Schrottgeld aufs Konto
Metallkriminalität eindämmen.
In Polen und Deutschland will man Metalldieben gemeinsam das Handwerk legen. Bereits am 27. November 2014 haben der polnische Zusammenschluss „Memorandum gegen Infrastrukturdiebstähle“ (MPKI) und die entsprechende deutsche Vereinigung „Sicherheitspartnerschaft gegen Metalldiebstahl“ (SIPAM) in Warschau eine entsprechende Vereinbarung unterzeichnet. Gemeinsame Schulungen, Konferenzen, ein Erfahrungsaustausch sollen helfen die in beiden Ländern ausgeprägte Metallkriminalität einzudämmen.
Szenen wie die nachfolgenden spielen sich an Polens Bahnstrecken immer wieder ab: Am 23. Dezember 2014 überraschten Beamte des Bahnschutzes (Straż Ochrony Kolei) einen Mann zwischen den Haltestellen Wrocław Kuźniki/Breslau Schmiedefeld und Wrocław Pracze/Breslau Herrenprotsch beim Diebstahl von etwa 50 m Signalkabel. Bei der Festnahme stieβ der Dieb einen der Beamten zu Boden und versuchte zu flüchten. Zwei Warnschüsse brachten ihn schließlich dazu stehen zu bleiben. Am 21. Dezember 2014 haben Bahnschutzbeamte an der Strecke Węgliniec/Kohlfurt – Bielawa Dolna/Nieder Bielau, in Niederschlesien, nahe der deutschen Grenze, nach einer fast einstündigen Auto-Verfolgungsjagd eine Bande gestellt, die u. a. 300 m Oberleitungsdraht und andere Metallgegenstände im Wert von gut 40.000 Zloty (knapp 10.000 Euro) bereits zum Abtransport bereitgelegt hatten.
Im Jahr 2013 wurden in ganz Polen knapp 14 Tausend Metall-Diebstähle bei der Bahn, im Energie- und Fernmeldewesen sowie im Kanalisationssystems festgestellt. Der Gesamtschaden belief sich auf 50 Mio. Zloty (ca. 12,5 Mio. Euro). Die Diebe haben es auf Fahrleitungsdrähte, Fahrleitungsdrahtgewichte, Tragseile, Telefondrähte, Energie- und Erdungskabel, Kleineisenteile, Verbindungsstücke und sogar ganze Schienenstücke sowie Kanaldeckel abgesehen. Mehr als 6 Tausend Züge hatten dadurch Verspätungen, etwa 80 Tausend Telekom-Kunden mussten zeitweilig auf Telefon und Internetverbindungen verzichten.
Mittlerweile ist der Bahnschutz dazu übergegangen an nicht gekennzeichneten Kleinbussen lange Ausleger mit Kameras zu installieren, um so das Bahngeländ besser überwachen zu können. Metallteile ersetzen Kunststoffe , besonders gefährdete Anlagen werden in stark umzäunte Container und Boxen verlegt.
Das „Memorandum gegen Infrastrukturdiebstähle“ wurde 2012 vom Staatlichen Eisenbahnamt (entspricht dem deutschen Eisenbahn-Bundesamt) und den Zentralämtern für Elektronische Kommunikation und Energieregulierung gegründet. Angeschlossen haben sich inzwischen viele Energiefirmen und die Bahn. Das „Memorandum“ fordert vor allem eine bessere Kontrolle der in Polen immer noch ungebremst wachsenden Schrottbranche. Allein in der Woiwodschaft Lebus (Lubuskie, mit Gorzów Wielkopolski/Landsberg a. d. Warthe) gibt es 170 Schrottaufkaufstellen. Die Abnahmepreise gleichen den deutschen, was angesichts der eindeutig niedrigeren polnischen Einkommen Sammler und Diebe hierzulande sehr motiviert und die Einfuhr von Metall-Diebesgut aus Deutschland fördert. Polizeikontrollen- und Razzien helfen nur bedingt.
Das „Memorandum“ fordert die Verabschiedung einer Novelle im polnischen Abfallgesetz. Schrottsammler, die Mengen anliefern, deren Wert ein vorgeschriebenes Limit übersteigt, sollen den Gegenwert der Lieferung nur aufs Konto überwiesen bekommen. Erfahrungen von Staaten, die eine solche Regelung eingeführt haben zeigen, dass die bargeldlose Abwicklung des Schrotthandels der Metallkriminalität weitgehend den Boden entzieht.
© RdP