Das Wichtigste aus Polen 12. März – 19. März 2017

Kommentator Andrzej Godlewski und Janusz Tycner diskutieren die wichtigsten Ereignisse der letzten Woche in  Polen.

♦ Polen und die EU:  Tusk-Wahl als EU-Sanktionen-Ersatz gegen Polen, Rechtsstaatsverfahren oder Scherbengericht?,Justizreform von zwei Seiten aus gesehen. Dazu empfehlen wir: http://www.radiodienst.pl/donald-der-gehorsame/

♦ Weniger Handel am Sonntag: Für und Wider. Dazu empfehlen wir: http://www.radiodienst.pl/handel-am-sonntag/

♦ „Nutella“-Ost, „Nutella“-West. Dieselbe Marke, zwei Qualitäten. Dazu empfehlen wir: http://www.radiodienst.pl/weiss-weisser-deutsch/




Das Wichtigste aus Polen 26. Februar – 11. März 2017

Kommentatorin Aleksandra Rybińska und Janusz Tycner diskutieren die  wichtigsten Ereignisse der letzten Zeit in Polen.

♦  Tusk in seinem EU-Amt bestätigt.  Die Warschauer Regierung und ihre Gründe, sich gegen Tusk auszusprechen. Wer ist Jacek Sariusz-Wolski?  Polen allein auf weiter Flur.

Dazu empfehlen wir auch:  http://www.radiodienst.pl/donald-der-gehorsame/

♦  Der Gedenktag zu Ehren der „Verstoβenen Soldaten“. Späte Anerkennung für die gefallenen und ermordeten Kämpfer des antikommunistischen Widerstandes nach 1945.

Dazu empfehlen wir auch:  http://www.radiodienst.pl/archaeologie-des-terrors/

♦ Der Frauentag 8. März und warum der radikale Feminismus in Polen so wenig Anklang findet.

♦ Auf vielfachen Wunsch unserer Zuhörer und Leser werfen wir einen Blick aus unserer Warschauer Warte auf den Bundestagswahlkampf.

Dazu empfehlen wir auch:   http://www.radiodienst.pl/martinek-der-polenschreck/

 

 




Das Wichtigste aus Polen 20. November – 3. Dezember 2016

Kommentator Andrzej Godlewski und Janusz Tycner diskutieren die wichtigsten Ereignisse der letzten Zeit in Polen.

Die Bildungsreform wird zügig vorangetrieben. Statt 6+3+3 Klassen, kehrt das bewährte Modell 8 Klassen Grundschule+4 Klassen weiterführende Schulen zurück. Eltern überwiegend dafür, Lehrer meistens dagegen. Pro und Contra, Stand der Debatte.

Zittterpartie für Donald Tusk. Wird seine Amtsperiode als Präsidenten des Europäischen Rates um weitere 2,5 Jahre verlängert. Und was wenn nicht?

Wehmut und Anerkennung. Polen nimmt Abschied vom deutschen Bundespräsidenten Joachim Gauck und setzt nun ganz und gar auf Angela Merkel.




Donald der Gehorsame

100 Tage EU-Ratspräsident Tusk. Alle enttäuscht nur Frau Merkel nicht.

Der offizielle Jubel kannte keine Grenzen als Donald Tusk im September 2014 EU-Ratspräsident wurde. Es soll, so hat man tatsächlich behauptet, ein Ereignis gewesen sein, das sich gerade noch so mit der Wahl des Krakauer Erzbischofs Karol Wojtyła zum Papst vergleichen lieβ. Im Oktober 1978 hieβ es in Rom „habemus Papam“. Jetzt hieβ es in Warschau allen Ernstes „habemus Praesidentem Europae“.

So formulierte es damals der, nie um eine Peinlichkeit verlegene, Auβenminister Sikorski. Andere Politiker aus dem Regierungslager und regierungstreue Medien verkündeten mit Emphase, der „König Europas“ sei gerade gekürt worden. Die damals allgemein wie selbstverständlich verwendete Bezeichnung „Präsident Europas“ klang dagegen geradezu bescheiden.

Ereignis von epochaler Bedeutung

Diejenigen Polen, die anhaltend an tiefen Minderwertigkeitskomplexen leiden, und das ist ein nicht geringer Teil der Nation, konnten sich wieder einmal kurz aufrichten. Ähnlich wie in jenen Momenten, wenn es einem polnischen Sportler oder Team ausnahmsweise mal gelingt eine Goldmedaille oder einen Meistertitel zu erlangen. Oder, so geschehen im Sommer 2009, als der farblose Jerzy Buzek, an den sich heute in Europa kaum jemand mehr erinnert, für zweieinhalb Jahre EU-Parlamentspräsident wurde, und dann im Sommer 2011, als Polen die damals noch im Rotationsprinzip halbjährlich wechselnde und fast bedeutungslose EU-Ratspräsidentschaft übernahm. Beide Male waren das in der offiziellen Darstellung der Tusk-Regierung „Ereignisse von epochaler Bedeutung“.

Überhört oder niedergejubelt wurde von der Regierungspropaganda bei der Wahl Tusks zum EU-Ratspräsidenten der Einwand, es stimme doch sehr nachdenklich, dass kein(e) sich im Amt befindliche Regierungschef(in) Westeuropas, auch nicht Frau Merkel oder David Cameron, sich darum gerissen haben, „König(in) von Europa“ zu werden.

Polnischer Jubel 1: Tusk, der neue König Europas.
Tusk-Jubel 1: „Tusk, der neue König Europas “ (links Frau Mogherini).

„Wir können stolz sein!“, verkündete „Fakt“, Springers polnische „Bild-Zeitung“. „Zehn Jahre nach unserem EU-Beitritt wurde ein Pole EU-Ratschef, informell der Präsident der ganzen Union! Kein polnischer Politiker wagte es jemals von der Position zu träumen, die jetzt Donald Tusk einnehmen wird“.

Tusk-Jubel 2: Tusk erwartet in Brüsel Luxus. Der König Europas mietet eine Wohnung für (umgerechnet) viertausend Euro.
Tusk-Jubel 2: „Tusk erwartet in Brüsel Luxus. Der König Europas mietet eine Wohnung für (umgerechnet) viertausend Euro“.

Schwache einhundert Tage

Nun, nach einhundert Tagen seines Amtierens in Brüssel, konnten sich auch Tusks gröβte polnische Enthusiasten nicht dazu durchringen Begeisterung an den Tag zu legen. Diesmal zierte sein Gesicht weder die Titelseite der linken Tageszeitung „Gazeta Wyborcza“ („Wahlzeitung“), noch die des linken Wochenblattes „Polityka“. „Gazeta Wyborcza“ versteckte ihre erste Bilanz des „Königs von Europa“ auf Seite sechs unter der Überschrift „Tusks schwache hundert Tage“.

Tusk-Jubel 3: "Donald Tusk hat mit seiner neuen Frisur alle überrascht"
Tusk-Jubel 3: „Donald Tusk hat mit seiner neuen Frisur alle überrascht. Neuer Stil des Königs von Europa.“

Besser angebracht wäre sicherlich der Titel „Donald der Schweigsame“, weil der „Präsident Europas“ kaum zu vernehmen ist. Niemand weiβ, was „Unser Mann in Brüssel“ von der Umsetzung der Vereinbarungen von Minsk im Ukraine-Konflikt hält. Niemand kennt seine Meinung über die Idee der Briten, Waffen in die Ukraine zu liefern. Journalisten haben keine Chance ihn danach zu fragen, weil der neue EU-Ratsvorsitzende die Medien scheut, wie der Teufel das Weihwasser.

Tusk-Jubel 4 "Der König Europas. Doald Tusk zum  Präsidenten Europas gewählt. Er wird nach Polen als Millionär zurückkehren. Überzeuge Dich selbst davon wie die Erste Dame (Tuskas Frau) feiert. Die Meinungen der Welt zu Tusks Wahl."
Tusk-Jubel 4: „Der König Europas. Donald Tusk zum Präsidenten Europas gewählt. Er wird nach Polen als Millionär zurückkehren. Überzeuge Dich selbst davon, wie die Erste Dame (Tusks Frau) feiert. Die Meinungen der Welt zu Tusks Wahl.“

Seine Verteidiger behaupten nun allen Ernstes, dass der „Präsident Europas“ sich ohne Absprache mit den 28 Staats- und Regierungschefs der EU nicht zum Ukraine-Konflikt äuβern kann und darf. Die Erklärung, warum jedoch Angela Merkel und François Hollande sich mit den übrigen 26 EU-Staaten nicht im Geringsten absprechen müssen, wenn sie zu Putin aufbrechen und mit ihm, im Namen der EU, Vereinbarungen treffen, bleiben die Tusk-Fürsprecher schuldig.

Tusk kenne eben die Rangordnung, hege keine Illusionen, wer in Wirklichkeit die EU regiere und ihre Auβenpolitik gestalte, lautet ein weiteres Argument. Wie denn das? Ist Tusk plötzlich nicht mehr der „Präsident“, der „König Europas“, der er noch im September 2014 angeblich gewesen ist?

Der osteuropäische Musterschüler

In Ernst Hemingways berühmter Novelle müht sich der alte Mann sehr lange damit ab, den Fisch ins Boot zu bekommen, und als er ihn endlich dort hat, sieht er ein von anderen Fischen abgenagtes Skelett. Tusk ergeht es nicht anders, nur, dass ihm das nichts ausmacht.

Die Wahl ins EU-Amt war die Krönung seiner langjährigen Träume von einer groβen europäischen Karriere. Den Anlauf, den er dazu benötigte, war verhältnismäβig kurz und leicht.

Die polnische "Bild-Zeitung"-Ausgabe. Groβer Erfolg Donald Tusks! Der wichtigste Mann in Europa. Wird er Polen helfen? Ab Dezember wird es bei den Sitzungen des Europäischen Rates zwei polen geben (mit Ministerpräsidentin Kopacz).
Tusk-Jubel 5. „Fakt“, die polnische „Bild-Zeitung“: „Groβer Erfolg Donald Tusks! Der wichtigste Mann in Europa. Wird er Polen helfen? Ab Dezember wird es bei den Sitzungen des Europäischen Rates zwei Polen geben (mit Ministerpräsidentin Kopacz).

In Deutschland hat man im Herbst 2005 geradezu hysterisch auf den Sieg der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS), sowohl in den Präsidentschafts- wie auch in den Parlamentswahlen reagiert. Jeder, der die „schrecklichen“ Zwillingsbrüder Lech (Staatspräsident) und Jarosław (Ministerpräsident) Kaczyński entmachtete, und ihre selbstbewuβte und eigensinnige Europa- und Russlandpolitik zu Fall brachte, konnte auf die Dankbarkeit Angela Merkels zählen.

Tusk, der es geschafft hatte, im Herbst 2007, bei vorgezogenen Parlamentswahlen, die Regierung von Jarosław-Kaczyński abzulösen und dessen Bruder Lech auf dem Posten des Staatspräsidenten zunehmend zu isolieren, bis der am 10. April 2010 in der Smolensk-Flugzeugkatastrophe ums Leben kam, war Frau Merkel von Anfang an sympathisch. Umso mehr, als er gerne bereit war einzugestehen, dass für alle polnisch-deutschen Konflikte und Irritationen der Jahre 2005 bis 2007 allein sein Land, Polen die Schuld trug.

Deutsche "Bild-Zeitung" ausgabe. Tusk verglichen mit einem kleinen Ganoven, der dem Mafioso Vito Corleone die Hand küsst.
Deutsche „Bild-Zeitung“ online.. Tusk verglichen mit einem kleinen Ganoven, der im Film „Der Pate“ Mafioso Vito Corleone die Hand küsst.

Genauso verfuhr Tusk im Verhältnis zu Moskau, doch erwies sich der von ihm umgarnte Partner Wladimir Putin weit weniger loyal. Putin nahm Tusks Huldigungen und Zugeständnisse (u.a. die vollständige Übertragung der Untersuchungen des Flugzeugabsturzes von Smolensk an die Russen) gerne entgegen, und vertröstete ihn mit vagen Versprechungen, die er nicht einzulösen gedachte.

Tusk schlüpfte derweil gekonnt in die Rolle des osteuropäischen EU-Musterschülers. Zu Höherem geweiht wurde er 2010 in Aachen, bei der Verleihung des Karlspreises. Die Laudatio zu seinen Ehren hielt Angela Merkel persönlich. Der Lissabonner Vertrag, der die gescheiterte EU-Verfassung ersetzte und im Dezember 2009 in Kraft trat, hat jedoch Tusks heutiges Amt deutlich geschwächt.

Brav sein ist alles

Für den Vorsitzenden der EU-Kommission (heute Jean-Claude Juncker) wurde eine fünfjährige Amtsperiode beibehalten. Dem in seiner Art neu geschaffenen Amt des EU-Ratspräsidenten (heute Tusk) wurde jedoch nur eine zweieinhalbjährige Amtsperiode zugebilligt, mit der Möglichkeit sie einmal zu verlängern. Je kürzer aber die Amtsperiode, umso schwächer die politische Position des jeweiligen Amtsinhabers.

Tusk hat das nicht gestört, seine Entschlossenheit EU-Karriere zu machen nicht gemindert. Den Absprung nach Brüssel betrachtete er als die beste Rettung vor den wachsenden politischen Schwierigkeiten in Polen, und als ein Heilmittel gegen seine Amtsmüdigkeit als Ministerpräsident. Er hat lange Zeit falsche Fährten gelegt, behauptet er denke gar nicht daran nach Brüssel zu gehen, weil er zu Hause noch viel zu tun habe. Insgeheim lernte er intensiv Englisch, bekam von Frau Merkel fortlaufend diskrete Ratschläge und Anweisungen, was er zu tun und zu lassen habe, um seine Chancen nicht zu gefährden.

Tusk ist heute 58 Jahre alt. Sein Plan: fünf Jahre lang, bis Ende 2019, in Brüssel ausharren. Im Frühjahr 2020, noch vom Glorienschein des ehemaligen „Präsidenten Europas“ umgeben, die Wahlen gewinnen und polnischer Staatspräsident werden.

Dazu bedarf es aber Mitte 2017 unbedingt einer Verlängerung der Amtsperiode um 2,5 Jahre. Frau Merkels Wort wird dabei, wie bei der Ernennung im Sommer 2014, das gröβte Gewicht haben. Brav sein, der politischen Ziehmutter keine Schwierigkeiten machen, keine kesse Lippe riskieren, das sind für Donald Tusk die Schlüssel zum eigenen Wohlergehen. Die ersten einhundert Tage seiner Amtsperiode haben gezeigt, dass er diese Taktik ganz und gar beherzigt hat.

Die Frage nach dem EU-Gemeinwohl, nach konstruktiven Zielen, die es zu erreichen gilt, stellt sich für Tusk nicht. Ernsthafte Überlegungen zu den Problemen Europas? Fehlanzeige.

Macht war für Tusk immer nur ein Selbstzweck und sie durfte den Rotwein- und Zigarrengenieβer nicht zu sehr belasten. Der Ministerpräsident verlieβ Warschau für gewöhnlich am Donnerstagnachmittag an Bord einer Maschine in Richtung Sopot/ Zoppot, wo er ein Haus hat, und er erschien nicht vor Montagnachmittag wieder im Dienst. Diesen Rhythmus versucht er so gut es geht auch in Brüssel beizubehalten.

Wie es um sein EU-Amt bestellt sein würde, konnte man derweil schon im Juni 2014 absehen. Aus Anlass des 70. Jahrestages der alliierten Landung in der Normandie, hatten Merkel und Frankreichs Staatspräsident Hollande beschlossen sich mit Putin und dem ukrainischen Ministerpräsidenten in Deauville zu treffen. Der damalige EU-Ratspräsident (Van Rompuy) und die EU-Chefdiplomatin (Frau Ashton) wurden nicht dazu geladen.

Schnell zur Sache

Spätestens zu diesem Zeitpunkt wurde klar, wer in der EU die Entscheidungen fällt. Niemand stellte laut die Frage, wozu eigentlich die EU die beiden neuen Ämter geschaffen hat. Eine ehrliche Antwort lautet bis dato: zur Dekoration.

Noch zur Zeit des Tusk-Vorgängers, Herman Van Rompuys, haben sich Deutschland und Frankreich immerhin bemüht, den von ihnen erzwungenen Lösungen einen europäischen Anstrich zu geben. Inzwischen hat das keine Bedeutung mehr. Vor allem deutsche Politiker sind es müde um den heiβen Brei herumzureden. Man möchte schnell zur Sache kommen, und EU-Ratspräsident Tusk spurt.

Tusk dzwoneczek foto

Amersten abend des zweitägigen EU-Gipfels, es war der 19. März 2015, rief er, wie befohlen, einen Mini-Gipfel zum Thema Griechenland ein. Teilnehmer waren: Frau Merkel, François Hollande, Ministerpräsident Tsipras sowie Vertreter der wichtigsten EU-Finanzinstitutionen.

Da konnte der belgische Regierungschef Charles Michel vor der geschlossenen Tür noch so laut toben und Tusk beschimpfen: „Was sind das für Ideen? Weder Deutschland, noch Frankreich haben ein Mandat, um Belgien zu vertreten. Wollen Sie die Union in wichtige und weniger wichtige Länder spalten?“

Da konnte der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann Tusk darauf hinweisen, dass er wenigstens den Vorsitzenden des EU-Paralaments Martin Schulz hätte dazu einladen sollen. Tusk begnügte sich mit einer 47-sekündigen Erklärung in „holprigem“ (so die Presseagentur AP), schwer verständlichem Englisch darüber, was hinter geschlossenen Türen zu Griechenland gesagt wurde.

Sehr bezeichnend war auch der Besuch des „Präsidenten Europas“ bei US-Präsident Obama in Washington am 9. März 2015. Irgendeine eigene Aussage, eine Idee Tusks zum geplanten Freihandelsabkommen zwischen den USA und Europa, zu den wichtigsten Problemen der Weltpolitik? Fehlanzeige. Stattdessen Smalltalk, Shakehands, gemeinsames Foto, aber keine, wie sonst üblich, gemeinsame Pressekonferenz mit Obama. Keine Erwähnung des Besuches in einem der wichtigen amerikanischen TV-Sender, kein Kommentar oder Artikel in der „New York Times“ (dort erschien ein Tusk-Interview vor dem Besuch), in der „Washington Post“, im „Wall Street Journal“.

Kein Ansehen, keine Macht

Die Show wurde Tusk zudem von Peter Wittig gestohlen, dem deutschen Botschafter in Washington, der ausgerechnet am Tag des Washington-Besuches von Tusk das Medieninteresse auf sich zog, als er öffentlich enthüllte, unter welchen Umständen sich Obama entschlossen hatte, keine „todbringenden Verteidigungswaffen“ in die Ukraine zu liefern. Die Entscheidung war, so Wittig, auf Betreiben Deutschlands beim Merkel-Besuch im Weiβen Haus am 9. Februar 2015 gefallen. Der deutsche Botschafter machte damit der amerikanischen Öffentlichkeit auf einen Schlag klar, wer in der EU die Politik macht und wer nur repräsentiert.

„Undurchsichtig, unsichtbar, nebulös, stammelnd“, so umschrieben ausländische Korrespondenten in Brüssel Tusks Wirken, als polnische Medien sie nach ihrer Einschätzung der ersten einhundert Tage des neuen EU-Ratspräsidenten fragten. Viel mehr fiel den Brüsseler Journalisten zu Tusk nicht ein.

„Viel Ansehen, keine Macht“, so umschreiben EU-Kenner die Funktion des EU-Ratspräsidenten. Der EU-Rat, das sind die Gipfeltreffen der Regierungschefs der EU-Staaten, die einige Male im Jahr stattfinden, bei denen manchmal wichtige Entscheidungen getroffen werden. Der EU-Ratspräsident soll sie vorbereiten und ihren Verlauf überwachen, mitunter vermitteln.

Tusks Vorgänger Van Rompuy, der flieβend Englisch und Französisch (letzteres beherrscht Tusk überhaupt nicht) sprach, viel Diplomatie- und Verwaltungserfahrung hatte, hat diese Aufgabe zuverlässig und geschickt gemeistert. Sein Nachfolger hat diese Erfahrung und Routine nicht. Aber er braucht sie auch nicht zu haben. Hauptsache Frau Merkel ist mit seinen Handreichungen zufrieden. Nur das zählt.

@ RdP