom Parlament  als Mitglieder in den LJR gewählt werden sollen (der LJR besteht insgesamt aus 25 Mitgliedern – Anm. RdP). Umso mehr, als dass nicht nur die regierende Mehrheit, sondern auch die Opposition ihre Kandidaten fürs Richteramt in den LJR wird entsenden können.

Wir haben sehr demokratische Lösungen eingeführt. Werden damit irgendwelche demokratischen Regeln verletzt? Nein. Wir haben unser Justizsystem einer demokratischen Reform unterzogen. Es kann nicht sein, dass die Richterschaft sich selbst verwaltet und niemand darauf Einfluss nehmen kann. Neben der Gewaltenteilung gibt es nämlich auch das Prinzip der gegenseitigen Kontrolle und der Balance zwischen den einzelnen Gewalten.

Die neuen Lösungen stellen sich der Verwandlung unseres Landes in eine Oligarchie, in einen Richterstaat entgegen. Wenn nämlich eine der Gewalten allein über sich selbst bestimmt und niemand darauf Einfluss nehmen darf, dann haben wir es mit einer Oligarchie zu tun. Jeder, der mit Vernunft auf unseren Staat blickt, der wirklich will, dass Polen ein stabiler, gerechter und starker Staat ist, kann diesbezüglich keine Zweifel haben.

Meine Damen und Herren, ich habe meine Entscheidung getroffen. Die Stimmen der Kritik, die ich von vielen Seiten vernehme, versetzten mich in ungläubiges Staunen.

Richter am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straβburg.

Ich darf daran erinnern, dass im Jahr 1998, also vor nicht allzu langer Zeit, eine tiefgehende Reform des europäischen Schutzsystems für Menschenrechte stattgefunden hat. Es entstand der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straβburg. Er trat an die Stelle der bis dahin existierenden Europäischen Kommission für Menschenrechte und des ursprünglichen Gerichtshofes.

Was hat man damals gemacht? Mit einem einzigen Rechtsakt wurden alle bisherigen Richter entfernt und es wurde ein neuer Gerichtshof gewählt. Niemand in Polen empörte sich damals, das sei undemokratisch, beschränke die richterliche Unabhängigkeit.

Richter am Gerichtshof der Europäischen Union in Luxemburg.

Kein anderer als der den Richter entsendende Staat entscheidet darüber, ob das Mandat des Richters am Gerichtshof der Europäischen Union in Luxemburg verlängert wird oder nicht. Niemand nimmt Anstoβ daran, stellt deren Unabhängigkeit in Frage.

Wir führen in Polen sehr gute Regelungen ein, die der Verbesserung des Justizwesens dienen. Die Menschen bei uns werden dadurch den Glauben an die Justiz wiedererlangen. Das ist sehr wichtig.

Sehr wichtig ist auch eine solide disziplinare Verantwortlichkeit der Richter. Dem dient die neue Disziplinarkammer am OG. Gerichte und Richter sind nicht für sich da. Nein! Sie sind vor allem für die Bürger da. Sie sind keine besondere, höchste Kaste. Sie sind Diener der polnischen Gesellschaft und des polnischen Staates.

Staatspräsident Andrzej Duda beruft am 24. Januar 2017 vom Landesjustizrat vorgeschlagene Kandidaten ins Richteramt …

Dieses tiefe Gefühl der Dienstpflicht erwarte ich von den Richtern und ich sage das auch bei jeder Richterernennung.

… wie zuvor auch am 10. Oktober 2016.

(Der Landesjustizrat schlägt dem Staatspräsidenten die Kandidaten zur Ernennung zum Richteramt vor. Der Staatspräsident nimmt die Ernennung auf Lebenszeit oder die Ernennung in ein höheres Richteramt vor bzw. kann es ebenfalls ablehnen. Andrzej Duda hat davon im Juni 2016 Gebrauch gemacht, als er die Beförderung von neun Richtern ablehnte.

Das Oberste Verwaltungsgericht, vor dem einige Betroffene daraufhin klagten, bestätigte im Januar 2017, die Ernennung von Richtern gehöre zu den „vertraulichen Befugnissen“ des Staatspräsidenten, die nur und ausschließlich in seinem Ermessen liegen – Anm. RdP).

Wir alle dienen dem polnischen Staat und den Menschen. Jede Gewalt in Polen, ob die gesetzgebende, die ausführende, zu der auch ich als Staatspräsident gehöre, oder die gerichtliche, wir alle sind dazu verpflichtet. Ich appelliere an die Richter dieses zu verinnerlichen.

Ausführlich über die polnische Justizreform berichten wir in folgenden Beiträgen:

Polens Justizreform genau betrachtet 1. Das Gerichtsverfassungsgesetz. 

Polens Justizreform genau betrachtet 2. Der Landesjustizrat.

Polens Justizreform genau betrachtet 3. Das Oberste Gericht.

Polens Justizreform. Der tiefe Fall der Richter. 

Polens Justizreform. Mythen und Fakten. 

RdP




Das Wichtigste aus Polen 8. Oktober – 15.Oktober 2017

Kommentatorin Olga Doleśniak-Harczuk und Janusz Tycner diskutieren die  wichtigsten Ereignisse der letzten Zeit in Polen. ♦ Landesweite Gebetsinitiative „Rosenkranz bis zu den Grenzen“ erntet groβen Zuspruch in Polen, Häme und Nasenrümpfen in Deutschland. ♦ Das abgekühlte Verhältnis zwischen Staatspräsident Andrzej Duda und der Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit nützt beiden Seiten des Konfliktes und schwächt die Opposition. ♦ Gute Haushalts- und Wirtschaftslage Polens spiegelt sich im Staatshaushaltsentwurf 2018 wieder. ♦ Die betrügerischen Reprivatisierungen in Warschau werden endlich geahndet.




Das Wichtigste aus Polen 20. August – 16. September 2017

Kommentatorin Olga Doleśniak-Harczuk und Janusz Tycner diskutieren die  wichtigsten Ereignisse der letzten Zeit in Polen. ♦ Polen wartet gespannt auf zwei Gesetzentwürfe des Staatspräsidenten zur Justizreform. Wie weit hat sich Andrzej Duda politisch von den Nationalkonservativen entfernt? ♦ Jean Claude Junckers neueste Europa-Visionen  stoβen auf wenig Gegenliebe in Polen. ♦ Kriegsreparationen von Deutschland sind ein  heiβes Eisen.

Lesen Sie das polnische Rechtsgutachten – deutscher Text.

♦ Der deutsche Bundestagswahlkampf mit polnischen Augen gesehen.




Das Wichtigste aus Polen 23. Juli – 5. August 2017

Kommentatorin Olga Doleśniak-Harczuk und Janusz Tycner diskutieren die  wichtigsten Ereignisse der letzten Zeit in Polen. ♦ Das Veto des Staatspräsidenten bremst die Justizreform aus. Reformbefürworter und Reformgegner mit den angekündigten eigenen Gesetzesvorlagen zufriedenzustellen gleicht fast dem Versuch die Quadratur des Kreises zu lösen. Duda traut es sich zu. Man darf gespannt sein. ♦ Veto hin, Veto her, die EU droht wie immer mit Sanktionen. ♦ Auch Moskau will Polen mit Sanktionen belegen und zwar wegen des geplanten Abbaus der noch verbliebnenen sowjetischen Heldendenkmäler ♦ Brüssel und Moskau drohen, die Geburtenrate steigt.




Das Wichtigste aus Polen 6. März – 12 März 2016

Kommentator Janusz Tycner und Joachim Ciecierski gehen auf die wichtigsten Ereignisse der Woche ein: Staatspräsident Andrzej Dudas Autounfall gibt Anlass zur Empörung und Diskussion über Hasssprache im Internet. Kein selbstverständlicher Sieg: Recht und Gerechtigkeit gewinnt Nachwahlen zum Senat in Nordost Polen. 52 Journalisten überwacht und beschattet: Abhöraffäre aus der Zeit der Tusk-Regierung zieht immer weitere Kreise. Konflikt um Verfassungsgericht geht weiter. Zum ersten Mal könnte es gelingen den Angestellten im Handel arbeitsfreie Sonntage zu garantieren.




Das Wichtigste aus Polen 13. Dezember – 19. Dezember 2015

KommentatorJanusz Tycner und Joachim Ciecierski gehen auf die wichtigsten Ereignisse der Woche ein: Staatspräsident Andrzej Dudas zornige Rede zum 45. Jahrestag der Dezember-Unruhen an der polnischen Ostseeküste: die Dritte Republik hat versagt. Neues Gesetz über das Verfassungsgericht soll mehr Ausgewogenheit in die Spruchkammer bringen. Staatshaushalt 2016 unter Dach und Fach. Neue soziale Leistungen sind finanzierbar. Staatspräsident Andrzej Duda zu Besuch in Kiew. Der britische Ministerpräsident zu Besuch in Warschau. Polens Haltung: neue EU-Grenzpolizei Frontex ja, aber nicht unter Zwang. Polens Hoffnung: Brüsseler Gespräch zwischen Ministerpräsidentin Beata Szydło und Martin Schulz wird die antipolnischen Emotionen des EU-Parlamentspräsidenten zähmen.




Das Wichtigste aus Polen 4. Oktober – 10. Oktober 2015

Kommentator Janusz Tycner und Joachim Ciecierski gehen auf die wichtigsten Ereignisse der Woche in Polen ein: Staatspräsident Dudas gelungenes Debüt auf der UN-Vollversammlung. Staatspräsident legt Veto gegen Geschlechtsumwandlungsgesetz ein. Regierende Mehrheit sichert sich mit Trick Einfluss bei Verfassungsgericht. Parlamentswahlkampf geht weiter. Erste Etappe des 17. Chopin-Pianisten-Wettbewerbs ging in Warschau zu Ende. Ausführlicher Bericht.




Das Wichtigste aus Polen 06. Dezember – 12. Dezember 2015

Joachim Ciecierski und Journalist Piotr Siemiński gehen auf die wichtigsten Ereignisse der Woche in Polen ein: Staatspräsident Andrzej Duda besucht das Reich der Mitte. Nächster Akt – Verfassungsgericht im Clinch. Debatte über einen möglichen Beitritt zum Nato-Programm der „nuklearen Teilhabe“ entbrannt.