Untergang mit Rabatt

Preiskämpfe beschädigen den Buchmarkt.

„Lese mit Rabatt – 25%!“, „Unsere Top-Sonderangebote: – 40%!“, „Alle Neuerscheinungen 10% billiger!“ In den polnischen Buchhandlungen tobt der Preiskampf, in grellen Farben locken die Schnäppchen. Auf er Strecke bleiben immer mehr kleine Buchläden. Eine einjährige Preisbindung für Neuerscheinungen könnte den Markt stabilisieren.

„Was bei uns stattfindet ist nicht gut, die Lage ist dramatisch“, sagt Tadeusz Zysk, Eigentümer von „Zysk i S-ka“, eines der gröβten Verlagshäuser des Landes. „Verleger legen von vorne herein hohe Preise fest, da die Händler nicht schon am ersten Verkaufstag mit bis zu vierzigprozentigen Preisnachlässen auf Kundenfang gehen. Der ruinöse Preiskampf der dann allerdings folgt, vernichtet unseren Buchmarkt“.

Der Preiskrieg tobt, weil Leser rar sind. Der Trend geht nicht einmal hin zum „Erstbuch“. Laut Umfragen, gaben nur knapp 42% der Polen über fünfzehn Jahre an, 2014 wenigstens ein Buch gelesen zu haben.

Auch andere Daten sind wenig erfreulich. Polens Anteil am gesamten EU-Buchumsatz betrug 2013 mickrige 3%. Ende 2013 gab es zwar 38.000 Verlage, aber auf nur knapp dreihundert von ihnen entfielen 98% aller Einnahmen auf dem Buchmarkt. Die Zahl der gedruckten Titel wächst, die Auflagen fallen. Es gibt 1.850 Buchhandlungen im Land, in den letzten fünf Jahren ist ihre Zahl um 700, und somit um 30% geschrumpft. Buchhandelsketten, wie „Matras“ (180 Verkaufsstellen) oder „Empik“ (190), beherrschen den Markt, Lebensmitteldiscounter verkaufen Paperbacks an den Kassen, und kleine Buchhandlungen sterben, weil sie beim Preisesenken nicht mithalten können.

Die Polnische Buchkammer (Polska Izba Książki – PIK), in der Verleger, Buchhändler, der Groβhandel und Buchdrucker Mitglied sind, hat einen Gesetzentwurf vorbereitet. In Polen soll es künftig eine einjährige Buchpreisbindung für Neuerscheinungen geben.

„Bücher sind keine Allerweltsware, und selbst die wird im Regelfall nicht bereits am ersten Verkaufstag im Preis herabgesetzt. Bücher sind ein wertvolles Gut, ein wichtiger Bestandteil der menschlichen Zivilisation, der Kultur, der Wissenschaft. Buchhandlungen mit einem weitgefächerten Angebot, und nicht nur mit Kochbüchern und Krimis, die sich am besten verkaufen, muss es auch in der tiefsten Provinz geben. Doch es werden immer weniger“, so Włodzimierz Albin PIK-Chef und Betreiber eines Verlages für juristische Fachliteratur.

Die Ideengeber hoffen, die einjährige Buchpreisbindung werde den Kundenschwund in kleinen Buchhandlungen, hin zu den rabattträchtigen Filialisten, stoppen. In Deutschland gilt sie mindestens für achtzehn, in Frankreich gar für vierundzwanzig Monate. Elf europäische Länder haben solche Regelungen, und dort wo sie gelten, so PIK-Chef Albin, haben sie sich positiv ausgewirkt.

Der ununterbrochene Preiskampf kostet viel Geld, mit dem man das Angebot erweitern, die Kundschaft mit Werbung, Lesungen und Signierstunden locken könnte, damit die verkauften Auflagen steigen. Im Durchschnitt wird ein Buch in Westeuropa in fünfzehntausend Exemplaren gedruckt, in Polen sind es lediglich dreitausend. Bei vergleichbaren Herstellungskosten wie in Deutschland, bleibt für den Verleger und den Händler daher nicht viel übrig.

Bei den Buchhandelsketten ist man geteilter Meinung. „Matras“-Chef Stanisław Wierzbicki sagt, dass seine Firma auch jetzt Lesungen und Autorenreisen veranstaltet. Sollte die Buchpreisbindung kommen, werden die Verlage nur sehr maβvoll von ihr Gebrauch machen können. „Niemand kann uns zwingen Bücher zu überhöhten Preisen einzukaufen, nur damit sie die Regale füllen. Bei dem überwiegend niedrigen Lohnniveau in Polen kann das sehr schnell passieren.“

Anders „Empik“-Direktor Michał Tomanek. „Preisbindung ist gut für den Markt. Das Beispiel Frankreichs zeigt, dass die Auflagen mit der Zeit steigen und die Preise fallen. Wir hoffen, dass es auch in Polen so sein wird.“

Der Gesetzentwurf über eine Buchpreisbindung wird seit April 2015 im Parlament in den Ausschüssen diskutiert. Die Regierende Bürgerplattform (PO) ist strikt dagegen. Ihr kleiner Koalitionspartner, Bauernpartei (PSL) ist dafür, genauso wie die Nationalkonservativen von Recht und Gerechtigkeit (PiS) und die Postkommunisten (SLD). Dass das Gesetz vor den für Oktober 2015 anberaumten Parlamentswahlen verabschiedet wird, gilt als unwahrscheinlich. Der Entwurf wird, wie alle anderen nicht verabschiedeten Gesetzesvorlagen, verfallen und im neuen Parlament neu eingebracht werden müssen. So sind die Regeln.

Die Rabattschlacht im Buchhandel geht vorerst uneingeschränkt weiter.

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