Was bewegt Radio Maryja

Ein Gespräch mit dem Gründer und Direktor des Senders, Pater Tadeusz Rydzyk.

Radio Maryja, der katholische Sender aus Toruń/Thorn feierte am 9. Dezember 2016 sein 25-jähriges Bestehen. Überwiegend ehrenamtlich betrieben und fast ausschlieβlich aus Zuhörerspenden finanziert, stellt es ein Vorhaben dar, das von den Menschen in Polen in einer Weise unterstützt wird, die alles bisher Dagewesene übertrifft.

Auf deutschsprachige Medien wirkt der Sender seit eh und je wie ein rotes Tuch. Ihre Beschreibungen münden zumeist in heftigen Beschimpfungen.

♦ Radio Maryja „ist ultrakatholisch, ultranationalistisch, ultrarechts und extrem europafeindlich, und obendrein pflegt es einen ätzenden, hasserfüllten Antisemitismus“ (Neue Züricher Zeitung, 5.12.2002). ♦ „Katholischer Hetzsender Radio Maryja“ (Schweizer Rundfunk, 26.09.2015). ♦ „Der katholische Sender Radio Maryja hetzt gegen Juden“ (Spiegel, 29.04.2006). ♦ „Das Radio-Maryja-Imperium ist antisemitisch, homophob, anti-ökumenisch (Religionsphiolosophischer Salon, 18.12.2015).♦  „Rassistische und antisemitische Inhalte sind bei Radio Maryja an der Tagesordnung“ (Dossier der Bundeszentrale für politische Bildung, 3.09.2009).

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Pater Rydzyk im Gespräch mit der israelischen Botschafterin in Warschau Anna Azari am 7. September 2016.

Man könnte meinen, Joseph Goebbels, lebte er noch, könnte in Toruń in die Lehre gehen. Beweise (Zitate) für diese schwerstwiegenden Vorwürfe werden nur in den seltensten Fällen erbracht, und wenn, dann sind sie sehr dürftig. Einige Zuhörer-Entgleisungen von vor zehn Jahren und mehr, die in Telefon-Livesendungen vorgekommen sind. Eine dubiose geheime Tonbadaufnahme von Pater Rydzyk aus dem Jahr 2007 (also kein Sendebeitrag).

Auβerdem einige Rundfunk-Livedebatten Anfang der 2000er Jahre, hervorgerufen durch das Buch des jüdisch-amerikanischen Autors Norman Finkelstein „Holocaust-Industrie. Wie das Leiden der Juden ausgebeutet wird“, das in Deutschland, mit einer Startauflage von fünfzigtausend Exemplaren (!), bei dem angesehenen Piper Verlag erschienen ist, einhunderttausend Mal verkauft und in einer sehr hitzigen Debatte beileibe nicht ausschlieβlich kritisch beurteilt wurde. Und das war’s.

In den 25 Jahren des Bestehens von Radio Maryja, bei dem die Zuhörer fast ununterbrochen auf Sendung sind, gab es Anlass zu Kritik, manchmal auch zu einer Rüge. Davon gab es, verdient und unverdient, weiβ Gott genug. Doch die These „hasserfüllter Antisemitismus“ sei dort „an der Tagesordnung“ und quasi die wichtigste Botschaft des „katholischen Hetzsenders“ hat mit der Wirklichkeit nichts zu tun.

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Johannes Paul II. 1995 im Gespräch mit Pater Rydzyk: „Jeden Tag danke ich Gott dafür, dass es in Polen ein Radio gibt, das Radio Maryja heiβt“.

So  sahen und sehen es offensichtlich nicht nur die Päpste Johannes Paul II., Benedikt XVI. und Franziskus sondern auch die israelische Botschaft in Warschau, bei der Pater Rydzyk Gast sein darf. Rydzyk reist zudem seit knapp drei Jahrzehnten regelmäβig nach Isreael. Kein einziges Mal ist ihm die Einreise verweigert worden.

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Audienz bei Papst Bendeikt XVI. am 4. November 2007.

Lange Zeit hieβ es „das Problem“ werde sich „durch die Biologie“  von selbst lösen. Radio Maryja sei ein Vorhaben ohne Zukunft, ein zum Aussterben verurteiltes Reservat alter Menschen. „Wir brauchen euch nicht“, lautete jahrelang sinngemäβ die Botschaft der „aufgeklärten“ Eliten an sie. „Wir haben ja eure Kinder und Enkelkinder auf unserer Seite“. Es sah so aus, aber diese Rechnung ging nicht auf.

Die Abgänger der Radio-Maryja-Journalistenschule (fünfhundert Studenten), um nur ein Bespiel zu nennen, sind keine unterwürfigen Glaubenseiferer. Gut geübt im Umgang mit den modernsten Medientechniken, kreativ, tragen sie ihren Glauben im Herzen und nicht wie eine Monstranz vor sich. Der erste Spielfilm, den eine Gruppe von ihnen gerade fertiggestellt hat, „Die abgebrochene Ähre“, hat auch feindselig eingestellte Filmkritiker durch seine Qualität zutiefst beeindruckt.

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Pater Rydzyks Studenten. Den Glauben im Herzren tragen.

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Pater Rydzyk meidet den Begriff „Massenmedien“, gebraucht dafür lieber die Bezeichnung „gesellschaftliche Kommunikations- bzw. Verständigungsmittel“. Der Adressat ist für ihn nicht „die Masse“, sondern die Gesellschaft: Menschen, Personen, Persönlichkeiten, wie er sagt. Es geht ihm nicht um „Übermittlung“ sondern um „Kommunikation“, um „Wechselwirkung“. Es gibt in Polen keine Medien, die Radio Maryja in dieser Hinsicht überbieten würden.

Im Auditorium überwiegen die 40 bis 59jährigen. Zudem haben 53 Prozent der Radio-Maryja-Zuhörer Abitur bzw. einen Hochschulabschluss. An manchen Tagen lauschen den Sendungen zugleich bis zu fünfhunderttausend Menschen.

radio-maryja-okladka-w-sieciMit den Jahren wurde das Thorner Projekt um eine Tageszeitung („Nasz Dziennik“ – „Unser Tagblatt“), einen Fernsehsender (Trwam) und eine Hochschule erweitert . 2016 ist der Rundbau einer Kirche für 3000 Gläubige vollendet worden. Weitere Vorhaben des unermüdlichen Paters Tadeusz Rydzyk kann man aus dem folgenden Gespräch erfahren, das im Wochenmagazin „wSieci“ („im Netzwerk“) vom 5.12.2016, unter dem Titel „Gewaltige Kräfte sind gegen uns angetreten“ erschienen ist. Es stellt eine Seltenheit dar, denn Pater Rydzyk gewährt normalerweise keine Interviews. Wir dokumentieren den Wortlaut mit geringfügigen Kürzungen.

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Pater Tadeusz Rydzyk. Jg. 1945. Redemptorist. Seit 1971 Priester.

Radio Maryja feiert 25 Jahre seines Bestehens. Rückblickend stellt sich die Frage: woher haben Sie gewusst, dass gerade die Medien ein so wichtiger Austragungsort des Kampfes um den katholischen Glauben, die polnische Kultur, die ökonomische Unabhängigkeit sein werden.

Das war offensichtlich.

Viele haben sich (nach 1989 – Anm. RdP) dahingehend beirren lassen, dass sie glaubten, dass Medien nun vom Grundsatz her ehrlich, unvoreingenommen sein werden, und dass die Herkunft des Kapitals, das hinter ihnen steht ohne Bedeutung sein wird. Die klügsten Professoren waren davon überzeugt.

(…) Seiner Zeit habe ich sehr an die katholischen Intellektuellen geglaubt. An die Klubs der Katholischen Intelligenz (1956 von den Kommunisten in fünf Städten zugelassene katholische Vereinigungen – Anm. RdP), an „Znak“ („Zeichen”, 1956-1978 von den Kommunisten zugelassene kath. Laienorganisation – Anm. RdP) , „Więź“ ( „Bund“, von den Kommunisten 1958 zugelassene Monatszeitschrift reformorientierter Katholiken – Zweites Vatikanisches Konzil – Anm. RdP), an „Tygodnik Powszechny“ („Allgemeine Wochenzeitung“ seit 1945 von den Kommunisten in Kraków zugelassene, streng zensierte katholische Zeitschrift reformorientier Katholiken – Anm. RdP).

Anfänglich wollte ich sogar Radio Maryja ebenfalls in Kraków ansiedeln. (…) Ich habe damals gehofft, dass diese Gruppen der Geist der Nation, ihre intellektuelle Elite sein würden, doch ich wurde enttäuscht.

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Radio-Maryja-Funkhaus in Toruń. Hörer zu Besuch.

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Enttäuscht war auch der Heilige Vater Johannes Paul II. Er schrieb 1995 an Jerzy Turowicz (1912-1999, Chefredakteur von „Tygodnik Powszechny“ in den Jahren 1945-1999), dass „die Kirche in diesem schwierigen Augenblick, beim »Tygodnik Powszechny« leider nicht die Unterstützung und den Schutz fand, die sie gewissermaβen erwarten konnte. Sie fühlte sich nicht ausreichend geliebt.“

Ich möchte diese konkrete Situation nicht beurteilen. Das Problem der Intellektuellen war, dass sie ihr Gewissen und ihre Pflichten gegenüber der eigenen Gemeinschaft aufgegeben hatten. Bildung selbst ist nicht genug, man muss weise und charakterstark sein. Auch der Teufel ist intelligent, aber das nützt nichts, weil er einen schlechten Charakter hat.

Doch das alles hat nicht erst damals (Anfang der 90er Jahre – Anm. RdP) begonnen. Schon Kardinalprimas Stefan Wyszyński (1901-1981, Primas von Polen 1948-1981 – Anm. RdP) sprach davon (in den 60er Jahren – Anm. RdP), dass die Intellektuellen ihn enttäuscht und verraten haben. Und das nimmt seither zu. Nehmen wir nur die Welt der groβen Medien. Es ist ein Drama. Sie lernen neue Techniken, Tricks, Kniffe zu beherrschen, aber die Wahrheit und das Gute findet man dort nicht.

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Briefmarken der Polnischen Post zum 10. Jahrestag der Gründung von Radio Maryja.

Das war lange Zeit auch Teilen der polnischen Kirche nicht bewusst.

Ich bin mir nicht sicher, ob man das so sagen kann. Die Medienberichte darüber, was die Bischöfe zu dem einen oder anderen Problem meinen, sind teilweise sehr verfälscht. Ich erinnere mich an ein Treffen mit Kardinalprimas Józef Glemp (1929-2013, Primas von Polen 1981-2006 – Anm. RdP) einige Monate vor seinem Tod. Es war der Namenstag von Bischof Antoni Dydycz (von Drohiczyn – Anm. RdP).

Der Kardinalprimas erhob sich, um zu gratulieren, und sagte auch, dass wir keine Medien haben, die uns die Wahrheit über Polen sagen. Und er fügte hinzu: „Es gibt nur Radio Maryja und das Fernsehen Trwam“ (Gegründet 2003 von Pater Rydzyk, wie sein gesamtes Wirken, aus Spenden finanziert – Anm. RdP). Das hat er einige Male wiederholt, und dankte mir. Ich war froh darüber, denn früher hatte der Kardinalprimas Radio Maryja auch anders betrachtet. Am Anfang waren unsere Beziehungen gut, dann wechselte es (noch 2010 wollte Glemp Pater Rydzyk aus der Leitung des Senders entfernen und sprach von einem „groβen Problem für die Kirche“ – Anm. RdP). Er sagte noch, als ob er in meinen Gedanken gelesen hätte: „Das war schon sehr unterschiedlich im Episkopat, aber nun ist es so, wie ich es sage.“ Tatsache ist jedoch, dass viele Bedrohungen nicht erkennbar waren.

Zum Beispiel die Bedeutung des Kapitals. Sogar anständige Menschen ließen sich einreden, dass es vor allem darum gehe alles Staatsvermögen schnellst möglich zu verkaufen, zu privatisieren. Egal an wen, egal wie billig, egal was der Käufer daran verdient.

So war es. Sogar Geistliche haben mir manchmal gesagt: „Agrarland ist doch eine Ware wie jede andere“. Nein, Agrarland ist keine Ware. Ein sehr edler Mensch wurde ZChN-Abgerordneter (katholische konservative Partei Christlich-Nationale Vereinigung – Anm. RdP) und sagte zu mir: „Es lohnt sich alles zu verkaufen, auch für einen Zloty“. Ich war verwundert: „Wie kann es sich für einen Zloty lohnen, wenn es viel mehr wert ist?“ Und er wiederholte nur dasselbe – es lohnt sich. Das war unlogisch.

Als das Wahlbündnis Solidarność (eine Koalition aus der Gewerkschaft und einem Dutzend konservativer Kleinparteien – Anm. RdP) regierte (zwischen 1997 und 2001 unter Ministerpräsident Jerzy Buzek – Anm. RdP) habe ich diese Leute gefragt, warum sie den Ausverkauf von Staatseigentum betreiben, obwohl sie gerade gewählt wurden, um den Ausverkauf zu stoppen. Ich denke nicht, dass diejenigen, die es gemacht haben, es uneigennützig taten. Nein, sie haben im Auftrag gehandelt. Zum Glück wacht Polen jetzt auf.

Ist es nicht zu spät dafür? Beinahe alle Medien sind schon in ausländischer Hand, von der Industrie ist nicht mehr viel übrig geblieben. Es wird nicht einfach sein, das alles wieder aufzubauen.

Natürlich wird es nicht leicht fallen, aber es ist möglich. Wir sollten jeden Tag singen „Noch ist Polen nicht verloren, solange wir leben“ (»Dabrowski-Mazurka«, die polnische Nationalhymne – Anm. RdP). Radio Maryja übrigens ist der einzige polnische Sender, der einmal am Tag alle Strophen der Nationalhymne abspielt.

Neulich haben die Studenten der Hochschule für Mediale und Soziale Kultur in Toruń (von Pater Rydzyk 2001 in Toruń gegründete Hochschule, die katholische Journalisten und Politologen ausbildet – Anm. RdP) zum St. Andreas Fest (Nacht zum 30. November – Anm. RdP) eine Feier organisiert, die sie „Unabhängigkeitsball“ nannten. Am Ende sangen sie die »Dabrowski-Mazurka« bis zur letzten Strophe. Wunderbar. Es gibt eine herrliche Jugend, es gibt Hoffnung. Sie darf sich nur nicht verführen lassen. Für böse Menschen ist das ein Leichtes.

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Radio Maryja Hochschule für Mediale und Soziale Kultur in Toruń. Studenten.

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Sehr oft stoβen wir auf ungewöhnliche Zeugnisse, die abgelegt werden von Menschen, deren Leben sich dank Radio Maryja verändert hat. Ihre Sendungen sind eine einzige Schule der Sorge um Polen. Oft eht es darin um alleinstehende, kranke, abgehängte Menschen. Es ist beinahe der einzige Platz im Äther, wo man mit der Evangelisierung in Berührung kommt, begleitet vom ruhigen Gespräch und der Suche nach Wahrheit.

Uns erreichen solche Zeugnisse sehr oft. Sie geben uns Kraft. Doch es ist das Werk sehr vieler Menschen: der Redemptoristen-Padres (Radio Maryja wird vom Redemptoristen Orden betrieben – Anm. RdP), die im Rundfunk arbeiten, der Priester, die die Vorort-Kreise der Familie von Radio Maryja (vereinigen Hörer in einzelnen Pfarreien – Anm. RdP) betreuen, Tausende von Laien und Freiwilligen die unser Radio ausmachen. Es fällt nicht leicht, das alles zu finanzieren. Es sind riesige Kosten.

Hatten Sie nicht Angst vor dieser Herausforderung? Das ist doch keine einmalige Aktion, sondern eine stete Anstrengung, es gibt riesige monatliche Verbindlichkeiten, Rechnungen, Ausgaben.

Dieselbe Frage wurde uns gestellt als wir um die Sendelizenz für Radio Maryja gekämpft haben. Wir wurden schrecklich blockiert, man versuchte uns zu entmutigen, wandte verschiedene Tricks an. Sie (der Landesrundfunkrat – Anm. RdP) haben uns gefragt: „Pater, woher wollen Sie dafür das Geld nehmen?“. Ich habe geantwortet, die Leute werden es geben, so wie sie für Kirchen, für die katholische Universität Lublin und andere Werke spenden. Man hat es belächelt.

Und dann kam mir eine Idee. Ich habe mich daran erinnert, dass wir vor nicht langer Zeit die Monstranzen vergoldet hatten und die Menschen dafür Ringe und Schmuck gespendet haben. Es kam u. a. ein Herr mit zwei Kindern, zog den Siegelring vom Finger und gab ihn uns. Er sagte: „Ich bin der Muttergottes viel schuldig“. Ich weiβ nicht einmal, wie er hieβ.

Etwas von dem Gold war übriggeblieben. Ich habe gesagt: „Ich habe Gold. Kommt nach Toruń, ich zeige es euch.” Zum Glück kamen sie nicht, denn es war nur eine Handvoll, aber es hat gewirkt. Später entstand daraus die Legende von Koffern voller Schmuck und Dollars, die ich angeblich zur Sitzung des Landesrundfunkrates mitgebracht haben soll. Das ist nicht wahr. Ich bin mit dem Bild der Muttergottes hingefahren, vor dem Kardinalprimas Wyszyński gebetet hat.

Dieses Radio ist durch Gebete erfleht worden. Nächtelang haben wir uns dafür im Gebet an Gott gewandt. Die Parzelle in Toruń hat das inzwischen schon verstorbene Ehepaar Poznański unserem Orden geschenkt. Ich hatte oft das Gefühl, dass Gott dieses Werk leitet.

Sie wiederholen oft: „Lasst uns so beten, als würde alles von Gott abhängen und lasst uns so arbeiten, als wäre alles von uns abhängig“.

Denn so ist es. Deswegen versuchen wir die Menschen so gut zu erreichen wie es nur geht: über Satelliten, Internet, Fernsehen. Und die Menschen geben uns Ratschläge, kümmern sich darum, dass sich das alles weiterentwickelt.

Jetzt haben sie den ersten Spielfilm hergestellt „Abgebrochene Ähre“ („Zerwany kłos“) über die selige Karolina Kózkówna (1914, als 16-Jährige von einem russischen Soldaten ermordet – Anm. RdP), eine schöne, sehr professionell und mit viel Engagement gedrehte Filmerzählung. Werden weitere folgen?

Wir werden sehen. Erst einmal arbeiten wir daran, dass der Film in die Kinos kommt und jeder ihn sehen kann. Wir warten auf die Vertragsunterzeichnung. Den Film, das will ich unterstreichen, haben die Studenten unserer Hochschule für Mediale und Soziale Kultur gedreht.

Denken Sie auch daran ein Theater zu gründen? Es wird immer schwieriger bei uns ein Theater zu finden, dass auf die wahren Werte setzt.

Nun gut, dann eröffne ich vor Ihnen, als Ersten, unseren Plan etwas zu schaffen, was ich vorläufig das „Institut Johannes Paul II. »Gedenken und Identität«“ nennen werde. Ich sehe das u. a. als ein sehr modernes Museum, wie das Museum des Warschauer Aufstandes in Warschau oder das Holocaust-Museum in Washington. Licht, Ton, Bilder, Laser. Der Besuch dort soll ein Erlebnis schaffen, die Identität der jungen Menschen formen, die Herzen bewegen. Dort soll die Schönheit Polens, seiner Geschichte, so wie Johannes Paul II. darüber sprach, gezeigt werden.

Und das Theater?

Dort soll es eine Aula für sechshundert Personen geben und eine Theaterbühne. Dorthin sollen gute, integre Schauspieler kommen, Theater machen und bei der Gelegenheit unsere Studenten unterrichten. Ich sehe einen groβen Bedarf dafür. Das was heute gezeigt wird ist oft Antikunst.

Sind das weit in der Ferne liegende Pläne?

Ich weiβ nicht, ob ich das sagen soll… Nun gut, Architekten arbeiten bereits daran. Bei einer guten Idee, einem wertvollen Einfall, soll man nicht zögern, sondern ihn umsetzten. Geschäftspläne für die Evangelisation soll man nicht machen. Wenn es ein gutes Werk ist, dann wird Gott helfen. Und gute Menschen. Radio Maryja ist ein Beweis dafür. Für den Film „Abgebrochene Ähre“ haben Menschen ein Prozent ihrer Einkommenssteuer gespendet. Das ganze Projekt kostete 550.000 Zloty (ca. 130.000 Euro – Anm. RdP). Jeder kann nun sehen, wie sinnvoll das Geld ausgegeben wurde.

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„Beten ist immer die Rettung“. Kirche der Allerheligsten Jungfrau Maria – des Sterns der Neuen Evangeliserung und des Hl. Johannes Paul II. in Toruń. Aus Spenden gebaut und eingeweiht im Mai 2016 in unmittelbarer Nachbarschaft des Radio-Maryja-Funkhauses und der Radio-Maryja-Hochschule.

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Haben Sie heute das Gefühl, dass das Bestehen von Radio Maryja sicher ist? Es gab Jahre, in denen fast jeden Monat eine neue mediale Treibjagt auf Sie und das Radio begann. (…)

Dass der Radiosender ganz sicher ist, das kann ich nicht sagen. (…) Gegen uns arbeiten internationale Kräfte. Sie sind im Kampf gegen uns bis sehr weit nach oben vorgedrungen, leider auch innerhalb der Kirche. Sie haben verschiedene Methoden angewendet. Es gab Augenblicke, in denen war der Druck geradezu unerträglich, und das von allen Seiten. Rettung, Zuflucht und Kraftquelle für mich war damals das Gebet. Stundenlang habe ich in der Kapelle gekniet und Gott um Unterstützung gebeten. Beten ist immer die Rettung. (…)

Hatten Sie Angriffe erwartet?

Ich war vorbereitet, aber ich hätte nicht gedacht, dass es derartige Verleumdungen hageln würde, derartige Lügen, und dass sogar einige Geistliche ihnen Glauben schenken würden.

Die erfundene Maybach-Limousine oder ein Hubschrauber, den Sie für sich gekauft haben sollen.

Ich habe Maybachs – als Modellautos, die mir die Zuhörer geschickt haben (lacht). Als es veröffentlicht wurde, wusste ich nicht was ein Maybach ist. Später, bei einer Fahrt auf der Autobahn, hat man mir einen Maybach gezeigt. Nichts Besonderes, ein Auto eben.

Haben Sie versucht diese Information richtig zu stellen?

Das hatte damals (2004 – Anm. RdP) die „Gazeta Pomorska“(„Pommerische Zeitung” – Anm. RdP) in die Welt gesetzt. Mein Mitarbeiter, Pater Jan hat daraufhin den Chefredakteur angerufen und ihm gesagt, dass das nicht stimmt. Er antwortete: „Ja, aber wir haben es schon geschrieben und das ist jetzt eine Tatsache“. Er hat es nicht richtig gestellt. So funktioniert das.

Mit dem Hubschrauber war es so. Irgendjemand hatte uns gesagt, dass eine Firma Pleite gegangen sei und sehr preiswert eine solche Maschine verkaufen wolle. Ich dachte mir, das sollte man sich doch einmal ansehen. Ich wollte sie nicht für mich, sondern für unsere Techniker, die auf den damals noch miserablen Straβen lange unterwegs waren bis sie am anderen Ende Polens ankamen, um eine Sendeanlage zu reparieren. Für ein Radio bedeutet jede Stunde Schweigen einen Verlust von Zuhörern, und erst recht wenn es sich um einen ganzen Tag handelt!

Wir sind also hingefahren. Sie haben uns sogar auf einen Probeflug mitgenommen und ich konnte zum ersten Mal unser Radio von oben sehen. Doch der Preis war für uns unvorstellbar hoch. Danach stellte sich heraus, es war eine Provokation. Nicht die erste und sicherlich nicht die letzte.

Wir wurden sehr oft in ähnlicher Weise heimgesucht. Eine Zeitung hatte sogar dauerhaft zwei Mitarbeiter beauftragt uns rund um die Uhr zu beobachten. Die Armen mussten uns auflauern. (…)

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Briefmarke der Polnischen Post zum 25. Jahrestag der Gründung von Radio Maryja.

Man kann sich unter solchen Umständen leicht abkapseln, das Vertrauen in die Menschen verlieren. War es bei Ihnen so?

Nein. Ich fühle mich immer frei. Ich fürchte mich nur vor Gott, möchte vor dem Jüngsten Gericht bestehen, um nicht in die Hölle zu gelangen. Ich bange um mein Gewissen, aber ich werde nie kapitulieren. Andererseits erfahre ich auch unglaublich viel Wohlwollen. Vor einigen Jahren war das manchmal anders. Heute kommen die jungen Leute von selbst auf mich zu, grüβen, sprechen mich freundlich an.

Machen sie auch Selfies mit Ihnen?

Ja. Wenn ich nicht gerade sehr in Eile bin, dann willige ich ein, auch wenn ein solches Foto das Gesicht sehr entstellt (lacht).

Manche behaupten die „Gazeta Wyborcza“ (die linksradikale „Wahlzeitung“, eine unerbittliche mediale Gegnerin von Radio Maryja – Anm. RdP) sei im Begriff unterzugehen.

Das sind Märchen. Wie oft hat man schon darüber geschrieben. Wahrscheinlich bereiten sie wieder etwas vor, verpuppen sich. Sie sind doch gerade dabei einen neuen TV-Sender zu eröffnen, geben insgesamt um die zwei Dutzend Pressetitel heraus, haben Internetportale. Nur naive Menschen können so etwas behaupten. Ich lasse mich nicht täuschen. Allzu mächtige Kräfte stehen hinter ihnen, als dass sie abstürzen könnten.

George Soros (US-Milliardär, der in Polen viele linke Projekte, u. a. „Gazeta Wyborcza“ mitfinanziert – Anm. RdP) wird es nicht zulassen?

Es ist nicht nur der eine Soros. Hauptsache es gibt mehr Gutes in Polen.

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Pater Rydzyk und Jarosław Kaczyński. Text auf dem Plakat: „Wir flehen um Einigkeit im Vaterland‘.

Ein Jahr nach dem politischen Wechsel gibt es mehr davon? Wie beurteilen Sie die jetzige Regierung?

Vor allem hoffe ich, dass diejenigen die Regieren das Gute wollen. Bei vielen Regierungsmitgliedern sehe ich, dass es edle Menschen sind, dass sie für Polen arbeiten wollen. Oft höre ich im Ausland, dass man uns um diesen Staatspräsidenten, diese Regierung beneidet. Es sind Menschen die beten, die sich um ihr Land kümmern.

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Pater Rydzyk und Staatspräsident Andrzej Duda am Rande der Feierlichkeiten zum 25. Jahrestag der Gründung von Radio Maryja in Toruń am 4. Dezember 2016.

Doch den Tag sollte man erst nach dem Sonnenuntergang loben und Menschen erst nach ihren Tod heiligsprechen. Jeder macht Fehler. Vor uns befinden sich Fallgruben und andere Fallen, und um sie herum viele Menschen aus den alten Seilschaften. Wir sehen, wie sie Sand ins Getriebe streuen. (…)

Ist es nicht ausreichend die politische Macht zu erobern, um zu regieren?

Nein, weil das Gewissen das wichtigste ist. Hochschulen, Medien, die Opposition sind nicht nur von anständigen Menschen bevölkert.

In den letzten Monaten haben diese Menschen nicht gescheut dazu aufzurufen Polen mit verschiedenen Strafen und Sanktionen zu belegen.

Ich sage es offen: Das ist Verrat. In Polen sollten wir unsere polnischen Probleme allein lösen. Nehmen wir etwa das „Komitee zur Verteidigung der Demokratie“. Ich frage: welcher Demokratie? Vielleicht der sozialistischen? Das sind Menschen aus den alten Seilschaften. Nicht alle, einige wurden verführt, aber die meisten doch.

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Pater Rydzyk und Ministerpräsidentin Beata Szydło im Studio von Radio Maryja.

Es wird behauptet, Sie bekommen Millionen von Zloty von der Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit.

Das sind Verleumdungen. Ich habe nichts bekommen und ich habe Recht und Gerechtigkeit um nichts gebeten. Wenn es die Möglichkeit gibt eine offene, transparente Ausschreibung zu gewinnen, warum sollten wir nicht daran teilnehmen? Alles ist transparent, man sieht es, kann es überprüfen. (Im April 2016 bekam der Fernsehsender von Radio Maryja, Trwam von Kulturministerium 140.000 Zloty – ca. 33.000 Euro für eine Werbekampagne, die das Bücherlesen fördern soll zuerkannt – Anm. RdP).

Haben wir etwa keine Bürgerrechte? Steht uns etwa nicht das Recht zu geachtet zu werden? Neulich haben sie eine Frau zu uns geschickt, die mit einer Fratzenmaske Jarosław Kaczyńskis um unsere neue Kirche lief. Mit welchen Recht eigentlich? Hat Jarosław Kaczyński nicht schon genug gelitten?

Man kann mit jemandem anderer Meinung sein, aber man sollte sachbezogen diskutieren. Das was sie machen, bewegt sich auf einem sehr niedrigen Niveau. Dieses ständige Aufeinanderhetzen der Menschen tötet seelisch. Dasselbe haben sie nach der Tragödie von Smolensk (Absturz der polnischen Präsidentenmaschine am 10. April 2010, alle 96 Insassen kamen ums Leben – Anm. RdP) gemacht. Dieses Verhöhnen des menschlichen Todes, des Leidens. Das ist sehr unpolnisch, das gehört nicht zu unserer Zivilisation. Das ist so bolschewistisch (…)

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Wie sehen Sie die Zukunft Polens? Die Linke und die Medien wollen uns davon überzeugen, dass wir „entchristlichen“ müssen, das Erbe der abendländischen Kultur und der Nation von uns weisen sollen, dass wir den Weg des Westens gehen sollen.

Diese Leute verstehen nichts oder sie werden vom bösen Willen getrieben. Oder beides. Wir müssen nichts, wir können unseren eigenen Weg gehen. Und im Westen sollten sie aufpassen, dass ihnen die Moslems nicht auf ihre Art die Religion beibringen.

Die Zeiten sind unruhig geworden. (…)

Ja es ist sehr unruhig. Wir dürfen nicht den Grundsatz vergessen: willst du Frieden, bereite Dich auf den Krieg vor. Die vorherige Regierungsmannschaft hat uns entwaffnet. Es gibt kaum eine Armee. Standorte wurden geräumt oder ganz aufgegeben. Wachdienste bewachen die Kasernen und das Militär geht um 15 Uhr nach Hause. Es ist lächerlich.

Sie haben es auf alles abgesehen: auf die Armee, die Bildung, Kultur, den Geist, die Kirche. Das alles muss wieder aufgebaut werden und es ist gut, dass das geschieht.

Bis jetzt wurden die Polen vor allem dazu angehalten zu emigrieren, sich als Arbeitskräfte in reichen Ländern zu verdingen. Dieses Emigrieren zerrüttet die Familien, macht Kinder zu Euro-Waisen. Deswegen freue ich mich, dass endlich Hoffnung zu keimen beginnt. Wir sollten keine Minderwertigkeitskomplexe haben. Auch die Kirche in Polen darf keine Komplexe haben. Wir als Kirche müssen wir bleiben und der Wahrheit dienen.

RdP