16.03.2022. Mut muss sein

Noch wissen wir nicht, was der Aufbruch nach Kiew bringen wird. Aber eines wissen wir bereits: Polen, Tschechien und Slowenien werden heute von mutigen Männern regiert. Mut ist der Schlüssel zu allem.

Die Kiew-Expedition des Premierministers Mateusz Morawiecki, seines Stellvertreters in der Regierung Jarosław Kaczyński, der Regierungschefs Tschechiens Petr Fiala und Sloweniens Janez Janša ist kein beispielloses Ereignis. Es gab einen Präzedenzfall: die Georgien-Expedition des polnischen Staatspräsidenten Lech Kaczyński, der später, in der Flugzeugkatastrophe von Smolensk im April 2010, tödlich verunglückte.

Lech Kaczyński bat im August 2008 die Staatschefs der drei baltischen Staaten und der Ukraine mit ihm nach Tiflis zu fliegen, in die georgische Hauptstadt, auf die gerade russische Panzerkolonnen vorrückten. Er hielt dort, vor Zehntausenden von Menschen, eine denkwürdige Rede über den Willen Russlands zu imperialer Ausdehnung. „Heute Georgien, morgen die Ukraine, übermorgen die baltischen Staaten, und dann ist vielleicht auch mein Land, Polen an der Reihe.“ Das mutet 14 Jahre später fast prophetisch an.

Damals kehrten die russischen Panzer um. Heute stärken die mutigen Vier der Ukraine den Rücken, indem sie vor Ort der Welt mitteilen, dass dort ein Krieg für die europäischen Werte geführt wird. Werte mit denen sich der Westen jeden Tag so gerne brüstet. Aber wenn Bomben fallen, würden viele dort am liebsten abwarten, bis der Starke den Schwachen befriedet hat, und man getrost zum business as usual zurückkehren kann.

Der deutsche und der österreichische Bundeskanzler, der französische Staatspräsident oder der Ministerpräsident Italiens stiegen in den Zug nach Kiew nicht ein. Es sind Chefpolitiker von Ländern, die durch ihr Vorgehen Russlands Energiemacht vergrößert und es dadurch letztendlich zu Eroberungen ermutigt haben. Mit dem Bau der beiden Ostsee-Unterwasserpipelines Nord Stream 1 und Nord Stream 2 hat sich Deutschland völlig unnötig von Moskau energiepolitisch abhängig gemacht, und gleichzeitig die Ukraine, durch die bisher Erdgas aus Russland nach Westeuropa floss, bewusst einer wichtigen Geldquelle und ihrer geopolitischen Bedeutung beraubt.

Von den vier Mutigen, die nach Kiew aufgebrochen sind, kommen zwei aus Polen. Ohne Mut hat ein mittelgroßes Land, das zwischen zwei Großmächten liegt, keine Chance. Wenn der Mut fehlt, wird Ostmitteleuropa, wieder einmal, zwischen den Mühlsteinen mächtiger Fremdinteressen zerrieben. Ohne Mut, kann die Politik auf Dauer nicht erfolgreich sein. Mut allein, garantiert natürlich noch nichts, aber wenn er fehlt, ist die Katastrophe vorprogrammiert.

Kaczyński, Morawiecki, Fiala und Janša zeigten der Ukraine in ihren schwersten Stunden, dass sie nicht allein ist. Sie zeigten Haltung und sie machten vor, wie man europäische Werte in die Realität umsetzt.

RdP