27.03.2022. Biden in Polen

Das meiste hat Joe Biden allein durch seine Anwesenheit in Polen am 25. um 26. März 2022 gesagt. Als Führer der freien Welt befand er sich zur richtigen Zeit am richtigen Ort.

Biden hielt zudem eine wichtige, bedeutende und symbolträchtige Rede, die den historischen Moment gut wiedergab. Sie enthielt alles, was der mächtigste Politiker des Westens in einem Land an der Ostflanke der Nato angesichts des Ukraine-Krieges verkünden sollte. Biden tat es im Hof des Warschauer Königsschlosses, das als Symbol der im Zweiten Weltkrieg völlig zerstörten und später wiederaufgebauten polnischen Hauptstadt gilt.

Man fühlte sich an John F. Kennedy 1961 („Ich bin ein Berliner“) und an Ronald Reagan 1987 („Herr Gorbatschow, öffnen Sie dieses Tor. Herr Gorbatschow, reißen Sie diese Mauer nieder!“) in West-Berlin erinnert. Damals herrschte der Kalte Krieg. Jetzt, nur wenige Stunden vor Joe Bidens Rede am 26. März 2022, fielen russische Raketen auf Lwiw, weniger als 400 Kilometer von Warschau und 60 Kilometer von der polnischen Grenze entfernt,

Es war eine russische Machtdemonstration und ein deutliches Zeichen dafür, dass Putin nicht viel von Amerika hält. Die Antwort der USA fiel eindeutig aus. „Nach Artikel 5 des Nato-Vertrages haben wir die heilige Pflicht, jedes Mitglied und jeden Zentimeter des Nato-Gebietes mit der Kraft unserer kollektiven Verteidigung zu beschützen.“ Für den Frontstaat Polen und seine Menschen war das die wichtigste Aussage in dieser Rede.

Im Kampf gegen Putins Regime will Amerika jedoch bestimmte rote Linien nicht überschreiten, angefangen bei einer direkten militärischen Beteiligung auf ukrainischem Gebiet. Es sind die Ukrainer, so der Präsident, die „an vorderster Front stehen müssen“. Er versicherte, dass Amerika „auf ihrer Seite sei“, allerdings in der derzeitigen Form: durch Waffenlieferungen, verschärfte Sanktionen und die Isolierung Russlands. Ob das ausreichen wird, um Russlands Niederlage herbeizuführen?

Der seinerzeit als vergreist und schwerhörig belächelte „Sleepy Joe“ hat sein erstes Amtsjahr, 2021, mit naiv wirkenden Versuchen zugebracht, Russland zu besänftigen. Er hat sich in Genf von Putin abspeisen lassen und obendrein drei wirkungslose telefonische „Gipfeltreffen“ mit ihm abgehalten, was den Kreml in seinen Plänen nur bestärkt hat. Glücklicherweise konnten die US-Geheimdienste und das Pentagon Biden schließlich davon überzeugen, dass Russland zuschlagen würde. Jetzt haben wir in Polen einen führungsstarken, kompromisslosen US-Präsidenten erlebt, der zu Höchstform aufgelaufen ist.

Es ist zu hoffen, dass das so bleibt. Biden verwies wiederholt auf die Worte Johannes Paul II. aus dem Jahr 1979 in Warschau: „Habt keine Angst“. „Die Macht einer geeinten freien Welt ist unschlagbar.“ Doch wenn überhaupt, dann treibt uns in Polen und die Ukrainer nur eine Angst um. Sie resultiert aus vielen bitteren historischen Erfahrungen: Es ist die Angst vor starken Worten auf die faule Kompromisse folgen.

RdP