Kirche stellt sich der Pädophilie

Die Medien nehmen es kaum zur Kenntnis

Am 20. Juni 2014 fand in Kraków die internationale Konferenz „Wie soll man den Missbrauch von Kindern verstehen und auf ihn in der Kirche reagieren“. Veranstalter war das Kinderschutz-Zentrum (KSZ) an der Akademie Ignatianum. Das Ignatianum in Kraków, eine kirchliche Hochschule in der Trägerschaft des Jesuitenordens, gibt es seit 1999. Das KSZ entstand im März 2014. Es soll durch Forschung und praktische Schulungen den Kindesmissbrauch durch Geistliche zu unterbinden helfen. Bereits im März 2012 verabschiedete die Polnische Bischofskonferenz sehr strenge Umgangsregeln mit Priestern, die sich der Pädophilie schuldig gemacht haben.

Akademie Ignatianum in Kraków
Akademie Ignatianum in Kraków

Geleitet wurde die Tagung in Kraków durch Pater Adam Żak, den Chef des KSZ und seit Juni 2013 zugleich der Beauftragte der Polnischen Bischofskonferenz für den Kinder- und Jugendschutz.

Pater Adam Żak
Pater Adam Żak

Teilnehmer waren, neben polnischen Fachleuten, ausländische Gäste, u.a. Pfarrer Robert Oliver von der Vatikanischen Kongregation für die Glaubenslehre, der in seinem Referat die vom Vatikan zusammengetragenen Informationen und Erfahrungen auf diesem Gebiet vorstellte. Ein weiterer Referent war Prof. Jörg M. Fegert aus Deutschland, u. a. ärztlicher Direktor der Abteilung Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie der Universität Ulm und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie.

Es wurde mitgeteilt, dass zwischen 2003 und 2013 im ganzen Land 27 Priester wegen Kindesmissbrauchs rechtskräftig verurteilt wurden. Zwar mache das nicht einmal ein Hundertstel der knapp sechstausend wegen Pädophilie im selben Zeitraum Verurteilten in Polen aus, dennoch nehme die Kirche das Problem inzwischen sehr ernst.

Einladung zum Reue-Gottesdienst
Einladung zum Reue-Gottesdienst

Wie ernst, das wurde während des sich an die Konferenz anschlieβenden Reue-Gottesdienstes sichtbar, zu dem der Primas von Polen, Erzbischof Wojciech Polak und der Apostolische Nuntius in Warschau, Erzbischof Celestino Migilore angereist waren.

Nachstehend dokumentieren wir die Predigt mit dem Titel

„Beschämt und reuevoll bitten wir um Vergebung“

 

des Bischofs von Płock, Piotr Libera, während des Reue-Gottesdienstes für die Sünden des sexuellen Miβbrauchs von Kindern und Jugendlichen durch Geistliche, abgehalten am 20. Juni 2014 in der Basilika des Allerheiligsten Herzen Jesu in Kraków

Wortlaut:

Ein Reue-Gottesdienst… Die Kirche im Halbdunkel versunken… Bedeutende Gesten… Die Tiefgründigkeit der katholischen Liturgie… Das alles fiel mir ein, als ich im Programm des heutigen Gottesdienstes, noch zu Hause in Płock, geblättert habe, im Schatten des mittelalterlichen Turms aus der Zeit Bolesław des Schiefmunds*, der Reue zeigen musste für die Sünde, seinen Bruder Zbigniew blind gemacht zu haben. Im Schatten eines Turms, dessen Steine sich noch an Konrad von Masowien** erinnern, der büβen musste für seine schweren Sünden gegen Staat und Kirche.

Dort, in Płock, wo ich mich seit dem Beginn meines seelsorgerischen Dienstes mit Sünden herumschlagen musste, für die wir heute den Guten Herren und die Menschen um Vergebung bitten, dort, habe ich mich gefragt, was meine Rolle sein soll, hier, in der ehrwürdigen jesuitischen Herz-Jesu-Basilika, inmitten all dieser Gesten und Symbole.

Die Antwort lautete: Schönheit und Tiefgründigkeit dürfen das Konkrete, den konkreten Schmerz, das konkrete Leiden nicht verschleiern! Deine Aufgabe ist es, deutlich und verbindlich über das Konkrete zu sprechen! Genauso wie es Papst Franziskus tut, wenn er ohne Umschweife feststellt: „Wenn ein Geistlicher ein Kind miβbraucht, dann stöβt er Gott weg, dann begeht er Verrat an Gott. Die Aufgabe des Priesters ist es das Kind zur Heiligkeit zu führen, und das Kind vertraut ihm. Das ist eine sehr ernste Angelegenheit, wenn ein Priester, statt dessen, das Kind miβbraucht. Es ist als würde er an einer Teufelsmesse teilnehmen (…) Das dem Kinde angetane Leid, so Franziskus, bleibe in ihm sein ganzes Leben lang bestehen“.

Es ist offensichtlich, dass es für viele Menschen und in vielen Milieus bequem ist nur die Priester, und am besten gleich alle Priester, auf die Anklagebank zu setzten. Wir wissen auch, dass sich viele Sozial- und Berufsgruppen in unserem Lande kaum, und wenn überhaupt, dann auf einem armselig niedrigen Niveau, dem Nachdenken über dieses Problem gewidmet haben.

Uns ist ebenso bewusst, dass es eine enge Verbindung gibt zwischen der Pädophilie und der Gegenkultur der Vernichtung des Familienlebens, der sich die Kirche entschieden widersetzt. Zu dieser Gegenkultur gehört das ideologisch bedingte In-Abrede-Stellen der Unterteilung in ein männliches und ein weibliches Geschlecht als wichtigen Umstandzur Formung der Identität und Reife des Menschen. Zu ihr gehört die Abtreibung, durch die dem Kind das Recht auf Leben entzogen wird, in dem man es nach der Zeugung mit Gewalt beseitigt. Ihr Bestandteil ist auch die Pädophilie, der Gebrauch von Gewalt gegenüber einem Kind und das Ausnutzen seines Vertrauens, als Folge eines gestörten geschlechtlichen Lebens. Alle diese Erscheinungen eint die falsche Wahrnehmung der Sexualität, eint das In-Abrede-Stellen der Bedeutung der Vaterschaft, das Gespött dem die Mutterschaft preisgegeben wird, das Bemühen die Bindungen zwischen Kindern und Eltern zu schwächen.

Das alles ist bekannt und offensichtlich. Doch das ist keine Entschuldigung! Das befreit uns nicht von der Pflicht das Problem der Pädophilie in unseren Reihen zu erkennen, um seine Bedeutung zu wissen, die Stimme der Opfer zu hören und ihnen allseits Hilfe angedeihen zu lassen.

Hören wir eines der Zeugnisse: „Ich habe ihn aufgefordert damit aufzuhören. Er hörte nicht auf. Während er mich belästigte, entgegnete er auf meinen Einwand hin, er sei Priester, also kann er mir kein Lied antun. Er fotografierte meine intimsten Körperteile und sagte ich sei dumm, wenn ich denke, es sei etwas Schlechtes (…). Mir war schrecklich zumute. Ich fühlte, dass alles was er tat schlecht ist, aber ich konnte es nicht unterbinden. Ich habe nicht geschrien, ich habe mit niemandem darüber gesprochen. Ich wusste nicht was ich tun soll. Ich habe einfach gebetet, dass er endlich damit aufhört… Doch er hörte nicht auf.

Die Tatsache, dass mich ein Priester miβbrauchte, verstärkte das Durcheinander in meinem Kopf. Dieselben Finger, die die Unantastbarkeit meines Körpers verletzt haben, reichten mir am nächsten Tag die allerheiligste Hostie. Dieselben Hände, die den Apparat hielten, um meinen entblöβten Körper zu fotografieren, hielten am Tage das Gebetbuch, als er kam, um mir die Beichte abzunehmen. Die Behauptung, als Priester könne er mir nichts Schlechtes antun, hielt ich für die Wahrheit. Man hatte mir doch beigebracht, dass ein Priester mehr ist als ein einfacher Mensch. Das steigerte nur noch meine Schuldgefühle und festigte meine Überzeugung, dass ich, und nicht er, an allem schuld sei. Als es vorbei war, war ich ein ganz anderes Mädchen, als ich es gewesen bin, bevor ich dorthin kam. Ich verlor meine Selbstsicherheit, meine Sorglosigkeit und mein Glücksgefühl. Ich war überzeugt, dass ich schlecht sei und dass ich das vor der ganzen Welt verbergen muss. Ich habe mich nicht gegen die Religion, ich habe mich gegen mich selbst gewandt“.

Kann es ein schrecklicheres Bekenntnis geben? Und ist die Anhörung der Opfer und redliches Benennen der diesbezüglichen Verbrechen, die sich innerhalb der Kirche abgespielt haben, nicht eine grundlegende, elementare Pflicht? Leider ist ein Teil unserer Kirche immer noch nicht in der Lage, weder das anzuerkennen, noch es über sich zu bringen.
Als Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern in katholischen Einrichtungen im Westen publik wurden, meinte die Mehrheit der Bischöfe und anderer Verantwortlicher zu wissen, es handle sich um vereinzelte Zwischenfälle. „In der Tat, räumten die Bischöfe ein, es sei betrüblich, dass es so weit gekommen ist, aber es sind Ausnahmen“. Später sagte man: „Das ist ein Problem Amerikas“ Danach: „Das ist ein Problem der angelsächsischen Länder“. Die Grenze wurde immer weiter und weiter verlegt, nur um sagen zu können: „Das betrifft uns nicht“.

Nein, der Missbrauch und die Vernachlässigung von Kindern betreffen uns! Und wir räumen das ein, nicht nur um die mythische Glaubwürdigkeit der Kirche wiederzuerlangen. Auch nicht deswegen, um einem weiteren Schlag auszuweichen! Wir tun es, weil sich das so gehört! Wir tun es aus Solidarität mit einem verletzten Menschen, um ihm unser tiefes Beileid auszusprechen, um in ihm zu retten, was sich noch retten lässt, um sein Leid zu erfahren, mit dem er oft nicht umzugehen weiβ, weil sein Glaube und sein Vertrauen in die Kirche hintergangen worden sind.

Bischofs von Płock, Piotr Libera hält die Predigt während des Reue-Gottesdienstes für die Sünden des sexuellen Miβbrauchs von Kindern und Jugendlichen durch Geistliche
Bischof von Płock, Piotr Libera hält die Predigt während des Reue-Gottesdienstes für die Sünden des sexuellen Miβbrauchs von Kindern und Jugendlichen durch Geistliche

In diesem Geiste schrieb Papst Benedikt XVI. in seinem Hirtenbrief an die Katholiken in Irland: „Ihr habt schrecklich gelitten und ich bedaure das sehr. Ich weiβ, dass nichts das Böse auslöschen kann, das Ihr erfahren musstet. Euer Vertrauen wurde enttäuscht, eure Würde wurde mit Füβen getreten“. Wir schlieβen uns dieser Stimme an, wir machen sie uns zu eigen, in Kraków, hier, in Polen! Beschämt und reuevoll bitten wir um Vergebung. Wir bitten Gott darum, und wir bitten darum die Menschen, denen Priester Leid angetan haben!

Wir, die Bischöfe, bekennen zudem, dass wir allzu oft, anstatt das Wohl der Kinder an die erste Stelle zu setzen, uns von Betrug, von Heuchelei und von den „Verneinungsmechanismen“ der Pädophilie-Täter haben irreleiten lassen. Zu oft haben wir dem von ihnen angewendeten Abwehrmechanismen nachgegeben: dem Einreden, es sei „nur ein Einzelfall gewesen“; das Kind habe den Täter „bedrängt“ und „zu verführen“ versucht; es sei passiert, weil er „zu viel getrunken“ habe; dass sich das „nicht mehr wiederholen“ werde; dass er „gebeichtet und mit dem Vorgehen längst gebrochen“ habe. Heute wissen wir, dass ein Priester, der Kinder sexuell belästigt, auf diese Weise versucht seinen Vorgesetzten dazu zu bewegen, die Sache als abgeschlossen zu betrachten… Dabei ist sie meistens weder abgeschlossen, noch dermaβen begrenzt wie es dargestellt wird.

Wir bekennen zudem, dass, auch wenn die Zahl von Priester- und Mönchsanwärtern sinkt, die Vorgesetzten nicht nachsichtig sein dürfen angesichts der menschlichen Unzulänglichkeiten bei Kandidaten für den Priesterstand. Wir wissen ja, dass, wenn es, wie in einigen Ländern geschehen, zu wenige Bewerber zu den Priesterseminaren gab, unreife Männer mit Problemen sexueller Natur aufgenommen wurden. George Weigel*** hat zu recht darauf hingewiesen, dass das nebeneinander Bestehen von abartiger Sexualität und permissivem Umfeld zu katastrophalen Folgen geführt hat.

Einen solchen Fehler dürfen wir nicht begehen! Mehr noch, das Grundmerkmal der geistigen Einstellung von Priesteranwärtern darf nicht der Drang zu Selbstverwirklichung als ein Ziel an sich sein. Allzu oft nämlich, führt das zu einer Selbstbezogenheit, die eine Empfänglichkeit für Liebe und das Weitergeben von Liebe verhindert. Ein solcher sich ständig „selbstverwirklichender“ junger Mensch ist nicht fähig eine Beziehung zu einem anderen Menschen aufzubauen, die nicht zum Ziel hat diesen anderen Menschen auszunutzen um sich selbst zu verwirklichen.

Wir erkennen auch an, dass es notwendig ist, in solch wichtigen Angelegenheiten wie Familie, Kinder, Erziehung, den Rat der Laien einzuholen, vor allem der Eltern, ferner der Psychologen, Therapeuten, Juristen… Es ist notwendig von ihnen zu lernen, mit ihnen zusammenzuarbeiten auf der Suche nach Lösungen des Problems des sexuellen Miβbrauchs, mit ihnen das Wissen zu teilen, was man für den Schutz der Schwächsten tun kann. Wir müssen genug Demut und Mut haben, um Arbeitsgruppen zu bilden, bestehend aus Ärzten, Psychosexuologen, Juristen, Fachleuten auf dem Gebiet des Straf- und Kirchenrechts, Psychiatern.

Und am Ende noch eins: wir sind dem Heiligen Stuhl und den Kirchenvertretern aus anderen Ländern dankbar dafür, dass sie mit uns ihre Erfahrungen auf dem Gebiet der Ausrottung des sexuellen Missbrauchs von Kindern geteilt haben, für die Ausarbeitung von Handlungsstrategien und Vorgehensweisen, die sich als wertvoll erwiesen haben, und die wir in der Kirche in Polen bereits anwenden und weiterhin anwenden werden. Vergelt‘s Gott!

Anmerkungen RdP

* Bolesław III. Schiefmund (poln. Bolesław III Krzywousty, 1085-1138) war ab 1102 Herzog von Polen, ab 1107 Alleinherrscher. Er entstammte der Piasten-Dynastie.
** Konrad von Masowien (poln. Konrad I Mazowiecki, 1187-1247) war ab 1199, als Konrad I., Herzog in Masowien, ab 1202 Herzog in Kujawien, Sieradz und Łęczyca, sowie 1229–1232 und 1241–1243 Seniorherzog von Polen. Er entstammte der Piasten-Dynastie.

*** George Weigel (1951), amerikanischer katholischer Schriftsteller und Theologe, Autor des Bestsellers „Zeuge der Hoffnung“ (dt. 2011), der bestverkauften Biographie Papst Johannes Paul II.

RdP

Wenn Kirche Busse tut, schweigen die Medien

Knapp drei Wochen nach der kirchlichen Pädophilie-Konferenz und dem Reue-Gottesdienst in Kraków am 20. Juni 2014, stellte der kirchenpolitische Kommentator der Tageszeitung „Rzeczpospolita“ („Die Republik“) Tomasz Krzyżak am 7. Juli 2014 die Frage nach den Reaktionen auf die Selbstkritik der Kirche. Seine Beobachtungen in Bezug auf die Medien in Polen sind alles andere als zuversichtlich gewesen. Nachfolgend die wichtigsten Thesen seines Artikels.

Zum ersten Mal während seines Pontifikates, schreibt Krzyżak, wird sich Papst Franziskus (die Begegnung fand am 7. Juli 2014 statt – Anm. RdP) mit Menschen treffen, die als Kinder Opfer des Missbrauchs durch Geistliche geworden sind. Darunter werden Iren, Engländer, Amerikaner und Polen sein. Sie sollen heute an einer Papstmesse im Haus der heiligen Martha (das dem Papst als Wohnquartier dient – Anm. RdP) teilnehmen.

In diesen Tagen berät auch im Vatikan der von Franziskus einberufene Jugendschutzausschuss. Vatikankenner erwarten, dass aus dem Munde des Papstes Worte der Verurteilung der Pädophilie und Ankündigungen einer scharfen Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs in der Kirche fallen werden. (…)
Auch aus dem Munde der polnischen Bischöfe fielen letztens starke und sehr notwendige Worte. Ende Juni, während des historischen Reue-Gottesdienstes, entschuldigten sich die Hierarchen für alle Fälle sexueller Belästigung von Minderjährigen durch Geistliche. Bischof Piotr Libera, der den Gottesdienst leitete, hatte offen zugegeben, dass ein Teil der Kirchenvertreter immer noch auβer Stande sei, das Verbrechen der sexuellen Belästigung offen zu benennen, die Opfer anzuhören und entsprechende Maβnahmen zu ergreifen,

(Der Wortlaut der Predigt Bischof Liberas siehe oben – Anm. RdP)
(…) Sollen die Bischöfe um Entschuldigung bitten? Sind sie nicht zu weit gegangen? Oder haben sie etwa zu wenig getan? Sollen sie vielleicht den Beschluss fassen, die Kirche werde den Opfern Entschädigungen zahlen? Es sind offene Fragen, die ein Beitrag zu einer ruhigen und ernsthaften Debatte sein könnten. Ist solch eine Debatte möglich? Betrachte ich die Reaktion der Medien auf die Konferenz von Kraków über sexuelle Belästigungen in der Kirche und auf den Reue-Gottesdienst, wage ich das leider zu bezweifeln. (…)

Nur wenige Medien haben über die Konferenz berichtet. (…) Ähnlich war es mit anderen, kleineren vorbeugenden Schulungen, die Pater Adam Żak, der Beauftragte der Polnischen Bischofskonferenz für den Kinder- und Jugendschutz seit einigen Monaten durchführt. Genauso war es im Falle der Antimissbrauchskonferenz, die unter der Schirmherrschaft von Erzbischof Leszek Głódź und mit Beteiligung (der ehemaligen Polnischen Ministerpräsidentin und langjährigen Botschafterin beim Vatikan – Anm. RdP) Hanna Suchocka vom päpstlichen Jugendschutzausschuss vor kurzem in Gdańsk stattgefunden hat. Zu dem Reue-Gottesdienst in Bielsko-Biała unter der Leitung des dortigen Bischofs Roman Pindel haben die Medien keinen Piep von sich gegeben. (…)

Ein Reue-Gottesdienst oder eine Konferenz zur Prävention liefern keine Kontroversen und Skandale. Solche Ereignisse sind aus der Sicht der Journalisten schlicht und einfach nicht aufregend genug. Viel unterhaltsamer ist da der Entschädigungsprozess eines Missbrauchsopfers gegen die Kurie in Kołobrzeg oder die Enttarnung eines weiteren pädophilen Priesters, der sich angeblich während eines Schülerausflugs nach Zakopane hat etwas zuschulden kommen lassen.

Man kann ratlos mit den Achseln zucken und feststellen, das sei eben die Eigenart moderner Medien. Sie haben keine kulturbildende, keine erzieherische Funktion mehr. Sie gleichen einer Fabrik, nur dass von den Flieβbändern News, anstatt Autos oder Fernseher rollen.

Im Falle des sexuellen Missbrauchs in der Kirche sind das Nachrichten, wie z. B. die Absetzung Erzbischof Wesołowskis oder neue Beweise für die Schuld des Pfarrers G., der auch in der Dominikanischen Republik tätig war, oder die neusten vatikanischen Angaben über Missbrauchsfälle, an denen der dortige Anwalt der Gerechtigkeit arbeitet. In Bezug auf Polen wird die sensationelle Nachricht sein, der Heilige Stuhl habe zum zweiten Mal den Bischöfen ihre Unterlagen zur Pädophilie zur Nachbesserung zurückgeschickt. (…)

In Sachen sexueller Miβbrauch in der Kirche fällt den Medien eine wichtige Rolle zu. Das unterstreichen beinahe auf Schritt und Tritt der Primas von Polen, Bischof Wojciech Polak und der Bevollmächtigte des Episkopats Pater Adam Żak. Oft haben die beiden den Journalisten für die Aufdeckung von Missbrauchsfällen gedankt, was u.a. dazu geführt hat, dass die Kirche einen mutigen Schritt gewagt und vorbeugende sowie selbstreinigende Maβnahmen durchgeführt hat.

Ein Jahr nach der Berufung eines Missbrauchs-Beauftragten, einige Monate nachdem die Bischöfe die Pädophilie-Richtlinien verabschiedet haben, gab es inzwischen in den meisten der 44 polnischen Diözesen Schulungen für Priester. Der von einem Teil der Medien bezichtigte Erzbischof Józef Michalik, pädophile Priester zu decken, hat inzwischen fünfzehn Priesterjahrgänge, insgesamt dreihundert Geistliche, zu Präventionskursen geschickt. Weitere Kurse sind für September und November 2014 vorgesehen. (…).Auch Orden führen Vorbeugeprogramme ein, die Pallottiner, die Franziskaner, die Kapuziner. (…).

Was, auβer Pädophilie-Skandale-Aufdecken, können wir Journalisten noch tun? (…) Unsere Aufgaben dürfen sich nicht nur darauf beschränken. Die Menschen wollen von uns vor allem die Wahrheit erfahren, die Wahrheit vom Anfang bis zum Ende. Derweil bekommen sie oft nur die halbe Wahrheit serviert. So ist es auch mit der Pädophilie in der Kirche. (…).

RdP